TS 44: Die Milliardenstadt
Wort. Er wirkte zerstreut oder doch wenigstens geistesabwesend. Francis machte eine spöttische Bemerkung; aber Egan-Egan hörte sie nicht, und Oliver gebot Francis mit energischer Handbewegung Schweigen.
An diesem Abend ging Egan-Egan früh zu Bett. Er hätte nicht schlafen können, selbst wenn er es gewollt hätte. Er versuchte sich einzureden, daß es keinen Zweck habe, über die Dinge zu grübeln, solange er nicht wußte, wie sie funktionierten. Aber er konnte seine Gedanken nicht davon abhalten, immer wieder aufs neue gegen die Probleme des Teleporters und der Zeitmaschine Sturm zu laufen.
Ballas wußte nichts von allem. Er hatte die Geräte gefunden und durch Zufall herausbekommen, wie sie zu bedienen waren. Er sagte, es gebe einen Raum, in dem viele Gestelle mit Kassetten stünden, und wahrscheinlich war das eine Bibliothek, in der man lernen konnte, auf welcher Grundlage die beiden Maschinen arbeiteten.
Aber das war nur eine Hoffnung. Wenn die Mikrokassetten nichts über Teleportation und Zeitversetzung enthielten, dann würde Egan-Egan zu seiner Stadt zurückkehren und dort in der Bibliothek suchen müssen. Er würde sich die Geräte nicht aneignen, ohne zu wissen, wie sie arbeiteten.
Ballas Interessen gingen einen anderen Weg. Ihm lag nichts an Her wissenschaftlichen Erkenntnis. Er sagte:
„Na, mein Junge, werden wir damit die erste Kaste und ihren holzköpfigen König auf das Haupt schlagen können?“
Egan-Egan hatte ihm nicht zugehört. Erst jetzt kam ihm zum Bewußtsein, daß Ballas von einem König gesprochen hatte. Gab es einen König?
Egan-Egan nahm sich vor, Ballas morgen danach zu fragen.
*
Die nächsten Wochen vergingen wie im Traum. Die Labors unter dem großen Wohnturm waren ein Wunderland der Technik. Egan-Egan fraß sich durch die Mikrofilm-Bibliothek und fand alles, was er suchte. Dann stellte er fest, daß seine Kenntnisse nicht ausreichten, um das zu erfassen, was er gefunden hatte. Er mußte eine Menge Dinge neu lernen, von denen er bislang noch nicht einmal den Namen kannte.
Es wurde ihm offenbar, daß dies hier das letzte Experimentierlabor der Nicht-Nonexistentialisten gewesen war. Hier hatten sie die letzten Erkenntnisse ihrer Forschung ausgewertet, bis der Tod oder die Nonexistentialisten ihren Bemühungen ein Ende machten. Der Teleporter und die Zeitmaschine waren die Ausflüsse einer Technik, die sich anschickte, den Rahmen des vierdimensionalen Raum-Zeit-Kontinuums zu sprengen, als sie von einer närrischen Philosophie im ersten Ansturm über den Haufen geworfen wurde.
Egan-Egan lernte die Prinzipien des Teleporters und der Zeitmaschine verstehen – mathematisch verstehen, heißt das. Das Resumée einer formelmäßigen Behandlung des Zeitmaschinenproblems, von einem Forscher niedergeschrieben, den die Unruhe offenbar ebenso geplagt hatte wie neuntausend Jahre nach ihm Egan-Egan, lautete:
„… Im Bereich der Schneiderschen Mathematik versagt die Anschauung völlig. Die Schneidersche Mathematik verläßt das Unsicherheitsprinzip der klassischen und geht über zu dem von Schneider zum erstenmal geformten Prinzip der absoluten Unanschaulichkeit.
Nehmen wir folgendes Beispiel: ein Lehrer möchte seinem Schüler einen Versuch mit der Zeitmaschine vorführen. Er will, sagen wir, einen Ball um fünf Minuten in die Vergangenheit zurückversetzen. Bevor der Lehrer das Experiment eigentlich beginnt – um genau zu sein: fünf Minuten vorher – wird also der Ball irgendwo im Raum auftauchen. Der Lehrer nimmt ihn, legt ihn in das Fach der Zeitmaschine und läßt ihn fünf Minuten in die Vergangenheit verschwinden. Das Experiment ist beendet.
Der Schüler wird ihn fragen: Wo kam der Ball eigentlich her? Sie legten ihn in die Maschine, und fünf Minuten früher kam er wieder zum Vorschein. Aber irgendwann müssen Sie ihn ja schließlich gefunden haben? Wo war er, bevor Sie an das Experiment dachten, und wo ist er jetzt?
Der Schüler fragt in einer klassischen Weise, die auf die Ergebnisse der Schneiderschen Mathematik nicht anwendbar ist. Man kann sich, um das Verlangen nach Anschaulichkeit zu befriedigen, ein Modellbild schaffen. Man kann den fünfdimensionalen Raum in eine Reihe von vierdimensionalen Niveaus unterteilen und sagen: wenn der Ball nicht auf unserem Niveau ist, dann ist er auf dem nächsten oder übernächsten, wo nahezu der gleiche Lehrer für nahezu den gleichen Schüler dasselbe Experiment anstellt.
Solche Modellbilder dienen lediglich der
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