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TS 53: Alle Zeit der Welt, Teil 1

TS 53: Alle Zeit der Welt, Teil 1

Titel: TS 53: Alle Zeit der Welt, Teil 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Kuttner
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Zelle zerfloß und wurde durchsichtig.
    „Da drüben“, sagte er.
    In einiger Entfernung kurvte eine Zelle durch das Gewimmel, in der ein einzelner Mann hockte.
    „Er sitzt seit zwei Stunden dort“, erklärte Zacharias.
    Die Zelle trieb näher. Ihr Insasse wirkte hager, mürrisch und finster. Er trug ein dunkelbraunes Kostüm.
    „Ich kenne ihn vom Sehen“, knurrte Sam und stand auf. Der Boden schwankte unter seinen Füßen.
    „Setzen Sie mich auf der Landebühne ab. Ich werde mich um ihn kümmern.“

 
9.
     
    An der langen Bartheke ließ er sich auf einem leeren Hocker nieder und bestellte ein Getränk.
    Der Mixer sah ihn scharf an. In der Freistatt vergnügten sich die Unsterblichen und die vornehmen Familien. Ein ungeschlachter Bursche vom Schlage Sam Reeds fand nur selten seinen Weg hierher.
    Sams harter Blick und der herrische Klang seiner Stimme veranlaßten den Mixer trotzdem, mürrisch „Gleich, der Herr“, zu murmeln und ihm nach einer Weile ein gefülltes Glas hinzustellen.
    Sam blieb lange sitzen. Während über ihm die Muschel wirbelte und die Menschenmenge die Halbkuppel mit Musik und einem unaufhörlichen Stimmengewirr erfüllte, bestellte er noch zwei Gläser und schlürfte langsam die scharfe Flüssigkeit.
    Er verfolgte, wie die Zelle mit der braungekleideten Gestalt ziellos durch das weite Rund trieb. Er wartete darauf, daß der Unsterbliche ausstieg, und überlegte inzwischen mit gehetzter Eile.
    Sein Auftrag machte ihm zu schaffen. Es war gefährlich, sich auch nur politisch in die Angelegenheiten der Unsterblichen zu mischen. Sich gefühlsmäßig darin verwickeln zu lassen, kam glattem Selbstmord gleich.
    Über seine Aussichten, am Leben zu bleiben, sobald er für unnütz erachtet wurde, gab Sam sich keinen Täuschungen hin. Er hatte den abwägenden Blick wohl bemerkt, den Zacharias Harker ihm nachgeschickt hatte.
    Als Hales Zelle endlich auf die Landebühne zuschwebte, empfing Sam Reed den hageren Mann. Er verschwendete keine unnützen Worte.
    „Ich bin gerade gekauft worden, Hale, um Sie zu ermorden“, sagte er.
    Als sie eine Stunde später gemeinsam die Freistatt verließen, führte Sheffields Rotte ihr Vorhaben aus.
    Sam Reed wäre lange zuvor in seiner Laufbahn gescheitert, wenn er nicht im Notfall das Talent eines glatten und überzeugenden Schwätzers besessen hätte. Seit dem Beginn seiner Besiedlungskampagne hatte Robin Hale oft genug redegewandte Besserwisser abwimmeln müssen.
    Aber wieder brach sein unbewußtes Erbe in Sam durch, und wenn er auch den Erfolg seiner Worte seiner eigenen Glattzüngigkeit zuschrieb, so war es letztlich doch seine ruhige Sicherheit, die Hale überzeugte.
    Sam sprach schnell, aber ohne Erregung. Er wußte, daß Hales Leben und sein eigenes Dasein an einem dünnen Faden hingen, der in spätestens achtundvierzig Stunden zerreißen mußte. Beide würden nach Ablauf dieser Frist sterben, wenn ihnen kein Ausweg einfiel. Sams Stimme klang aufrichtig, während er Hale diese Tatsachen auseinandersetzte.
    Diesen Augenblick wählte Sheffields Bande für ihren Überfall.
    Hale und Reed schritten durch den Eingang der Freistatt und traten auf ein Gleitband. Im selben Moment drängten sich mehrere Gestalten zwischen ihnen durch. Sam fuhr herum, wollte sich den Rückweg erkämpfen, sah zu spät die schwarze Kugel, die eine Hand unter sein Gesicht hielt, und roch zu spät den widerlichen Duft eines unsichtbaren Staubes, um noch den Atem anzuhalten.
    Seine Umgebung glitt im Zeitlupentempo an seinen Augen vorüber und blieb stehen.
    Eine Hand packte seinen Arm und riß ihn auf ein schnellaufendes Gleitband. Lampions und Wegleuchten tauchten als Farbflecke in der Luft auf, bis der Weg um eine Krümmung bog; danach verschmolzen sie zu einem unbestimmbaren Kreis von hypnotischer Farbe. Das Band glitt ohne Stocken vorwärts. Darüber ballten sich leuchtende, parfümierte Dämpfe zu Nebelbänken.
    Aber diese Bewegungen spielten sich mit einer gräßlichen Langsamkeit ab, als würden sie Jahrhunderte zu ihrer Vollendung brauchen. Dumpf begriff Sam, daß die Schuld bei ihm lag. Er hatte sich von Kedre ablenken lassen. Ehe er eine Aufgabe erledigt hatte, die seine ganze Aufmerksamkeit erforderte, hatte er einen neuen Auftrag übernommen.
    Jetzt büßte er dafür.
    Die trägen, verschwommenen Bewegungen um ihn nahmen an Zahl zu. Sam spürte, wie er hin- und hergestoßen wurde. Er hörte Rufe erschallen und das dumpfe Klatschen von Fäusten. Irgendwelche Gesichtszüge

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