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TS 53: Alle Zeit der Welt, Teil 1

TS 53: Alle Zeit der Welt, Teil 1

Titel: TS 53: Alle Zeit der Welt, Teil 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Kuttner
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das gesuchte Atelier erreichte, und war nicht überrascht, daß der Eigentümer immer noch seinem Gewerbe nachging.
    Sein Puls schlug schneller, als er auf der Schwelle zögerte. Aber auf dem Herweg hatte ihn augenscheinlich niemand erkannt. Vierzig Jahre früher war sein Gesicht ein Begriff in den Kuppeln; aber jetzt –
    Schlimmstenfalls würde jeder, der ihn genauer betrachtete, entscheiden, daß eine erstaunliche Ähnlichkeit zwischen ihm und Sam Reed bestand. Unbewußte Erfahrungen veranlaßten den menschlichen Verstand immer noch, die einleuchtendste Erklärung vorzuziehen. Auffallende Ähnlichkeiten kamen hin und wieder vor und waren nur natürlich. Daß Sam Reed auf einem Gleitband stand und den Eindruck eines Vierzigjährigen erweckte, sprach dagegen dem gesunden Menschenverstand Hohn.
    Viele Leute, an denen er vorüberglitt, waren erst zur Welt gekommen, als kaum jemand mehr von dem Skandal um Hales Besiedlungsunternehmen sprach. Die, die sich noch daran erinnerten, waren inzwischen gealtert und hatten längst andere Sorgen.
    Wenn der Zufall ihm keinen Streich spielte, konnte er sich sicherfühlen. Zuversichtlich schritt Sam durch die Glastür und erteilte dem Angestellten, der zu seiner Bedienung herbeieilte, seine Anweisungen.
    „Ständig oder nur zeitweilig?“
    „Zeitweilig“, erwiderte Sam nach kurzer Überlegung.
    „Blitzveränderung?“ Blitzveränderungen standen bei den Kunden des Ateliers hoch im Kurs.
    „Genau.“
    Der Verwandlungskünstler ging an die Arbeit. Er war Maskenbildner, Psychologe und Chirurg in einer Person. Sams kahlen Kopf rührte er nicht an. Dafür färbte und bleichte er Wimpern und Brauen, bis sie eine Pfeffer- und Salz-Tönung annahmen. Mit dem Bart zusammen erweckten sie einen schmutzigweißen Eindruck.
    Anschließend verlieh er Sams Nase und Ohren ein Aussehen, als wäre das Alter hart mit ihm umgesprungen. Künstliche Falten wurden mit Ersatzgewebe aufgesprüht. Als der Maskenbildner fertig war, verdeckte der Bart die Mund- und Kinnpartie. Die Züge, die darüber sichtbar wurden, erzählten von acht Jahrzehnten rauhen Lebens.
    „Wenn Sie sich schnell ein anderes Aussehen zulegen wollen, nehmen Sie den Bart ab und verändern Sie Ihre Miene“, erklärte der Verwandlungskünstler. „Das Ersatzgewebe läßt sich nur schwer entfernen, aber durch den entsprechenden Gesichtsausdruck können Sie die Falten ausgleichen. Bitte versuchen Sie sich darin.“
    Er rollte Sams Stuhl vor den Spiegel und übte mit ihm, bis die Veränderung zur Zufriedenheit beider Männer gelang.
    „Schön“, bemerkte Sam zuletzt. „Jetzt brauche ich noch ein Kostüm.“
    Er beschränkte sich auf Hut, Schuhe und Mantel. Einfachheit und Schnelligkeit gaben den Ausschlag bei der Wahl, die er traf. Eine kurze Drehung genügte, um den Hut in eine andere Form zu drücken. Der Mantel war von dunkler Farbe, aber aus so dünnem Gewebe, daß er sich zusammenknüllen und in die Tasche stopfen ließ. Er war mit Gewichten beschwert, damit er beim Tragen nach unten hing und nicht verriet, daß der Körper darunter keinem Greis gehörte. Gangart und Haltung mußte Sam üben. Die Schuhe wiesen wie der Hut eine unbestimmbare Farbe auf. Ihre breiten Schnallen konnten aufgezogen werden und gaben blaue Schnabelspitzen frei.
    Sam verließ das Atelier durch einen Hinterausgang. Steif und mit krummem Rücken stakte er zu der Bibliothek zurück. Für einen Achtzigjährigen wirkte er verhältnismäßig rüstig, aber immerhin alt genug. Das Bild, das er abgab, würde langen.
    Als nächstes gedachte er seine Kenntnisse über die Unterwelt der Kuppeln aufzufrischen.

 
19.
     
    Verbrecher wiesen in gewisser Hinsicht einen ländlichen Einschlag auf. Sie grasten eine Weide ab, wanderten zur nächsten weiter und ließen die kahle Grasnarbe hinter sich zurück. Aus den Nachrichten entnahm Sam, daß die Gauner inzwischen andere Gegenden bevorzugten. Die begangenen Untaten dagegen hatten sich kaum gewandelt. Tugenden kamen eher außer Mode als Laster.
    Sam erstand eine Flasche wasserlöslicher roter Farbe und eine wirksame Rauchbombe. Die Gebrauchsanweisung unterrichtete den Käufer über die Verwendung der Bombe in hydroponischen Gärten zur Abtötung von Schädlingen. Sam verzichtete auf die Lektüre. Er bediente sich dieser Bomben nicht zum erstenmal.
    Um seinen Köder auszulegen, brauchte er zwei benachbarte Gassen, die auf ein selten benutztes Gleitband mündeten. In einem der Seitenwege, die er wählte, lag ein verlassenes

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