TS 54: Alle Zeit der Welt, Teil 2
Panzer eines fußlangen Käfers einen Tritt und sah zu, wie er auf einen Haufen toter Insekten flog, die zusammengekehrt worden waren und darauf warteten, weggeschafft zu werden. Auf jeder Insel, die mit Insektenvertilgungsmitteln besprüht wurde, regnete als erstes ein Hagel von Käfern aus dem Laubwerk. Gelegentlich waren sie groß genug, um einen Mann zu betäuben, den sie trafen.
„Sie könnten mich aufklären, wenn Sie nur wollten“,versetzte er hartnäckig. „Sie würden mir damit eine Menge …“
„Eben darin irren Sie sich, mein Lieber.“ Crowells Stimme klang plötzlich scharf. „Ich dachte, ich hätte Ihnen schon einmal auseinandergesetzt, daß in der Zukunft lesen nicht gleichbedeutend damit ist, sie auch zu verändern. Wenn Sie die Ereignisse kennen, können Sie ihnen noch lange nicht aus dem Wege gehen. Ich glaube, ich muß Ihnen wieder mal eine kleine Vorlesung halten.“
Crowell zog sich den Gürtel hoch, bohrte eine Zehe in den Boden und scharrte die Erde auseinander, während er sprach.
„Die oberflächlichen Geschehnisse, die wir wahrnehmen, bedeuten im Grunde überhaupt nichts. Wichtig sind die entscheidenden Strömungen, aber wenn sie uns auffallen, sind sie schon zu mächtig, um noch in andere Bahnen gelenkt zu werden. Denn hinter den Strömungen stehen die Menschen, dif mit ihren Gedanken darauf einwirken.
Viele Leute hatten früher begriffen, welches Ende die Erde nehmen würde. Sie genossen Ansehen in der breiten Öffentlichkeit, und sie verkündeten ihre Ansichten laut und deutlich. Manch einer glaubte ihnen vielleicht, aber die Zahl derer, die gleichgültig blieben, war zu groß. Die Menschen dachten nach wie vor in den gleichen Bahnen, und die Erde ging verloren.
Wer die Zukunft lesen kann, der muß unbeteiligter Zuschauer bleiben. Kennen Sie die Sage von Kassandra? Die Zukunft lag wie ein offenes Buch vor ihr, aber für ihr Wissen zahlte sie den Preis, daß niemand ihr glauben wollte. Vorherwissen schließt eine Beteiligung an den Geschehnissen automatisch aus. Bestimmte, gegebene Faktoren addieren sich zu einer Gleichung. Fügen Sie einen neuen Faktor – Ihre eigene Einmischung – ein, und die Gleichung ändert sich ebenfalls. Ihre Einmischung aber ist die Imponderabihe, deren Auswirkung Sie nicht abschätzen können.
Begreifen Sie jetzt, weshalb Orakel in Rätseln sprechen müssen? Im Lauf der Gesdiichte vermochten viele Leute die Zukunft zu lesen, aber sie mußten sich in unbestimmten Formulierungen darüber auslassen, oder ihre Voraussagen wären nicht eingetroffen.
Angenommen, Sie haben zwei Möglichkeiten. Entweder Sie reisen morgen zur Nevadakuppel und schließen ein Geschäft ab, das Ihnen eine Million Kredite einbringt, oder Sie bleiben zu Hause und kommen um. Jetzt kreuzen Sie bei mir auf und wollen von mir wissen, ob Sie fahren oder bleiben sollen. Ich weiß, welche beiden Möglichkeiten auf Sie warten. Aber mir sind die Hände gebunden, weil beide Ergebnisse gänzlich von Ihren Beweggründen und Reaktionen abhängen.
Im ersten Fall wären Sie mit bestimmten gedanklichen Voraussetzungen in der Nevadakuppel eingetroffen, ohne mich zu befragen. Nur unter dieser Bedingung, die dazu führt, daß Sie auf die vorgegebenen Umstände in einer bestimmten Weise reagieren, verdienen Sie eine Million Kredite.
Nun aber wenden Sie sich an mich, und ich rate Ihnen, zu reisen. Sie befolgen diesen Rat auch, aber Ihr psychologischer Quotient hat sich geändert. Ich habe Ihnen die Reise empfohlen. Also kommen Sie zu der Ansicht, daß an Ihrem Ziel etwas Angenehmes auf Sie wartet, und Ihr Verhalten wird passiv. Sie warten darauf, über einen Sack voll Gold zu stolpern, während Sie doch nur Aussicht haben, die Million Kredite zu verdienen, wenn Sie wachsam wie ein Luchs sind.
Ich stehe also vor der Aufgabe, die gegebenen Umstände nicht dadurch zu verändern, daß ich meinen eigenen Orakelspruch hineinmenge. Ich muß behutsam vorgehen und Ihre Entscheidung unmerklich beeinflussen. Das wiederum ist knifflig, weil ich nur über begrenzte Kenntnisse verfüge. Auch Vorherwissen gehorcht den Gesetzen der Logik und hat nichts mit Zauberei zu tun. Ich muß meine Antwort also so formulieren, daß ich Ihren Entschluß bestimme, ohne Ihre ursprüngliche gefühlsmäßige Einstellung zu verändern.
Das bedeutet, daß ich nicht einfach sagen kann: ,Reisen Sie zur Nevadakuppel.’ Damit würde ich nur erreichen, daß Sie innerlich unbeteiligt fahren. Ich muß meine Antwort in ein
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