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TS 56: Sternenstaub

TS 56: Sternenstaub

Titel: TS 56: Sternenstaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald A. (Hrsg.) Wollheim
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begreiflicherweise enttäuscht.“
    „Nichts von dem ist eingetroffen, ich lebe von der Mildtätigkeit meiner Freunde. In meiner Welt war ich ein wichtiger Mann.“
    „Hier auch. Gehen wir heute abend die Stadt erforschen? Ich glaube, du wirst nicht allzuviel umfassende Veränderungen finden.“
    „Gut, starten wir heute abend!“
    Später, als er zu Fuß oder im öffentlichen Verkehrsmittel in die Hafengegend dieser Stadt eindrang, verstand er vieles. Zuerst hatte er Slums gesehen – ein Wort in ihrer Sprache bedeutete das nämliche – und war entsetzt. Ungepflegte Wohnungen standen in krummen Straßen, voll von Gestank und Abfall. Alles war noch wie früher. Auch die Häuser der Wohlhabenden, die gleißenden Geschäfte, die er in seiner Umwelt auch gefunden hätte. Nichts hatte sich grundlegend geändert.
    Dann besuchten sie eine Fabrik, ein Novum für Striker, der in einer begüterten Familie geboren war und niemals gesehen hatte, wie ein Arbeiter lebte. Der Mann aus der Vergangenheit schauerte bei dem Gedanken an die seelenvernichtende Monotonie der Arbeit. Es handelte sich um eine Anlage zur Herstellung von Dampfmaschinen. Die Arbeiter an den riesigen Pressen sahen im Vergleich zu Striker in seinem auffallenden Gewand aus wie kleine rußige Affen, die sich mit mechanischer Präzision bewegten. Jetzt, in bestürzender Eindringlichkeit, begriff er die ironischen Bemerkungen seiner früheren Kollegen über diese Art des Lebens.
    „Laßt uns fortgehen“, sagte er zu Maun, seinem Gefährten, „ich kann es nicht mehr ertragen.“
    Später, als sie in Mauns Appartement saßen und rauchten, entlastete sich Striker.
    „Maun“, rief er, „eine Million Jahre. Und was hat es dem Menschen bedeutet? Es ist nicht ein einziger Schritt vorwärts getan worden, als ich meine Zeit verließ und hierher vordrang. Was kann das bedeuten?“
    Maun zuckte die Achseln. „Was soll ich da sagen, ich sehe nur, daß jetzt eine Zeit der interkontinentalen Verständigung heranreift. Ich dachte einst, daß noch zu meinen Lebzeiten die Grenzen der Nationalstaaten verschwinden würden, aber inzwischen habe ich eingesehen, daß es länger dauern wird. Soll ich dir erzählen, wie weit unsere Geschichte zurückreicht?“
    „Eine Million Jahre?“
    „Nein“, sagte Maun, „nicht mehr als zwölftausend Jahre. Und selbst die Spuren aus diesen frühen Tagen haben sich verdunkelt. Die erste Hochkultur, die wir gefunden haben, ist erst seit neuntausend Jahren vergangen.“
    „Schön – und nun finde ich mich in einer Zeit, die noch nicht den Fortschritt entwickelt hat, den ich verlassen habe. Ich bin unfähig, meine Talente zu benutzen.“
    Er trällerte ein Liedchen vor sich hin, während seine Gedanken wirbelten. Als die ersten Töne erklangen, setzte sich Maun auf und hörte fasziniert zu.
    „Das ist das Schönste, was ich jemals gehört habe!“
    „Unsinn – es ist nichts als ein Gelegenheitsschlager.“
    „Kennst du noch mehr von diesen?“
    „Massenhaft“, sagte Striker, „ich habe ein Gedächtnis voll von guter Musik. Sibelius, Rachmaninoff, Mozart, Gershwin.“
    Er sah einen Hoffnungsschimmer, dachte nach und fragte den Alten.
    „Meinst du, daß ich etwas Geld machen könnte aus diesen Dingen?“
    „Ich bin überzeugt davon!“
    Die nächsten Monate wehrte sich Striker gegen die unglaubliche Berühmtheit, die ihm über den Kopf zu wachsen drohte. Dann ergab er sich in sein Schicksal und komponierte nach dem Gedächtnis Melodien von Musikern seiner Tage, zu denen Maun eine Art von Lyrik verfaßte. Ihr größter Erfolg war eine unbedeutende kleine Swingmelodie, an deren Namen er sich nicht mehr erinnern konnte.
    Die Fähigkeit – früher seine Entspannung –, Fugen von Bach, Tschaikowskys Klavierkonzerte auf die Instrumente dieser Zeit umzuarbeiten, sicherten ihm einen geradezu legendären Ruf als melancholischer Genius.
    Er lebte jetzt mit Maun zusammen in einem prächtigen Haus der Millionärsreihe, die er auf seinen Spaziergängen gesehen hatte. Er gewöhnte sich leicht in die gesellschaftlichen Bräuche und glitt in eine Arbeitsroutine hinein. Tatsächlich hatte er fast vergessen, daß er aus einer nebligen Vergangenheit aufgetaucht war. Striker war immer ein Allroundman gewesen, so daß es ihn nicht weiter erstaunte, sich hier als Musiker wiederzufinden. Er war gerade dabei, die Noten eines Corellikonzertes niederzuschreiben – Maun arbeitete auch im Wohnzimmer, als Striker den Stift hart und knallend auf die

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