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TS 62: Das Rätsel der Venus

TS 62: Das Rätsel der Venus

Titel: TS 62: Das Rätsel der Venus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald A. (Hrsg.) Wollheim
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drei Städte sind unsere Industrie“, erklärte Keith. „Natürlich produzieren sie im Augenblick noch nicht viel, und die ganze Wirtschaft ist im Augenblick noch ein ziemlich künstliches Gebilde, aber jedenfalls haben sie sich die grundsätzlichen Techniken bereits angeeignet. Wir haben eine embryonale technologische Kultur aufgebaut, und die Jugend ist so erzogen worden, daß sie das zu schätzen weiß. Ihre Kenntnisse sind so, daß sie binnen hundert Jahren Luftfahrzeuge haben wird.“
    Nostrand nickte. „Eines wollte ich Sie fragen, Keith.“
    „Nur zu.“
    „Ist es richtig, diese jungen Leute hier aufwachsen zu lassen und ihr künftiges Leben für sie zu bestimmen? Mir kommt das irgendwie ungerecht vor.“
    Der Kopter bog nach Südosten ab und hob sich wieder in die dichte Wolkendecke.
    „Ich weiß, was Sie meinen“, nickte Keith. „Es sieht so aus, als würden wir ihnen ihren freien Willen nehmen. Das stimmt aber nicht – Sie werden das verstehen, wenn Sie einen Augenblick darüber nachdenken. Schließlich wird ein Kind immer in eine Kultur hineingeboren, die es nicht selbst aufgebaut hat. In diesem Sinne ist die Zukunft eines Kindes immer schon vorausbestimmt. Nur das, was es mit den Werkzeugen seiner Kultur macht – das ist seine Sache. Vergessen Sie nicht, daß für ein jedes der Kinder dort unten, das ja seine Kultur ist, seine Heimat ist. Es hat nie etwas anderes gekannt und würde dafür kämpfen, hierbleiben zu dürfen. Und vergessen Sie auch nicht, daß diese Kinder von ihren Eltern auf der Erde aufgegeben wurden. Das hier ist mehr wert als ein Waisenhaus der Stiftung, glauben Sie mir.“
    „Sie haben mich überzeugt“, grinste Nostrand.
    „Entschuldigen Sie die Predigt, Ralph. Aber es ist etwas Großartiges, etwas zu haben, woran man glauben kann. Wir sind auf der Erde an so etwas nicht mehr gewöhnt“
     
    *
     
    Der Kopter machte kurz über Mepas und Carin, den beiden anderen Industriestädten, halt und flog dann in südwestlicher Richtung weiter. Sie schalteten die Steuerung auf die Automatik um und versuchten etwas zu schlafen. Sechzehn Stunden später erreichten sie Equete im südöstlichen Gebirgsland. Die beiden Männer waren todmüde, wenn sie auch etwas geschlafen hatten.
    Equete war eine Anzahl niedriger gerundeter Steinformationen, die sich der rauhen Bergwelt ihrer Umgebung harmonisch anpaßten.
    „Das wird Sie jetzt interessieren. Ralph.“
    Nostrand blickte auf den Bildschirm und versuchte das zu sehen, was Keith von ihm erwartete.
    „Nicht viel zu sehen“, meinte er nach einer Weile.
    Keith lächelte. „Die Aufgabe von Equete ist die Ethik – Ethik und komplizierte Sozialwissenschaften. Außerdem ist das die Ansiedlung, wo die Grundlagenforschung betrieben wird, die eines Tages dazu führen wird, daß die Venus aus eigenen Kräften den Weltraumflug entwickeln wird. Sehen Sie dieses hohe kuppelartige Bauwerk dort drüben? Wir haben ihnen genaue Hinweise gegeben, die es ihnen erlauben sollten, binnen nicht allzu vieler Jahre ein Teleskop zu bauen, das die Wolkendecke der Venus zu durchdringen vermag. Vom philosophischen Gesichtspunkt aus haben wir ihnen bereits ein logisches Weltbild gegeben – und ihre Ethik verlangt ganz einfach den Raumflug als den ersten, großen Schritt in der Erfüllung der menschlichen Bestimmung.“
    „Das klingt nicht schlecht“, gab Ralph zu.
    „Das ist es auch nicht“, verbesserte Keith.
    „Aber das ist alles so kompliziert“, wandte Ralph Nostrand müde ein. „Ich versuche das mit Ihren Augen zu sehen – aber das ist nicht einfach. All diese neuen Kulturen, die unabhängig von der Erde aufwachsen, um in hundert Jahren die Raumfahrt zu entdecken. Vergessen Sie nicht, wie es heute auf der Erde aussieht – was ist, wenn diese Leute angeflogen kommen und alles in Stücke schlagen?“
    „Wenn Sie die Zeremonie in Halaja sehen“, erklärte Keith. „werden Sie sich darüber keine Sorgen mehr machen.“
    Hauptmann Nostrand war nicht überzeugt, widersprach aber nicht. Der Kopter stieg erneut in die Wolken und flog nordwärts weiter, zurück zu der Empfangsstation, wo das mächtige Raumschiff des Sicherheitsdienstes im Morgennebel wartete.
    Keith schloß seine brennenden Augen und versuchte, etwas auszuspannen. Er wußte, daß Nostrand ein ungewöhnlicher Mann war – es einfach sein mußte, um in diesem Jahrhundert der Stabilität und des leichten Lebens die Strapazen der Raumfahrt auf sich zu nehmen. Aber vermochte er die Venus so zu

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