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TS 62: Das Rätsel der Venus

TS 62: Das Rätsel der Venus

Titel: TS 62: Das Rätsel der Venus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald A. (Hrsg.) Wollheim
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riesigen Anwesens, und ein alter Butler führte sie hinein.
    Sie schritten durch die mit schweren Teppichen belegten Gänge und über die Marmorstufen hinauf ins Obergeschoß. Dann klopften sie an die mächtige mit Mahagoni vertäfelte Tür.
    Ein winziges grünes Lämpchen flackerte auf.
    Keith und Carrie traten in den riesigen Saal, und es war geradezu, als träten sie mit einem Schritt wieder von der Erde auf die Venus. Die heiße, feuchtigkeitsgesättigte Luft schlug ihnen wie eine Woge entgegen.
    Der Saal hatte sich nicht verändert. Der von einer Wand zur anderen reichende braune Teppich war immer noch da, und die Tische und Stühle, die Schreibtische und Blumen, die Bücher und Gobelins …
    Aber der Alte hatte sich verändert.
    Neunzehn Jahre hatten ihren Tribut gefordert.
    Vandervort war einhundertvierundzwanzig Jahre alt.
    Selbst alle Kunst der Geriatrie konnte ihn nicht mehr retten.
    Der Alte saß in seinem ungeheuren Sessel. Er schien jetzt sehr klein. Sein weißer Bart war schmutziggrau, und sein rotes Gesicht hatte ungesunde weiße Flecken. Seine blauen Augen schimmerten glasig.
    Ralph Norstrand stand an seiner Seite und winkte Keith und Carrie.
    „Wer ist es?“ keuchte der Alte. „Wer ist da? Ist jemand da?“
    Keith beugte sich zu ihm. „Van“, sagte er. „Van, ich bin es, Keith Ortega.“
    James Murray Vandervort zuckte zusammen, als wäre ein elektrischer Strom durch seinen hageren, ausgemergelten Körper geschossen. „Keith“, stöhnte er. Er versuchte aufzustehen, kam jedoch nicht hoch. „Sind Sie es wirklich – nach all den Jahren?“
    „Ja, Van.“
    Die toten blauen Augen schienen plötzlich wieder zu sehen. Der Atem des alten Mannes ging schneller. „Ich muß es wissen. Keith“, sagte er. Seine Stimme klang nur mehr wie ein Hauch, ein Schatten jenes machtvollen Dröhnens, das einst den ganzen Saal erfüllt hatte. „Ich muß es wissen.“
    Keith wartete. Dieses Wrack von einem Menschen, das da vor ihm im Sterben lag, tat ihm leid.
    „Ich mußte es von Ihnen hören – aus Ihrem eigenen Munde“, sagte Vandervort. Er redete sehr schnell. Seine Stimme war so leise, daß Keith ihn kaum hören konnte. „Ist alles in Ordnung? Funktioniert es, Keith? Sagen Sie es mir.“
    Keith zwang sich dazu. langsam und deutlich zu sprechen. „Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Van. Alles ist in Ordnung. Die Kolonien entwickeln sich alle so, wie wir es geplant haben. Nichts kann mehr mißlingen. Die neue Kultur der Venus wird binnen hundert Jahren durch den Weltraum zur Erde kommen. Und das wird für die Erde wie eine Verjüngungsspritze sein. Wir werden eines Tages die Sterne erobern, Van. Alles ist gut.“
    „Ich habe ihnen die Sterne gegeben“, sagte der Alte mit müder Stimme. „Ich habe ihnen die Sterne gegeben, nicht wahr?“
    „Ja“, nickte Keith.
    Der alte Mann sank in seinen Sessel zurück. Seine Augen schlossen sich. Dann begann er wieder zu sprechen. „Ich habe meine Spuren verdeckt“, flüsterte er. „aber nicht besonders gut. Wenn die neue Welt aus dem All mit uns Verbindung aufnimmt, werden die Menschen der Erde forschen …“
    Seine Stimme verhallte.
    „Ja, Van?“, redete Keith ihm zu.
    Der alte Mann seufzte. „Sie werden nachforschen. Sie werden meinen Namen finden, die Aufzeichnungen. Sie werden wissen, daß ich es getan habe. Sie werden es wissen …“
    Wieder erstarb seine Stimme.
    Der alte Mann begann zu weinen. Keith beugte sich zu ihm herunter. Plötzlich versuchte der Alte, sich in seinem Stuhl aufzusetzen, und seine blauen Augen öffneten sich.
    „Keith, Keith“, wisperte er verzweifelt, „werden sie sich an mich erinnern, wenn ich einmal nicht mehr bin? Ich habe ihnen die Sterne gegeben. Keith, werden sie sich an meinen Namen erinnern? Werden sie sich an meinen Namen erinnern?“
    „Ja, das werden sie, Van“, sagte Keith. „Sie werden sich an Sie erinnern, wenn wir anderen alle schon seit einer Million Jahre vergessen sein werden.“
    James Murray Vandervort lächelte. Seine blauen Augen schlossen sich wieder. „An mich erinnern“, murmelte er. „An mich erinnern. An mich erinnern …“
    Ein Arzt kam durch die Hintertür herein.
    „Sie gehen jetzt besser“, sagte er. „Mr. Vandervort braucht Ruhe.“
    Sie gingen aus dem Saal, den Gang hinunter, über die Marmortreppe.
    „Und all das nur“, sagte Ralph Nostrand, „um weiterzuleben. Wenigstens in der Erinnerung der Menschen.“
    „Er hatte keinen Sohn“, sagte Carrie leise.
    Sie schritten

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