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TS 62: Das Rätsel der Venus

TS 62: Das Rätsel der Venus

Titel: TS 62: Das Rätsel der Venus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald A. (Hrsg.) Wollheim
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aufgemacht werden, und er konnte warten. Er hatte es ja nicht eilig.
    Lundy sah sich in der Kabine um. Er sagte kein Wort. Dann blickte er zu einer Luke hinaus. Dort draußen war Wasser. Das schwarze Meerwasser der Venus, klar und schwarz wie die Nacht des Weltraums.
    Eine ebene Sandfläche dehnte sich vor den Luken. Das silberne Licht kam von dieser Fläche. Eine Art von Phosphoreszenz, die eine Helligkeit erzeugte, die der des Mondlichts nicht nachstand.
    Schwarzes Seewasser. Silberner Sand. Und der Mann draußen klopfte immer noch an die Tür. Langsam und gleichmäßig. Geduldig. Eins – zwei. Eins – zwei. Gerade im entgegengesetzten Rhythmus wie Lundys Herz.
    Lundy ging zu der inneren Kabine. Er sah sich sorgfältig um und ging dann zurück. An der Tür blieb er stehen.
    „Okay, Jackie“, sagte er. „In einer Minute. In einer Minute, Junge.“
    Dann drehte er sich um, trat an den Schrank und nahm eine Literflasche aus dem Gestell. Er hob sie auf. Der Brandy brannte wie Feuer in seiner Kehle.
    Nach einer Weile setzte er die Flasche ab und wartete, bis er zu zittern aufgehört hatte. Dann griff er sich seinen Raumanzug vom Haken und streifte ihn sich über. Sein Gesicht war grau und völlig ausdruckslos.
    Er nahm alle Sauerstoffzylinder, die er tragen konnte, Notrationen und den ganzen Benzedrinvorrat aus dem Medizinschränkchen und spülte ein paar Tabletten mit dem Brandy hinunter, ehe er den Helm verschloß. Die Nadelpistole ließ er liegen und nahm statt dessen die beiden Dienststrahler – seinen eigenen und den von Smith. Das Pochen hörte nicht auf.
    Einen Augenblick stand er da und sah auf den offenen Safe und das schwarze Tuch auf dem Boden. Seine Augen funkelten entschlossen.
    Dann holte er sich das Metallnetz vom Haken und befestigte es an seinem Gürtel. Nach diesen Vorbereitungen trat er an die Schleusentür. Er öffnete sie.
    Schwarzes Wasser strömte herein und kräuselte sich um seine mit Bleigewichten beschwerten Stiefel. Dann öffnete sich die Tür, und Jackie Smith schwamm herein.
    Er hatte in der gefluteten Schleusenkammer gewartet und im Rhythmus der Wellen mit den Fußspitzen gegen die Tür gestoßen. Jetzt drückte das Wasser seine Füße herunter und stützte ihn von hinten, so daß er aufrecht hereinkommen und Lundy ansehen konnte. Ein großer blonder Mann mit grünen Augen und weißen Binden unter einer am Halse offenen schwarzen Uniform, der Lundy ansah. Nicht lange. Nur eine Sekunde lang. Aber lang genug.
    Lundy verstummte nach dem dritten Schrei. Er mußte aufhören, denn er wußte, daß er immer weiterschreien würde, wenn er jetzt nicht aufhörte. Aber da hatte das Wasser Jackie Smith schon in die Kabine und zur anderen Wand geschwemmt.
    „O Gott“, flüsterte Lundy. „O Gott – was hat er gesehen, ehe er ertrank?“
    Aber niemand gab ihm Antwort. Das schwarze Wasser stieg immer höher an Lundy herauf und versuchte, ihn neben Jackie Smith zu treiben. Lundys Mundwinkel begannen zu zucken.
    Er biß auf die Unterlippe. Dann begann er mühsam und schwerfällig zu laufen, wobei er sich gegen das Wasser stemmte. Schließlich hörte er auch damit auf und trat einfach in die überflutete Schleuse. Die Tür glitt hinter ihm automatisch zu.
    Er beeilte sich nicht.
    Er schritt über den grünsilbernen Sand und schluckte das Blut hinunter, das ihm in den Mund rann und ihn zu ersticken drohte.
    Er beeilte sich nicht. Er würde lange gehen müssen. Vom jetzigen Lagepunkt des Schiffes sollte er es bis zur Küste schaffen – wenn Es ihn nicht bereits beeinflußt hatte und er ganz andere Zahlen von den Instrumenten abgelesen hatte, als wirklich dort waren.
    Er überprüfte seine Richtung, stellte die Druckkontrolle in seinem Raumanzug nach und trottete in dem feenhaften Reich unter dem Meer weiter. Es war nicht besonders anstrengend. Wenn er nicht irgendwo auf eine tiefe Stelle stieß oder irgendeinem venusianischen Seeungeheuer als Mahl diente, sollte er es schaffen, im Hauptquartier Meldung zu machen und zu sagen, daß zwei Männer tot, ein Schiff verloren und seine Mission nicht erfüllt war.
    Es war wunderbar hier unten. Wie die Traumwelten, die man in der Narkose oder im Rausch erlebt. Die Phosphoreszenz mischte sich mit dem schwarzen Wasser und schimmerte wie eisiges Feuer. Fische – seltsame kleine Geschöpfe mit juwelenartigen Augen zuckten plötzlich in farbenprächtigen Schwärmen an Lundy vorbei. Und die Blumen. Lundy kam einmal einer von ihnen zu nahe. Sie griff nach ihm, und

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