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TS 63: Planet zu verschenken

TS 63: Planet zu verschenken

Titel: TS 63: Planet zu verschenken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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Haus in Ohnmacht gefallen. Als Captain Leuwenhoek Sie an Brod brachte, waren Sie noch immer ohne Bewußtsein. Die Hitze in Jaroslavs Haus und die vielen Kleidungsstücke, dazu noch die begreifliche Aufregung, das alles ist zusammengekommen. Sie hatten eine fiebrige Erkrankung und waren einige Tage bewußtlos, aber jetzt haben Sie es überstanden.“
    Die Ärztin stand auf und lächelte Enni aufmunternd zu. „Sie sind noch ein bißchen schwach, aber wir werden Sie bald wieder auf die Beine bekommen. Bald werden Sie sich wieder wohlfühlen.“
    Sie wandte sich zum Gehen, kehrte aber noch einmal ans Bett zurück. „Wie fühlen Sie sich, Enni? Ich meine, wie stehen Sie zu dem, was geschehen ist?“
    Enni machte eine hilflose Handbewegung. „Ich weiß es noch nicht so richtig. Eigentlich müßte ich Angst haben und tiefe Reue empfinden, aber ich fühle mich geradezu erleichtert.“
    Die Ärztin nickte. „Das liegt an den Beruhigungsmitteln, die wir Ihnen gegeben haben. Die Wirkung wird bald nachlassen.“
    „Werde ich dann anders denken?“ fragte Enni angstvoll.
    „Ja, du wirst ganz anders empfinden. Enni“. sagte die Ärztin mit plötzlicher Vertraulichkeit. „Ich glaube, ich muß dich über einiges aufklären. Im Delirium hast du allerhand merkwürdige Dinge gesagt, Dinge, die einem Mädchen von einer anderen Welt nicht einfallen würden. Wie alt bist du eigentlich, Enni, fünfzehn?“
    „Ich bin fast achtzehn“, antwortete Enni beleidigt.
    Die Ärztin lächelte nur und fuhr gelassen fort: „Noch schlimmer, mein Kind. Ymir muß ja die reinste Hölle sein, wenn man den jungen Menschen derartigen Unsinn eintrichtert. Solche Ideen sind ja furchtbarer als die schlimmsten Krankheitserreger.“
    „Ich verstehe nicht.“
    Die Ärztin strich Enni übers Haar und lachte. „Ruh’ dich nur aus, mein Kind. Du wirst bald verstehen, was ich meine.“
    „Mein Kind!“ Enni war beleidigt. Sie war kein Kind mehr, und außerdem war sie für ihr Alter ziemlich groß. Die Ärztin war aber mindestens dreißig Zentimeter größer. Auch die Raumfahrer, die sie bei Jaroslav gesehen hatte, waren durchweg viel größer als die meisten Ymiraner.
    Die Ärztin klärte sie rasch über dieses Mißverhältnis auf. Die Ymiraner litten schon seit Jahrhunderten unter Kälte und Unterernährung. Es war also kein Wunder, daß das Volk langsam verkümmerte. Enni war überrascht, als sie erfuhr, daß die strengen, sich als einzig vernünftigen Menschen betrachtenden Ymiraner in Wahrheit die Kümmerlinge der ganzen menschlichen Rasse waren.

 
9.
     
    Allmählich verlor sich die Wirkung der Beruhigungsmittel, und Enni hatte die merkwürdigsten Ahnungen. Es waren Gefühle, die bis dahin undenkbar waren, ungewisse Erwartungen, die wie ein klarer Quell in ihr Bewußtsein strömten.
    Ihr wurden fremdartige Speisen gebracht, an die sie sich aber wegen des außerordentlichen Wohlgeschmacks schnell gewöhnte. Sie bekam auch neue Kleidung, an die sie sich aber nicht so schnell gewöhnen konnte. Nach ihrer Meinung hatte die Kleidung außer dem Kälteschutz noch die wichtige Aufgabe, den Körper zu verhüllen. Sie hatte in Jaroslavs Haus eins der fremdartigen Kleider getragen, aber da war das alles nur ein aufregendes Spiel gewesen. Die Realität war aber erschreckend und wurde immer beängstigender.
    Einen kurzen Faltenrock wies sie scheu zurück, und auch den Sari – im Augenblick die große Mode auf der Erde – wollte sie nicht anziehen. Auch die schleierartigen Gewebe vom Zeus waren ihr zu gewagt, deshalb entschloß sie sich für einen hochgeschlossenen pyjamaartigen Seidenanzug vom K’ung-fu-tse.
    Ihre Scheu wurde noch größer, als die Ärztin sie aus dem Krankenzimmer führte.
    Trotzdem folgte sie ohne Widerstand. Die Frau redete ihr gut zu und machte ihr Mut. „Dieses Gefühl verliert sich bald, Enni.“
    „Wohin geht die Reise eigentlich?“ fragte sie scheu, als sie eilig hinter der weit ausschreitenden Ärztin her trippelte.
    „Wohin? Wir sind schon da, mein Kind. Du warst immerhin vier Tage lang ohne Besinnung. Wir sind bereits in die Atmosphäre eingetaucht. Die Reise wird bald beendet sein.“
    Die Neuigkeit traf Enni wie ein Keulenschlag. Die Angst sprang sie wieder an. Sie hatte vier Tage ihres Lebens verloren, vier entscheidende Tage. Wie im Traum lief sie hinter der Ärztin durch einen langen röhrenartigen Gang. Ab und zu tauchten Besatzungsmitglieder auf. Sie nickten der Ärztin freundlich zu und betrachteten Enni mit

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