TS 63: Planet zu verschenken
veranlassen, sein Heil auf einem kalten, unfreundlichen Planeten zu suchen. Anscheinend war der Hinweis doch nur ein Ablenkungsmanöver seines seltsamen Besuchers gewesen.
Bassett verließ sich aber nicht auf sein eigenes Urteil. Diese Frage konnte nur von Sozialpsychologen gelöst werden. Er hatte die besten Leute engagiert, aber auch die Experten waren zu keinem anderen Urteil gekommen und hielten eine Massenauswanderung nach Ymir für absolut undurchführbar.
Aber selbst darauf wollte sich Bassett nicht verlassen. Immerhin hatten die Experten nur recht magere Grundlagen.
Die offiziellen Berichte waren natürlich nicht zu gebrauchen. Bassett wollte einen klaren Umriß der wirklichen Situation. Er wollte wissen, wie die Ymiraner dachten und fühlten. Nur so würde sich die allgemeine Situation deuten lassen. Ohne wirklich zuverlässige Informationen würde er ewig im Dunkeln tappen.
Sein geheimnisvoller Besucher hatte allerdings erklärt, daß er in der Lage wäre, die auftauchenden Probleme zu lösen. War das nun Bluff oder die Wahrheit? Besaß die andere Gruppe bessere Informationen? Wenn der Teletransporter dieser Leute wirklich eine interstellare Reichweite hatte, war das mit Sicherheit der Fall. Die Agenten dieser Gruppe würden sich in diesem Fall ungehindert bewegen können, ohne Verdacht zu erregen. Jeder andere, auf normale Art und Weise landende Agent würde natürlich sofort auffallen.
Es war also kein Wunder, daß Bassett aufsprang und einen Freudentanz aufführte, als Lecoq ihn über Ennis Anwesenheit in Rio informierte.
„Ausgezeichnet!“ rief er aus. „Das ist genau die Gelegenheit, auf die wir gewartet haben. Wir müssen den Aufenthaltsort des Mädchens herausfinden.“
„Das habe ich mir schon gedacht“, antwortete Lecoq. „Ich habe Tomlin auf den Weg geschickt.“
„Gut gemacht. Lecoq! Wir müssen aber vorsichtig sein. Die Sache erfordert äußerstes Fingerspitzengefühl. Das Mädchen ist praktisch allein. Wenn meine Berichte stimmen, dann muß sie eine furchtbare Angst vor dieser grausamen und sündhaften Welt haben. Die Ymiraner haben nun mal eine ganz komische Vorstellung von der Welt und besonders von uns Erdbewohnern. Sag mal, Lecoq. wie hieß der Bursche, den sie damals schnell zurückschickten, weil er sich zu sehr für unsere Lebensart interessierte?“
„Jaroslav Dubin.“
„Danke. Lecoq. Der Plan ist ganz einfach. Wir waren Dubins Freunde. Sorge dafür, daß eine unserer Sekretärinnen mit dem Mädchen zusammenkommt! Ein Mann kann da leider nichts machen, denn das Mädchen hat wahrscheinlich eine furchtbare Angst vor Männern. Die Kontaktperson muß das Vertrauen des Mädchens gewinnen und sie zu uns locken. Wenn sie erst einmal hier ist. können sich die Psychologen um sie kümmern. Du mußt natürlich dafür sorgen, daß kein Außenstehender etwas davon bemerkt. Es besteht immerhin die Möglichkeit, daß sie im Falle ihres Verschwindens gesucht wird.“
„Wohl kaum“, antwortete Lecoq. „Ich werde natürlich trotzdem sehr vorsichtig sein.“
„In Ordnung. Lecoq. Halte mich ständig unterrichtet! Und beeil dich!“
Bassett legte den Hörer auf die Gabel und lehnte sich zufrieden zurück.
Wahrscheinlich wäre er nicht so zufrieden gewesen, wenn er gewußt hätte, daß Counce sich an anderer Stelle die Hände rieb …
10.
Für einen Erwachsenen zeigte Captain Leuwenhoek viel zuwenig Ernst – so dachte Enni jedenfalls. Er hatte eine geradezu kindliche Freude daran, ihr alle möglichen Dinge zu zeigen. Enni war das nur angenehm, denn es lenkte sie immer wieder von ihren eigentlichen Problemen ab.
Die Amsterdam würde nur wenige Stunden im Hafen bleiben, denn die Liegekosten waren hoch, und der Zeitverlust mußte wieder aufgeholt werden. Nach dem Start des Raumschiffes würde sie völlig auf sich selbst gestellt sein. Sie mußte unbedingt Freunde gewinnen. Die Schwierigkeit bestand allein darin, daß Enni nicht an selbständiges Handeln gewöhnt war. Von den heimlichen Besuchen bei Dubin abgesehen, hatte sie nie selbständige Handlungen unternommen. Sie hatte auch nie Zeit gehabt, aus eigenem Antrieb zu leben, denn die geringste Selbständigkeit und Unabhängigkeit wurde auf ihrem Heimatplaneten als Sünde gebrandmarkt.
Mit jedem Schritt wurde ihr ihre Unfähigkeit, frei und unabhängig zu leben, bewußter. Je mehr Enni sah, desto deprimierter und unsicherer wurde sie. Sie fühlte sich einsam und verloren.
Nach einigen Stunden schaute der Captain auf
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