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TS 63: Planet zu verschenken

TS 63: Planet zu verschenken

Titel: TS 63: Planet zu verschenken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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Die Amsterdam wird in zwei Stunden starten – und du wirst an Bord sein!“
    Enni riß entsetzt die Augen auf und starrte die beiden Männer an. „Das kann ich doch nicht tun!“ flüsterte sie.
    „Du wirst es tun müssen“, sagte Jaroslav. „Wenn du dich weigerst, werden die Polizisten kommen und dich auspeitschen. Das wird aber nur der Anfang sein, denn wenn du nicht sofort sagst, was sie hören möchten, werden sie Salz in die Wunden streuen. Dann werden sie dich über ein Faß binden und in eiskaltes Wasser tauchen. Du hast ja selbst gesehen, wie sie mit anderen Abtrünnigen umgegangen sind. Sie kennen keine Gnade, das weißt du doch!“
    Enni wußte es. Mit fünfzehn Jahren hatte sie den ersten Prozeß erlebt. Während schwarz vermummte Männer und Frauen über Lästerer und Abtrünnige zu Gericht saßen und brutale Folterknechte Aussagen erzwangen, mußten die Kinder laut singen, um die Schreie der gequälten Opfer zu übertönen. An all das mußte Enni denken, und ihre Angst wurde noch größer.
    In ihr schlummerten aber Wünsche und Träume. Wie oft hatte sie sich gewünscht, unter einer warmen Sonne zu leben, einen blauen, leuchtenden Himmel zu sehen und die vielen hinderlichen Kleidungsstücke abzuwerfen. Gerade in diesem Augenblick waren die vielen Schichten dicker Kleidung eine unerträgliche Last. In Gegenwart von Jaroslav legte sie diese dicken Kleidungsstücke ab, aber im Beisein eines Fremden war das natürlich ganz und gar unmöglich. Die strenge Erziehung, die sie hinter sich hatte, war noch nicht ganz überwunden.
    Da waren aber auch noch andere Hemmnisse zu überwinden. Ihre Angst war groß, aber es bewegten sie auch noch ganz andere Gefühle. Vielleicht hatte sie doch ein großes Unrecht begangen, und die Prügel würden die gerechte Strafe dafür sein. Sie hatte ihre Eltern belogen und sich von Jaroslav in Versuchung führen lassen. Möglicherweise bot sich ihr die letzte Chance, sich reinwaschen zu lassen. Prügel und Qualen waren ein geringer Preis für das ewige Seelenheil, das sie dadurch wiederfinden würde.
    Sie sah die strengen Augen der Richter im Geiste vor sich. Diese Männer kannten keine Gnade, wenn es um die Reinheit der Seele ging.
    Aber hatte Captain Leuwenhoek diese ehrlichen, aufrechten Männer nicht als die größten Heuchler und Lügner der Milchstraße bezeichnet? Sie sah den Captain verwundert an. Der Mann sah doch ehrlich und anständig aus. Sie konnte einfach nicht glauben, daß dieser Mann ein Lügner sein sollte.
    Die Unentschlossenheit war fürchterlich. Die Gedanken wirbelten durch den Kopf und rissen sie von einem Extrem ins andere. Ein Schwindelgefühl ergriff das Mädchen. Sie taumelte nach vorn und mußte sich eine Stütze suchen.
    Sie konnte sich aber nicht mehr halten und stürzte auf den Teppich. Aber erst als sie schon ausgestreckt auf dem Boden lag, verlor sie dasBewußtsein völlig. Vorher drangen noch Jaroslavs Worte „Sie ist ohnmächtig!“ in ihr Bewußtsein, und sie wunderte sich über den zufriedenen Klang seiner Stimme.
     
    *
     
    „Alles wieder in Ordnung?“ hörte sie eine besorgt klingende Frauenstimme fragen. Enni hörte die Stimme wie aus weiter Ferne und wunderte sich über den fremdartigen Klang.
    Bald wurden ihre Gedanken aber klarer. Natürlich! Jaroslavs Besucher sprachen so. Der fremde Akzent war überhaupt nicht zu verkennen. Sie öffnete die Augen und sah eine weiße Zimmerdecke. Erst als sie den Kopf zur Seite neigte, sah sie eine braunhaarige junge Frau an ihrem Bett sitzen.
    „Sind Sie Mrs. Leuwenhoek?“ fragte sie schwach.
    „Nein, ich bin die Schiffsärztin“, antwortete die Frau lächelnd. Sie trug einen weißen Kittel, aus dessen Taschen blanke Instrumente hervorschauten. „Anscheinend haben Sie sich wieder erholt. Das war die erste Frage, die Sie an Bord des Schiffes gestellt haben.“
    Enni überlegte fieberhaft. Sie lag in einem weichen Bett. Nie zuvor in ihrem Leben hatte sie in einem so weichen, bequemen Bett gelegen. Es war auch gar nicht kalt, denn sie war nur mit einer einzigen Decke zugedeckt und fror trotzdem nicht. Sie fühlte sich merkwürdig frei und unbehindert. Entsetzt stellte sie fest, daß sie keine Kleidung mehr trug.
    Hastig zog sie die Bettdecke bis an die Schultern. Die Ärztin war zwar eine Frau, aber Enni wurde trotzdem feuerrot.
    „Wissen Sie, wo Sie sich befinden?“ fragte die Ärztin freundlich.
    Enni nickte.
    „Was ist geschehen?“ flüsterte sie leise.
    „Sie sind in Jaroslav Dubins

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