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TS 63: Planet zu verschenken

TS 63: Planet zu verschenken

Titel: TS 63: Planet zu verschenken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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neugierigen Blicken.
    „Wir haben deinetwegen die Route ändern müssen“, erklärte die Ärztin. „Wir mußten es tun, um dich den blindwütigen Verfolgern zu entreißen. Jaroslav ist uns allen ein guter Freund. Ich glaube, jeder Raumfahrer kennt und schätzt ihn. Für einen anderen hätten wir das Risiko der Entführung kaum auf uns genommen. Jaroslav ist wirklich ein anständiger Mensch. Wir haben also einen Umweg gemacht und die Erde angesteuert.“
    Die Erde! Die Ärztin erklärte einige technische Einzelheiten und wies auf die Tatsache hin, daß der Umweg keinen nennenswerten Verlust bedeutete, aber Enni hörte kaum noch hin. In ihren Schläfen hämmerte das Blut. Die Erde! Das war unfaßbar. Sie hatte von der Erde geträumt, wo die Menschen frei leben und ihr Dasein genießen durften – aber das waren eben nur unerfüllbare Wunschträume gewesen. Jetzt, da sich diese Träume verwirklichen würden, sah alles ganz anders aus. War die Erde nicht die Quelle allen Übels, der berüchtigte Planet der ganzen Milchstraße? Sie stammte vom Ymir und konnte gar nicht anders denken. Die Angst vor der sündigen Welt saß ihr im Blut und war fast zu einem Instinkt geworden. Ihre Vorväter hatten die sündige, hassenswerte Erde verlassen und sich eine neue Heimat gesucht, um in Entsagung und Gebet das Seelenheil zu bewahren. Auf Ymir lernte jedes Kind die gleiche Geschichte, sobald es sprechen und verstehen konnte.
    Enni hetzte angstvoll hinter der Ärztin her. Sie hatte keinen Blick für die vielen Kabel und Geräte und dachte ständig nur an ihr furchtbares Schicksal, in das sie durch Leichtsinn geraten war. Erst in einem großen, hellen Raum wurde sie sich wieder der Umwelt bewußt und betrachtete erstaunt die vielen intensiv beschäftigten Menschen.
    Captain Leuwenhoek stand vor dem Hauptpult und winkte Enni zu sich heran. „Hallo, Enni!“ rief er fröhlich. Enni hörte es kaum. Die Vielfalt der Eindrücke war berauschend und verwirrend. Endlich bemerkte sie, was in den letzten Minuten geschehen war.
    Die schweren Fensterblenden glitten zurück und ließen wunderbar milde Luft in die Zentrale strömen. Sie hörte ein Plätschern.
    Das Schiff schwamm auf dem Wasser, und die Dünung rollte gegen den mächtigen Metallkörper. Auf Ymir war überhaupt nicht an eine Wasserlandung zu denken, denn das ewig stürmische Meer dieses rauhen Planeten schloß die bequemste und ungefährlichste Art der Landung völlig aus. Die weite Bucht von Rio bot aber fast immer ideale Landebedingungen. Durch ein Fenster sah Enni die blendend weiße Stadt am Horizont. Kleine Schlepper kamen herangeflitzt und lotsten das Raumschiff in die riesigen Docks.
    So etwas hatte Enni noch nie gesehen, weder eine leuchtende Stadt vor grünen Bergen, noch die kleinen Schiffe, die das ruhige Wasser dieses Meeres nicht zu fürchten brauchten. Aber sie blickte nur kurz auf die Stadt und die Schiffe, denn der Himmel, der leuchtend blaue, warme Himmel mit den weißen Wolkenballen war einfach überwältigend. Am Horizont vereinigte sich dieser herrliche Himmel mit den leicht rollenden grünen Fluten des Ozeans.
    Ennis Augen strahlten. „Es ist wahr!“ rief sie atemlos. „Es ist wirklich wahr!“
    Hinter ihrem Rücken warf Leuwenhoek der Ärztin einen bedeutsamen Blick zu, und auch die Frau nickte lächelnd.
    Enni blieb in der Zentrale, denn sie wollte nichts von der Herrlichkeit dieser neuen Welt missen. Sie sprach kaum ein Wort und wurde immer wieder von den ständig wechselnden Eindrücken überwältigt. Auch der Hafen mit den vielen Kränen, Silos und Lagerhäusern, den geschäftigen Menschen und den flitzenden Autos machte einen unbeschreiblichen Eindruck auf sie. Überall war Lärm und Lebensfreude.
    Sie beruhigte sich nur sehr langsam. Alles war so anders, so herrlich und zugleich so erschreckend und verwirrend. Würde sie sich jemals daran gewöhnen können? Was sollte sie in dieser fremden, lauten Welt? Wie würden die fremden Menschen sie aufnehmen und behandeln? Alle Leute wirkten freundlich und offen; sie sprachen lachend miteinander und schienen die Freude nicht als Sünde zu betrachten. Jaroslav hatte ihr von seinen ersten Begegnungen mit den Bewohnern dieser Stadt erzählt. War er nicht auch sofort gut aufgenommen worden …?
    Ein Wagen kam angefahren, ein Beamter in einer strahlend weißen Uniform stieg aus und rief nach dem Captain. Leuwenhoek lehnte sich über das Brückengeländer und traf Vereinbarungen über die Ladung und andere für

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