TS 64: Bluff der Jahrtausende
zuckte mürrisch mit den Schultern.
„Na, wenn schon … aber keiner hat etwas gesagt!“
Chet Farren lachte vom Kommandopult her.
„Laß dir nichts weismachen, Jaune!“ rief er. „Pete hat gar nichts gewußt.“
Jaune drehte sich um und feixte.
„Das weiß ich doch, Chef. Ich wollte ihm nur den Spaß nicht verderben; er hat doch sonst so wenig vom Leben.“
„Ruhe im Schiff!“ schrie Warren Foley mit einer Stimmgewalt, wie sie nur sein riesiger Brustkasten zustandebringen konnte.
Und da Foley an Rang der zweithöchste war und jedermann sicher sein durfte, daß Warren nur dann schrie, wenn er sich mit Chet Farren einig wußte, hielten sie den Mund – auch Pete O’Neill, der eine heftige Erwiderung auf der Zunge hatte.
Das fremde Schiff bildete sich auf dem Mikrowellen-Bildschirm als kleiner Lichtpunkt ab. Der Abstand des Lichtpunktes vom Zentrum des Bildschirmes war ein Maß für die Entfernung des Fremden von der HARPOONE. Dieser Abstand schmolz schnell zusammen, und die Genauigkeit, mit der der Lichtpunkt Kurs auf die Schirmmitte hielt, ließ keinen Zweifel darüber zu, daß der Unbekannte die HARPOONE ausgemacht hatte.
Um so seltsamer war es, daß der Funkruf bisher noch nicht angekommen war.
Chet Farren wartete geduldig, bis der Fremde so dicht herangekommen war, daß mit den altmodisch getarnten Geräten der HARPOONE ein Bildruf möglich war. Dann koordinierte er die Bewegung der Bündelantenne mit dem Kurs des unbekannten Schiffes und fragte:
„HARPOONE an fremdes Schiff. Wer kommt dort?“
Da der Fremde sich bisher schweigsam verhalten hatte, erwartete Chet nicht, daß er sich auf den Bildruf hin sofort melden werde. Seltsamerweise leuchtete der Bildschirm jedoch auf, kaum daß Chet das letzte Wort gesprochen hatte. Chet kniff die Augen zusammen, um sich von dem Flimmern der altertümlichen Bild-Punktübertragung nicht stören zu lassen. Das Gesicht, das er sah, war das eines Mongolen – lächelnd, wie ihm die Regeln des guten Benehmens es geboten.
„Alles Glück des Universums“, entbot er den herkömmlichen Gruß. „Hier ist Patrouillenkreuzer C-122 von den Polizeistreitkräften SUNRISE. Womit kann ich Ihnen helfen?“
Chet seufzte erleichtert.
„Mein Gott“, er dachte nicht daran, den Gruß so zu erwidern, wie es in dieser Zeit üblich war, „alles Glück könnten wir schon gebrauchen. Patrouillenkreuzer? Wo kommen Sie her? Etwa aus dem System dort vorne? – Wir brauchen dringend eine Reparatur auf einer tüchtigen Werft. Unser Umkehrtriebwerk ist kaputt!“
Or-do zog die dünnen Augenbrauen in die Höhe.
„Das ist in der Tat ein bedauerlicher Ausfall. Aber ich glaube, wir werden Ihnen helfen können. – Woher kommen Sie?“
„Von den Vier Kuhschwänzen“, antwortete Chet eifrig. „Wir sind von der …“
„Den Vier Kuhschwänzen?“ unterbrach ihn Or-do stirnrunzelnd. „Nie gehört! Wo ist das?“
Or-do war nicht sicher, ob der Fremde ihn etwa verspotten wolle. Er hatte wirklich noch nie etwas von den Vier Kuhschwänzen gehört, und der Name klang nicht besonders seriös.
„Gerechter Himmel!“ machte Chet überrascht. „Kennen Sie die Vier Kuhschwänze nicht? Die ganze Galaxis ist verrückt danach, dorthin zu kommen, weil man dort sagenhafte Reichtümer an seltenen Metallen erwartet. Aber wir waren dort, wir können sagen …“
„Einen Augenblick, bitte“, unterbrach Or-do. „Wenn Sie dort waren, können Sie mir die galaktischen Koordinaten angeben, nicht wahr? Wollen Sie das tun?“
Chet nickte.
„Aber sicher. Warten Sie!“
Or-do sah Chets Arm sich bewegen. Ein paar Sekunden später erschien im unteren Drittel des Bildschirms ein roter Informationsstreifen, der die gewünschten Daten trug.
Chet wiederum konnte sehen, wie Or-do nach hinten winkte. Chet unterdrückte ein Schmunzeln. Irgendeine Ordonnanz auf dem fremden Schiff würde jetzt anfangen, unter den angegebenen Daten nach den Vier Kuhschwänzen zu suchen. Natürlich würde sie sie finden – unter dem Namen oJ/hv-3321. „Die Vier Kuhschwänze“ hatten die wilden Horden der Raumprospektoren vor fast tausend Jahren diese eigenartige Konstellation genannt.
Das war nachzuweisen. Gerade die Kenntnis des alten Namens würde dazu beitragen, Bedenken zu zerstreuen.
Chet fand es an der Zeit, der Fragerei ein Ende zu machen.
„Wenn Sie jetzt so nett sein wollten“, begann er freundlich, aber auch ein wenig spöttisch, „uns zu sagen, wo wir eigentlich herausgekommen sind. Wir sind schon seit
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