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TS 64: Bluff der Jahrtausende

TS 64: Bluff der Jahrtausende

Titel: TS 64: Bluff der Jahrtausende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Mahr
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enttäuscht.
    Denn hinter all den Dingen, die Howligans Aufzeichnungen suggerierten und die so bewundernswert glaubwürdig erschienen, hatte Chet Farren einen winzigen Rest Hoffnung bewahrt, es werde alles nicht so schlimm sein, wie Howligan annahm und General Houston glaubte. Mit einem kleinen Rest kindlichen Wunderglaubens hatte Chet darauf gehofft, daß die Mongolen die armen Schiffbrüchigen liebevoll in ihre Arme schlössen und auf dem schnellsten Wege in die Umwelt führten, deren sie bedurften – eine Welt mit Gras, Bäumen, Meer und wohlgenährten Ochsen, wie Warren Foley sich ausgedrückt hatte.
    Nichts von alledem. Die Sunrise-Leute gingen genauso vor, wie man es nach Howligans Angaben von ihnen erwartete: wie Menschen, die sich in oder kurz vor einem Krieg befanden.
    War das schon die Antwort auf Houstons Frage?
    Chet wußte, daß SUNRISE schon seit vierhundert Jahren von allen Fremden Einreisevisa verlangte. Und SUNRISE stand damit nicht allein. Alle Siedlerwelten waren dazu übergegangen, die Einreisenden zu kontrollieren. Gewiß, es gab Unterschiede in der Handhabung des Visum-Zwanges. Ein Einreisevisum für die Erde zu bekommen, war zum Beispiel eine Angelegenheit von drei oder vier Minuten und einem halben Credit.
    Aber das Mißtrauen Fremden gegenüber war allgemein. Keineswegs war es ein Privileg der Sunrise-Leute. Man konnte sie deswegen auch nicht tadeln, und noch törichter wäre es sicherlich gewesen, Or-dos Verhalten als Beweis für die Richtigkeit der Thesen aufzufassen, die Howligan in ferner Vergangenheit aufgestellt hatte.
     
    *
     
    Kommissar Liu-Sü kam in einem Schwesterschiff der C-122, dem Patrouillenkreuzer C-088. In einem Manöver, das Chet Farren und seinen Leuten Bewunderung abverlangte, kam die C-088 längsseits der HARPOONE bis auf einen Abstand von rund vierhundert Metern.
    In der Seitenwand des Schiffes öffnete sich eine Luke. Fünf unförmige Gestalten in mächtigen Schutzanzügen lösten sich und kamen an einem Notseil herübergeschwebt. Glitzernde Wölkchen kondensierenden Gases kennzeichneten die Stellen, an denen sie sich mit Düsenstößen aus den Kompressorflaschen zusätzlichen Impuls verliehen.
    Aus hundert Metern Entfernung war zu sehen, daß die fünf Gestalten eine beträchtliche Menge an Geräten mit sich schleppten. Jaune Viviers beobachtete sie scharf. Dann schrieb er hastig etwas auf ein Stück Schreibfolie und reichte es Chet. Chet las:
    Gehirnwäsche Stufe 3!
    Er nickte gleichgültig und zerknüllte die Folie zwischen den Fingern. Das Plastikmaterial löste sich zu feiner Asche auf; Chet hob die Hand und blies die Asche in den Raum hinein.
    Gehirnwäsche Stufe 3 war eine Lappalie für die Gehirne von Männern, denen eine sorgsame Behandlung Widerstandskraft für zehn aufeinanderfolgende Gehirnwäschen Stufe 2 gegeben hatte.
    Kommissar Liu-Sü meldete durch einen kurzen Zuruf über Helmfunk, daß er die Schleuse der HARPOONE erreicht habe. Chet ließ das Schott auffahren. Wenige Minuten später betrat Liu-Sü, seine Begleiter im Gefolge, den Kommandostand.
    Liu-Sü war einer, der die Vorschriften des mustergültigen Benehmens entweder schlecht gelernt hatte oder der Ansicht war, daß man sie Fremden gegenüber nicht anwenden müsse. Das erste, was er sagte, war:
    „Verdammt schwer hier! Können Sie die Schwerkraft nicht regulieren?“
    Chet Farren tat so, als höre er nichts. Er drehte sich zu Warren Foley um und sagte freundlich:
    „Guten Tag, Warren!“
    Und zu Jaune und Pete:
    „Guten Tag, Jaune … guten Tag, Pete.“
    Sie hatten die Szene niemals geübt; aber sie wußten, worum es ging.
    „Guten Tag, Chef“, antworteten sie.
    Liu-Sü wuchs ein wenig vor Zorn. Er hatte es nötig; denn er war einen halben Kopf kleiner als selbst Jaune Viviers.
    „Ich habe gesagt, es ist zu schwer hier“, schimpfte er, „und Sie sollen …“
    Warren Foley fuhr sich mit dem Finger ins Ohr.
    „Ich weiß nicht, Chef“, röhrte er und übertönte mit seinem mächtigen Baß Liu-Süs Stimme spielend. „Irgend etwas ist nicht in Ordnung. Ich höre dauernd ein Geräusch, als sei einer der Generatoren am Durchbrennen.“
    „Du hast recht“, stimmte Jaune Viviers mit ernstem Gesicht zu. „Außerdem stinkt’s hier nämlich auch.“
    Liu-Sü schnappte nach Luft. Er hatte den Helm noch nicht abgenommen – ebensowenig wie seine Begleiter – aber man konnte es in der Außenübertragung hören.
    „Hören Sie …“, stöhnte er in ohnmächtigem Zorn.
    Aber Chet Farren

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