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TS 68: Die Stadt im Meer

TS 68: Die Stadt im Meer

Titel: TS 68: Die Stadt im Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilson Tucker
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schlechter essen mußt, bevor wir wieder zu Hause sind“, antwortete Barra. Sie hob ihre Gabel. „Sieh mal da hinüber – wir sind ja schon Barbaren.“
    Wolf kauerte neben dem Feuer und hielt sein Steak mit den Fingern. Vorsichtig salzte er das Fleisch mit der anderen Hand und biß hinein. Ein paar Soldaten sahen ihm zu und vergaßen darüber ihren eigenen Kampf mit dem Fleisch. Er riß ein Stück mit den Zähnen herunter und kaute.
    Perri legte ihr Besteck hin. „Das kann ich auch!“ Sie biß ein Stück ab.
    „Siehst du?“ fragte Barra.
    „Das paßt mir nicht, Barra. Ich habe auch noch andere Dinge bemerkt, Kleinigkeiten. Die Soldaten ahmen seine Gewohnheiten nach. Wenn das so weitergeht, könnte es zu einem ernstlichen Zusammenbruch von Moral und Disziplin kommen.“
    „Zum Beispiel?“ wollte die Ärztin wissen.
    „Zum Beispiel, wie er trinkt. Hast du bemerkt, daß die Soldaten sich auf die Erde werfen und aus dem Fluß trinken? Sie haben ihm das abgesehen.“
    „Unsinn. Das tue ich auch.“
    „Als er heute abend ans Feuer kam, machten sie ihm Platz. Sie wichen nicht vor ihm zurück wie früher, sondern machten ihm Platz und blieben, wo sie waren. Sie fangen an, ihn zu akzeptieren.“
    „Warum auch nicht? Nach dem Abenteuer heute nachmittag würde ihn wohl jeder akzeptieren.“
    „Ja …“ Zee starrte auf seine Silhouette vor dem Feuer. „Barra, was gibt es, das dieser Mann nicht fertigbringt? Gibt es für ihn eine Grenze?“ Sie wandte sich um und sah die Ärztin an. „Und sag mir nicht, daß das auch in deinem Bericht steht!“
    „Nein, nein.“ Barra nahm ein Stückchen Fleisch und versuchte, es abzubeißen. „Das habe ich befürchtet. Meine Zähne machen nicht mit.“ Sie kehrte reumütig zum Messer zurück. „Er paßt in Cranes Theorie.“
    „Und was ist Cranes Theorie?“
    „Ein Zweig der Medizin – es gibt noch keinen besseren Namen dafür. Vor mehreren Jahren veröffentlichte Dr. Crane – du kennst sie nicht – eine Abhandlung über die Form der Dinge, eine Theorie über die Differenz zwischen den Arten. Ich weiß, ich weiß“, wehrte Barra ab. „das sagt dir nichts. Aber nur Geduld.“
    „Aber was ist nun Cranes Theorie?“
    „Es ist eine Abhandlung von mehreren hundert Seiten. Ich habe sie ganz gelesen, und was ich davon behalten habe, füllt höchstens zwei Seiten.“ Sie steckte wieder ein Stück Fleisch in den Mund. „Du bist auf dem Kontinent gewesen und viel herumgereist, und du weißt, daß die Menschen überall anders sind. Einige sind schwarz, andere weiß, manche haben dunkles Haar, andere helles oder rotes wie du. Blaue Augen, braune Augen, graue Augen … und so weiter. Ich habe Menschen mit sechs Fingern an jeder Hand gesehen, andere, die krank werden, wenn der Wind sich dreht und ein paar, die die Seuche überlebt haben. Das ist Cranes Theorie: Die Menschen, wie und warum sie sich unterscheiden und unter welchen Verhältnissen.
    Crane glaubt, daß die Unterscheidungsmerkmale im Blut liegen und in den physischen Eigenheiten des Körpers, daß die Charakteristika von den Eltern auf die Kinder vererbt werden – manchmal.“
    „Manchmal?“
    „Manchmal – nicht immer bei gewissen Eigenschaften und wiederum immer bei anderen. Zum Beispiel die sechs Finger. Der ganze Stamm besitzt sechs Finger, alle Erwachsenen und alle Kinder. Und hier ist der Kernpunkt der Theorie: Dieser Stamm wird immer sechs Finger haben, bis jemand mit fünf Fingern einheiratet. Das Kind der Fünffingerfrau wird entweder fünf oder sechs Finger haben, je nachdem, welcher Elternteil die dominanten Eigenschaften besitzt. Wenn das Blut und die Körpereigenschaften der Frau stärker sind, wird das Kind mit fünf Fingern geboren. Ist dagegen der Vater dominierend, hat das Kind sechs Finger.“
    „Aber warum hat das nicht auf andere Stämme übergegriffen?“
    „Darauf komme ich jetzt: Jetzt kommt Wolf hinein. Crane sagt, daß natürliche Grenzen den Austausch unterbinden. Jene sechsfingrigen Menschen leben in einem abgelegenen und unzulänglichen Teil des Kontinents – es ist schwer, sie zu erreichen. Die natürliche Grenze ist dabei die große Entfernung. Und das bringt uns zu den Küstenbewohnern. Sie sind ganz anders als die Leute zu Hause – der Ozean ist eine unüberwindliche Grenze, und die Eingeborenen haben ihre Körper ohne Einfluß von außen entwickelt. Eigentlich sind sie sogar zwischen zwei Grenzen eingeschlossen, und jeglicher Austausch ist unmöglich.
    Sie sind anders als wir,

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