Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
TS 68: Die Stadt im Meer

TS 68: Die Stadt im Meer

Titel: TS 68: Die Stadt im Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilson Tucker
Vom Netzwerk:
erstenmal hörten sie Vögel singen. Zu beiden Seiten des Canyons erhoben sich steile Berggipfel, die man vielleicht zu Fuß, aber keinesfalls mit Pferd und Wagen bewältigen konnte. Einer von ihnen hatte vor Jahren mit einem Erdrutsch den Canyon verschüttet. Jetzt wuchs das Gras darauf zum Zeichen, daß der Boden fest geworden war.
    Wolf begann zu klettern.
    Sieben oder acht Fuß über ihren Köpfen blieb er stehen und untersuchte den Boden. Er warnte den ihm nachfolgenden Captain mit einer Handbewegung. Sie machte vorsichtig Platz. Wolf duckte sich hinter einen Felsblock und warf sich mit seinem ganzen Gewicht dagegen, so daß er rumpelnd auf die Straße hinunterkollerte. Er hinterließ ein schwarzes Loch, das Wolf mit seinem Spaten vergrößerte.
    Zee befahl den anderen, ihm zu helfen.
    Nach einer halben Stunde harter Arbeit entdeckte Zee, was der Erdrutsch verbarg. Ein Blick zum Himmel sagte ihr, daß sie nicht bis zum Abend fertig würden und befahl, ein Lager aufzuschlagen. Die Wagen wurden zu einer dreieckigen Wagenburg zusammengestellt und die Pferde ausgespannt und angebunden. Wachen wurden ausgestellt. Nach Einbruch der Dunkelheit wurden Fackeln entzündet. Zum erstenmal gab es nicht den üblichen Abendregen.
    Darüber war die Ärztin glücklich. „Wir kommen schon näher, Zee! Im Paradies gibt’s keinen Regen.“
    Zee stand breitbeinig im Canyon, die Hände auf die Hüften gestützt und beobachtete die Grabenden beim flackernden Fackellicht. Sie hatte ihren Helm abgesetzt, und ihr kupferrotes Haar fiel locker über ihren Rücken. Sie nickte.
    „Ja, Barra, wir kommen näher. Aber ich möchte wissen, wer vor uns hier war?“
    „Hmmm. Machst du dir immer noch Gedanken?“
    „Die Straße, Barra, vergiß die Straße nicht. Angenommen, Perri hat recht, angenommen, daß vor langer Zeit hier eine Straße entlangführte. Sie führte über die Berge, und wenn sie an einen Berg kam, über den sie nicht hinüberkam, was würde geschehen?“
    „Nun … nun …“
    „Die Straße würde hindurchführen, Barra. Durch einen Tunnel, Barra, kannst du leugnen, daß wir hier einen Tunnel ausgraben?“
    Die Ärztin betrachtete die große Öffnung.
    „Nein – es ist tatsächlich ein Tunnel. Ein von Menschenhand angelegter Tunnel.“

 
6.
     
    Im nüchternen Morgenlicht offenbarte sich die ganze majestätische Größe des Tunnels. Er war fünfzehn oder mehr Fuß hoch und breit genug, um zwei Wagen nebeneinander aufzunehmen. Seine Wände bestanden aus rauhem, schmutzig-grauem Gestein, der Mörtel war an manchen Stellen herausgefallen, so daß Teile der Decke eingestürzt waren. Das Ende des Tunnels verschwand in tintiger Schwärze.
    „Von Menschenhand“, wiederholte Zee und berührte die Wände, Sie wies zur Decke. „Wir haben so etwas nicht.“
    Sie wartete ungeduldig am Tunneleingang und starrte in die Dunkelheit vor ihr. Nach einem hastigen Frühstück hatte sie drei Pfadfinder vorausgeschickt, um den Ausgang zu suchen, wenn es einen gab. Sie waren schon eine Stunde fort.
    Wolf hatte fast die ganze Nacht gearbeitet und seinen Spaten erst einige Stunden vor Morgengrauen beiseitegelegt, um unter einem der Wagen auf der Erde zu schlafen. Das Geräusch hatte Zee aufgeweckt; sie hatte sich auf einen Ellbogen gestützt und ihn im Schlaf beobachtet. Die Soldaten, die in der Nähe lagen, hatten ihre Schlafsäcke weiter von ihm abgerückt. Das ärgerte sie einen kurzen Augenblick, aber sie verdrängte dies Gefühl und nahm sich vor, ihm einen Schlafsack anzubieten. Er war sofort eingeschlafen und lag, ohne sich zu rühren. Anscheinend war er es gewohnt, auf bloßer Erde zu schlafen.
    „Captain!“
    Zee fuhr herum und starrte in den Tunnel. Es bewegte sich etwas.
    Ein Pfadfinder kam heran. „Das andere Ende ist offen, Captain. Und dann kommt noch ein Tunnel. Offen.“
    „Noch einer? Wie lang ist denn dieser?“
    „Ungefähr zwei Meilen, Captain.“
    „Zwei Meilen!“
    „Ja, Captain. Wir warten am Ausgang. Gehen wir?“
    Zee überlegte. Es war kaum zu fassen. Ein zwei Meilen langer Tunnel und noch einer dahinter! Ohne Zweifel von Menschen geschaffen, aber von wem? Der Zustand des Tunnels zeigte, daß die Menschen schon lange tot sein mußten.
    „Habt ihr irgendein Zeichen von Leben drüben gefunden? Fußspuren?“
    „Nein, Captain. Alles war wie ausgestorben.“
    Sie zögerte. Bis jetzt hatte sie das beruhigende Gefühl gehabt, daß sie jederzeit umkehren, ihr Vorhaben aufgeben und in die Sicherheit der Kolonie

Weitere Kostenlose Bücher