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TS 68: Die Stadt im Meer

TS 68: Die Stadt im Meer

Titel: TS 68: Die Stadt im Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilson Tucker
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mach dich auf alles gefaßt.“
    „Du sprichst“, sagte Zee zögernd, „als ob du noch andere Menschen hier zu finden erwartest.“
    „Aber, Zee! Wolf ist nicht einfach aus der Erde hervorgestiegen. Er muß Vater und Mutter haben.“
    „Nun, ja.“
    „Und die Narbe auf seinem Rücken hat irgendein Feind verursacht. Also muß es andere geben.“
    „Ja“
    „Dann bereite dich darauf vor.“
    Abwesend suchte Zee mit den Augen die Wachen. Im Dunkel der Nacht waren sie unsichtbar.
    Wolf stand vom Feuer auf, und Zees Augen kehrten zu ihm zurück. Er wandte sich um, den Rücken zum Feuer, und sah kurz zu ihr hinüber. Sie senkte den Blick.
    Er suchte sich einen Weg durch die Gruppe um das Feuer und verschwand in der Nacht.
    „Das tut er nun jede Nacht“, sagte Zee.
    „Was?“
    „Die Wachen kontrollieren. Eines Nachts bin ich ihm gefolgt, um zu sehen, was er tut. Er machte eine ganze Runde bei den Wachen, stellte sich neben jede einzelne und starrte hinaus in die Prärie. Und dann ging er zur nächsten. Er tut das die halbe Nacht hindurch – er schläft nur ein paar Stunden kurz vor Morgengrauen.“
    „Der beste Wachtposten, den du dir wünschen kannst.“
    Zee nickte zustimmend. „Das ist er. Aber ich möchte wissen, wonach er ausschaut.“
    Barra zuckte die Achseln. „Vielleicht nach seiner Frau.“
    „Barra! Glaubst du, er hat eine …“ Sie schwieg plötzlich.
    Die Ärztin stocherte nach Fleischresten in ihren Zähnen und versäumte, zu antworten.
    Zee lehnte sich an das Wagenrad und betrachtete den Leutnant am Feuer.
    „Schöne Nacht“, sagte Barra, stand auf und verschwand.
    Zees Gedanken schweiften. Es war eine herrliche, angenehme Nacht wie wenige, die sie zu Hause verbracht hatte. In der Kolonie hatte es nichts dergleichen gegeben. Seit dem ersten Tunnel war kein Regen mehr gefallen; die Tage waren strahlend und so warm, daß die Hitze fast unangenehm wurde, und alle Nächte waren lau wie diese, warm und klar. Es mochte barbarisch sein, aber es war tatsächlich ein wunderbares Gefühl, die Nächte im Freien zu verbringen. Die Soldaten liebten es – jenseits der Tunnels hatte es keinerlei Klagen mehr gegeben.
    Das Essen war nicht so reichlich wie zu Hause, und das Fleisch heute abend war bestimmt nicht, wie es sein sollte, und doch war diese Reise ein Genuß, war diese Nacht ein Genuß.
    Was Wolf getan hatte, war außerordentlich bemerkenswert gewesen – aufzuspringen und zu schreien, die Pferde in wilde Flucht zu jagen –. Sie setzte sich plötzlich aufrecht. Er war aufgesprungen und hatte geschrien! Geschrien! Aber Wolf hatte doch keine Stimme – jedenfalls hatte er sie nie gebraucht. Aber das war doch lächerlich. er mußte eine Stimme haben, jedermann hatte eine Stimme. Aber bis heute nachmittag hatte man sie nie gehört.
    Sie sprang auf die Füße.
    „Barra!“
    „Hier!“
    Zee lief zu ihr hin.
    „Barra, als du den Mann untersucht hast, besaß er die physische Fähigkeit zu sprechen? Ich meine, seine Kehle …?“
    „Was? O! Nun ja, mit seiner Kehle war alles in Ordnung.“
    „Und doch hast du geschrieben, daß er nicht sprechen könne.“
    Die Ärztin korrigierte sie. „Ich berichtete, daß er unsere Sprache nicht versteht; er konnte oder wollte seine Stimme nicht gebrauchen; er hat nie versucht, mit mir zu sprechen. Was sonst sollte ich glauben? Es war eine normale Schlußfolgerung. Was ist los?“
    „Barra, er hat heute nachmittag seine Stimme gebraucht. Als er diese kleinen Pferde scheuchte, schrie er sie an.“
    „Bei allen Heiligen, das stimmt!“ Barras Hand fuhr an die Kehle, wie um sie zu massieren. „Das hat er getan.“
    „Er hat uns hereingelegt, Barra. Absichtlich genasführt.“ Sie wirbelte herum, rief ärgerlich zu der Gruppe am Feuer hinüber: „Korporal!“
    „Nur nichts übereilen, Zee. Ich würde nicht sagen, daß er uns getäuscht hat. Warum sollte er schließlich seine Stimme gebrauchen?“
    „Warum? Barra, was, glaubst du, würde ein …“ Sie hielt inne, starrte die Ärztin an.
    „Richtig“, half Barra ihr weiter. „Eine Stimme ist dazu da, sich zu verständigen, wenn es keinen anderen Weg gibt. Wolf hat aber einen anderen Weg.“
    „Also schon wieder das alte Lied! Korporal!“
    „Ja, wieder das alte Lied.“
    Jemand rief: „Nicht hier, Captain.“
    Barra sagte: „Ich sah sie vor einer Weile. Sie ging in diese Richtung, als sie gegessen hatte.“
    „Schon gut“, erklärte Zee. „Ich werde Wolf selbst suchen. Ich wünsche eine Erklärung.“

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