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TS 68: Die Stadt im Meer

TS 68: Die Stadt im Meer

Titel: TS 68: Die Stadt im Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilson Tucker
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sie in ihrer Verwunderung und äußersten Überraschung unbewußt gesenkt hatten. Der Läufer rannte auf sie zu, auf den Mann zu.
    Der Besuch aus dem Norden war eine schlanke, tiefgebräunte Frau, ebenso groß wie Wolf, genauso feingliedrig und sonnenverbrannt, und fast genauso wenig bekleidet. Sie und der Mann besaßen fast den gleichen Körperbau, die gleichen Gesichtszüge. Sie sprang auf ihn zu. Wolf fing sie mit ausgebreiteten Armen auf.

 
ZWEITER TEIL
     
1.
     
    Captain Zee zog voller Unmut nach Nordwesten.
    Die Truppe hatte das Lager aufgeschlagen, fünf Wochen und hundert Meilen von zu Hause entfernt. Ihre Zahl hatte sich um acht Soldaten und ein Gespann verringert. Das Eingeborenenkontingent hatte sich um eine Person vermehrt.
    Zee beschwerte sich bitter bei der ungerührten Ärztin.
    „Bin ich denn nicht mehr Herr über meine Soldaten, Barra? Habe ich nichts mehr zu sagen? Bestimme ich nicht mehr, wohin wir gehen und wer sich meiner Truppe anschließt?“ Sie klapperte ärgerlich mit ihrem Eßbesteck. „Bin ich nur noch eine Marionette und muß den Launen eines Stromers folgen – eines Stromers, den meine Wachen aufgelesen haben? Habe ich die Befehlsgewalt verloren?“
    „Mein Mitgefühl sagt nein“, antwortete Barra, „aber mein Verstand sagt ja.“
    „Er kommt und geht, wie er will und bringt sogar seine Sippe, wenn es ihm paßt!“ Zee blickte ärgerlich zu der ‚Sippe’ hinüber.
    „Nun, nun, Zee, so schlimm ist es doch nicht.“ Sie folgte dem Blick des Captains dahin, wo Wolf mit der fremden Frau saß und aß. Die Ärztin begann, einen vergnüglichen Verdacht in bezug auf die Frau zu hegen.
    „Ist es wirklich nicht so schlimm, Barra? Die Soldaten beginnen, ihre Kleider fortzuwerfen. Du kannst sie am Weg liegen sehen. Was bedeutet das, wenn nicht völligen Verlust der Disziplin?“
    „Es bedeutet, daß sie sie nicht mehr brauchen. Sieh mich an. Sieh dich selbst an – du trägst auch nicht die volle Uniform.“
    „Wenn sie ein einziges Stück ihrer Ausrüstung fortwerfen, werde ich sie hängen lassen, Barra! Sie sind schon jetzt wie die Barbaren.“ Sie beobachtete, wie die Soldaten am Feuer mit den Fingern aßen. „Sie essen wie er, trinken wie er, und in unbeobachteten Augenblicken, fürchte ich, denken sie auch wie er. Ich dulde das nicht!“
    Barra stieß den Captain an. „Du hast etwas übersehen, Zee. Sie mögen vielleicht so denken wie er, aber sie zeigen es nicht! Sie haben so gut gekämpft wie immer, das kannst du nicht leugnen. Besser sogar, weil Sonne und Klima ihnen guttun.“
    „Aber Barra, die Befehlsgewalt entgleitet mir!“
    „Unsinn.“
    „Wirklich! Ich spüre es bei den Soldaten, und das ist für jeden Kommandeur gefährlich. Niemand kann Ordnung und Respekt aufrechterhalten, wenn Verantwortung und Führung einem Untergebenen überlassen werden. O, sie gehorchen mir, ja, sie sind gut gedrillt. Aber wenn es um Zutrauen geht, wenden sie sich mehr und mehr an ihn – an einen Eingeborenen!“
    „Diese Eingeborenenfrage haben wir doch schon einmal diskutiert“, erinnerte Barra sie trocken.
    Zee wandte sich ihr plötzlich mit neuer Angriffslust zu. „Wohin gehen wir?“ fragte sie.
    „Was? Nun – zu dieser Stadt.“
    „Und zu welchem Zweck, Barra?“
    „Nun, du wolltest sie doch sehen, nicht?“
    „Offen gestanden, ich weiß es nicht. Nicht mehr.“
    Barra sah sie an. „Das ist eine eigenartige Antwort.“
    „Und die einzige, die ich dir geben kann. Wollte ich wirklich die Stadt sehen?“
    „Du hast es gesagt.“
    „Ja, ich habe es gesagt. Aber wollte ich es wirklich, oder wurde dieser Wunsch in mich hineingelegt?“
    „Nun, aber …“ Die Ärztin ließ ihre Augen auf Wolf ruhen.
    „Barra, erinnerst du dich an die Nacht in meinem Büro, als die Streife ihn aufgelesen und du deinen Bericht eingereicht hattest?
    Entsinnst du dich, wie du diese Expedition vorgeschlagen hast, mich dazu gedrängt hast? Weißt du noch, wie du mich überredet hast?“
    Die Ärztin nickte langsam. „Ja.“
    „Nun, also“, fragte Zee triumphierend, „und wer hat dich überredet?“
    Barra hörte auf zu kauen und sah den Captain an. „Ich wußte, daß du etwas Derartiges sagen würdest. Meinst du etwa, daß er mich dazu gebraucht hat?“
    „Genau das.“
    Barra kaute nachdenklich weiter. Die Soldaten hatten ihre Mahlzeit beendet und zerstreuten sich. Der Mond war nur noch als schmale Sichel zu sehen. Draußen in der Dunkelheit erklangen die Schreie von

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