TS 68: Die Stadt im Meer
sein?“
„Ja.“
Leutnant Donn war vom Wagen geklettert und gesellte sich zu ihnen. Während Zee unentschlossen am Ufer stand und hinüber sah, nahm Wolf plötzlich den Leutnant auf die Arme. Donn öffnete überrascht den Mund, um zu protestieren, überlegte es sich aber und blieb stumm. Der Mann durchwatete den Fluß, bis zur Taille im Wasser, und trug das Mädchen ans andere Ufer. Dann kam er zurück.
„Warum hast du das getan?“ wollte Barra wissen. „Sie kann gehen.“
Wolf zeigte auf die Verbände der anderen Verwundeten. „Trocken bleiben. Wasser nicht sauber.“ Und hob das zweite Mädchen auf, um auch sie hinüberzutragen.
Zee fuhr die Wagen hinüber.
Sie zogen weiter nach Westen und ließen sich nun Zeit. Zee hatte ein halbes Dutzend Soldaten als Nachhut nach hinten geschickt. Auch die Vorhut war wieder auf dem Posten, und der Flankenschutz nahm seine Plätze wieder ein …
Wochenlang gab es keinen weiteren Zwischenfall.
Zee und die Ärztin gingen wie gewöhnlich neben dem Wagen mit den Waffen, das Mädchen immer darauf bedacht, nicht neben dem Mann zu marschieren. Wolf und die Ärztin unterhielten sich lebhaft, wenn auch gebrochen. Zee schwieg. Nach und nach gelang es Barra, sein Alter auf etwa dreihundert Jahre festzulegen.
Die alten Gebäude, die er durchweg als älter als sich selbst bezeichnete, erregten ihre Neugier, aber er konnte sie nicht erklären. Sie waren immer dagewesen, und er wußte nicht, woher sie stammten. Die Erbauer hatten ein kleines Wunder vollbracht, als sie sie so haltbar bauten.
Sie vermißte die Archäologin Perri und bedauerte, daß sie tot war. Ihr Wissen war sehr nützlich gewesen.
Barra war überrascht, als sie eines Tages feststellte, daß sie schon einen ganzen Monat unterwegs waren.
„Hast du bemerkt, wie sich die Soldaten verändert haben, Zee? Und wir auch.“ Sie betrachtete befriedigt ihren bloßen Arm. „Sieh nur, wie braun! Die Sonne macht mich richtig glücklich!“
Zee antwortete abwesend: „Ja.“
„Ich könnte immer so weiterleben. Glaub’ mir, es wird uns allen schwerfallen, in die Kolonie zurückzukehren.“ Sie schüttelte sich. „Regen – Regen. Wie ich das hasse!“
Zee sah auf die Soldaten. „Ich fürchte, es wird Unruhe geben, wenn es so weit ist, Barra. Alle lieben dieses Land, dieses Klima.“
„Hmmm. Vielleicht. Aber, Zee, nun, da das Land erschlossen ist, müssen wir da nicht Patrouillen hier draußen lassen? Du wirst doch auch sicher die Wachen am Paß weiter nach Westen vorrücken?“
„Ja, ja, das habe ich mir vorgenommen. Wenigstens bis zum Tunnel, vielleicht sogar weiter. Wir werden diese schrecklichen Waffen nicht in der Nähe der Kolonie dulden. Nicht, bis wir sie bekämpfen können.“
Barra knurrte: „Kann man denn Feuer und Donner bekämpfen?“
Zee antwortete nicht.
„Leutnant Donn und ich haben neulich über diese Waffen gesprochen. Sie ist ein kluges Mädchen. Sie meint, daß zwischen den Waffen und dem, was die Zerstörung der toten Stadt verursacht hat, vielleicht ein Zusammenhang besteht. Natürlich müßten das größere Waffen sein.“
„Ich habe dauernd daran herumgerätselt“, gab Zee verteidigend zurück. „Ich kenne meine Pflicht. Ich habe mir überlegt, daß man außerhalb der Stadt ein Gerät aufgestellt haben könnte, das Felsbrocken in die Stadt geschleudert hat. Aber ich habe noch weiter gedacht.
Ich nehme an, daß die Zerstörung, die wir sahen, von einer Kombination dieser beiden Waffen bewirkt worden ist.
Stell dir mal vor“, fuhr sie lebhaft fort, „daß man dieses Gerät, daß die Steine schleudert, so baut, daß mit dem Steinwurf ein Blitz und ein Donnerschlag ausgelöst werden … nein …“ Sie zögerte und suchte nach einer besseren Idee. „Barra, ich hab’s! Das Feuer und der Krach sind in der Ladung, in dem Brocken, der geschleudert wird. Er explodiert erst, wenn er die Mauer trifft! Das ist die Lösung, Barra! So sind die Löcher in den Mauern entstanden!“
Barra versuchte, dem Gedankengang zu folgen.
Zee sagte: „Frag ihn nach dem Namen der Waffe.“
„Frag ihn doch selbst – er ist ja hier.“
„Frag ihn!“ fuhr sie auf.
Aber Barra kam nicht dazu.
„Kanone“, sagte Wolf ruhig.
„Kanone“, wiederholte Zee das fremdartige Wort. „Eine Kanone. Frag ihn, wie sie arbeitet.“
Wieder sprach der Mann, bevor Barra fragen konnte.
„Weiß nicht.“
Zee warf ihm einen kurzen, durchdringenden Blick zu. Sie spürte, daß er log, absichtlich log.
Die
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