TS 69: Im Kosmos verschollen
Umgebung zu erkunden.
„Sag ihm, er soll dich zur Erde bringen!“ beschwor ich Eve. „Es genügt, wenn ich als Geisel festgehalten werde.“
Eve rührte sich nicht. „Wenn etwas passiert, will ich bei dir sein, David. Entweder erreichen wir beide zusammen die Erde oder wir sterben hier auf diesem trostlosen Planeten.“
Die Möglichkeit, mein Leben auf diesem öden Planeten beenden zu müssen, war nicht besonders angenehm. Ich konnte nur hoffen, daß die verantwortlichen Behörden der Erde vernünftig reagieren würden.
Der Traktor wagte sich nicht aus dem Sichtbereich des Raumschiffes. Er zerrte eine halbkugelförmige aufblasbare Metallhaut auf die Ebene und holte dann den Sendemast aus der Luftschleuse. Wir hörten und spürten eine kleine Detonation. Das Loch für das Fundament des Mastes war in den harten Boden gesprengt worden. Alles ging sehr schnell vonstatten. Alle benötigten Einzelteile waren vorher angefertigt worden und brauchten nur aufgestellt zu werden. Die ganze Angelegenheit würde kaum eine Stunde dauern.
„Ihr werdet euren Leuten also sagen, daß wir mit friedlichen Absichten gekommen sind?“ fragte der Kapitän.
„Natürlich werde ich das tun. Dabei werde ich aber auf euer Vertrauen angewiesen sein. Ich werde morsen, und keiner von euch kann die Zeichen deuten.“
„Du wirst unseren Kode benutzen!“ befahl der Kapitän.
„Das wäre Unsinn. Die Zeichen würden auf der Erde nicht verstanden werden.“
Ich war entsetzt. Hatten die Karaner nicht darüber nachgedacht? Der Kapitän wandte sich seinen Offizieren zu und hielt eine kurze Konferenz mit ihnen ab. Das Resultat dieser Unterredung schien ihn nicht zu befriedigen, denn er kam wütend zu mir zurück.
„Meine Leute müssen euren Kode erst lernen. Du mußt ihnen alles erklären und außerdem vor jeder Sendung meine Genehmigung einholen!“
Hatten wir deshalb eine so weite Reise gemacht? Die Beschränkungen machten eine vernünftige Kommunikation mit der Erde von Anfang an unmöglich.
„Mißtrauen weckt wieder Mißtrauen, Kapitän“, sagte ich eindringlich. „Wenn ich mich den Leuten auf der Erde zu erkennen gebe, werden sie mich mit unzähligen Fragen bombardieren. Meine Rückkehr ist eine unfaßbare Sensation. Sie werden verlangen, daß ich euch beschreibe. Sie werden sich eingehend informieren wollen, bevor sie euch die Landegenehmigung geben. Die Menschen sind von Natur aus mißtrauisch. Wenn alle Antworten erst gründlich überlegt werden müssen, werden die Menschen ganz selbstverständlich Verdacht schöpfen. Wenn ihr mir nicht traut, können wir unser Vorhaben gleich aufgeben und nach Kara zurückkehren.“
Der Kapitän sank förmlich in sich zusammen. Er war offensichtlich überfordert und hatte auch Angst. Ich konnte ihn deshalb aber nicht verachten. Er fürchtete sich nämlich nicht vor der physischen Bedrohung, sondern mehr vor den unvermeidlichen Demütigungen. Die Erdenmenschen würden ihn und seinesgleichen als Monster ansehen. Die kleinste Unbeherrschtheit eines Menschen würde den Funken zünden und eine Welle hysterischer Furcht um die Erde jagen.
Trotzdem gab er nicht auf. Die Situation war anders als zu Beginn der Expedition; wir waren nun nicht mehr nur Geiseln, sondern erklärte Feinde.
„Wir versuchen Unmögliches“, sagte er überraschend ruhig und wandte sich ab.
Eve deutete auf die Luftschleuse. Die Kuppel war bereits aufgebaut, und die Antennen spannten sich vom Sendemast zu den luftdicht abgeschlossenen Einführungen in der Metallhaut der Kuppel.
„Wozu reden wir so lange?“ fragte sie. „Der Plan ist festgelegt. Der Kapitän kann auch nichts daran ändern.“
Zusammen mit einigen Wächtern verließen wir den Kontrollraum und begaben uns zur Luftschleuse. Der Kapitän rief uns noch eine letzte Warnung zu.
„Ihr seid unsere Geiseln! Wenn etwas Unvorhergesehenes passiert, werden die Soldaten euch töten!“
Noch während der Traktor über den gefrorenen Boden rumpelte, startete das Raumschiff und verschwand in den dunklen Tiefen des Alls. Die Begegnung zweier verschiedener Rassen stand unmittelbar bevor. Die Vorzeichen waren allerdings nicht günstig.
In der Luftschleuse der Kuppel sah Eve mich nachdenklich an. „Ist es dir jemals in den Sinn gekommen, wie schnell es zu einem Krieg kommen kann und wie schwer es ist, den Frieden zu wahren?“ fragte sie.
29.
Die auf die dünne Metallhaut der Kuppel trommelnden Eiskristalle überlagerten alle anderen Geräusche. Ich hatte den
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