TS 69: Im Kosmos verschollen
uns das Verlassen der Kabine verwehrte.
Bisher hatte man uns eine relative Freiheit zugestanden, aber nun waren wir Gefangene. Unsere Kabine war zu einer Gefängniszelle geworden. Die Karaner hatten Angst, also richteten sie ihre Maßnahmen gegen uns. Das war nicht gut, denn wir hatten kaum ein Viertel der Reise hinter uns. Eve sah mich an, und ich erwiderte ihren Blick; Mehr als acht Monate lagen noch vor uns, und während dieser acht Monate würden wir beide in einer engen Kabine leben müssen.
28.
Von zwei bewaffneten Posten bewacht, standen wir im Kontrollraum des Raumschiffes und blickten durch das große Fenster auf die stahlblaue, noch ziemlich verschwommene Oberfläche des PlanetenNeptun. Die hinter dem Neptun sichtbaren Konstellationen riefen heimatliche Gefühle in mir wach. Wie oft hatte ich diesen Himmel von der Erde aus betrachtet, ohne mir besondere Gedanken dabei zu machen?
Aber nicht die Erde war unser Ziel, sondern der Neptun, für die Karaner wie für uns gleichermaßen fremd und unheimlich. Die auf diesen Sonnenfernen Planeten auftreffenden Sonnenstrahlen waren bleich und kalt wie das Licht des Mondes. Noch war die Oberfläche nicht genau zu erkennen, aber die Instrumente des Raumschiffes tasteten jeden Quadratkilometer des Geländes sorgfältig ab.
„Wenn wir dort unten ein Raumschiff entdecken, werden wir wissen, daß wir in eine Falle geraten sind“, sagte der Kapitän des Raumschiffes finster. „Wir werden dann nicht lange fragen, woher die fremden Schiffe gekommen sind und was sie wollen.“
Mir war klar, daß die Karaner uns in einem solchen Fall sofort töten würden. „Ich habe euch doch gesagt, daß die Menschen sich nicht für diesen kalten, unwirtlichen Planeten interessieren. Ich glaube nicht, daß sie ihre Meinung inzwischen geändert haben. Wenn wir aber trotzdem zufällig auf ein Expeditionsschiff stoßen, sind wir dafür nicht verantwortlich zu machen.“
„Ihr werdet sterben!“ wiederholte der Kapitän. „Wenn sich zwei fremde Raumschiffe begegnen, kommt es allein auf Schnelligkeit an. Auf Verhandlungen werden wir uns nicht einlassen.“
Stunden vergingen. Das Raumschiff glitt in weiten Spiralen auf den Neptun hinab. Die Instrumente zeigten nur die Echos einer öden, gefrorenen Welt.
Bald konnten wir die Oberfläche deutlicher sehen. Unter einem schwarzen Himmel, nur schwach von den vielen Sternen und der fernen Sonne erhellt, lag ein gefrorener Ozean irrsinniger Formen. Da waren bizarre Pyramiden, tiefe Risse, gezackte in den Himmel ragende Klippen. Es hatte den Anschein, als wäre die Atmosphäre des Neptun noch im flüssigen Zustande zu dieser traumhaften Märchenwelt erstarrt.
„Ihr habt das gewußt, nicht wahr?“ fragte der Kapitän aggressiv. „Wie sollen wir hier landen?“
„Wir hatten keine Ahnung!“ antwortete ich bissig. „Ich habe oft genug erklärt, daß dieser Planet noch unerforscht ist. Wenn er euch nicht gefällt, können wir ja auf einem der inneren Planeten landen!“
„Die Station wird hier errichtet!“ sagte der Kapitän bestimmt. „Wir denken gar nicht daran, weiter in dieses kalte, unwirtliche System vorzudringen.“
Das Landemanöver wurde meisterhaft durchgeführt. In einem flachen Bogen schwebte das Schiff dicht über die Klippen hinweg.
Ich entdeckte ein ziemlich hoch gelegenes Plateau und machte den Kapitän darauf aufmerksam. „Dort müssen wir landen. Wir können die Radiostation unmöglich in einem der Einschnitte einrichten.“
Aus diesem Grunde war ich überhaupt in den Kontrollraum geholt worden. Ich sollte den Standort der Station bestimmen oder wenigstens geeignete Vorschläge machen.
Das Plateau lag zwischen einem hohen Randgebirge. Das schwache Sonnenlicht warf kilometerlange Schatten und machte den Gesamteindruck noch gespenstischer.
„Wenn etwas Unvorhergesehenes geschieht, werdet ihr sterben!“ drohte der Kapitän noch einmal.
„Wenn wir uns beide an die Abmachung halten, kann nichts passieren“, versuchte ich ihn zu beruhigen.
Die Landung war gar nicht so einfach, denn wegen des dicht über dem Boden dahinjagenden Schneetreibens mußte der Kapitän sich in der letzten Phase ganz auf die Instrumente verlassen. Endlich gab es einen sanften Stoß, und ein leichtes Knirschen verriet, daß das große Raumschiff sich in den verharschten Schnee bettete. Durch die Scheiben konnten wir kaum zehn Meter weit sehen.
Ein extra für diesen Zweck gebauter Traktor rumpelte aus der Luftschleuse, um die
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