TS 78: Operation Vergangenheit
„geht’s links ab.“
Die Katze schwenkte sofort ein, und Curd korrigierte die Fahrtrichtung mit einem Druck auf einen anderen Knopf.
„Du brauchst nur dieses Blinklicht im Auge zu behalten. Solange es regelmäßig aufblitzt, bist du auf dem richtigen Kurs. Kinderleicht, wie du nun selber feststellen wirst.“
Sie wechselten die Plätze. Ross Murdock rutschte hinter das Steuer und konzentrierte seinen Blick mehr auf das Blinklicht als auf die weiße Schneelandschaft.
Curd sah noch eine Weile zu, brummte dann zufrieden und lehnte sich zurück, um ein Nickerchen zu machen.
Es gab nicht viel zu tun. Praktisch saß Ross nur am Steuer und brauchte weder Gas zu geben noch einen Gang einzuschalten. Er unterdrückte ein Gähnen und gestaltete die Fahrt insofern abwechslungsreicher, als er willkürlich vom Kurs abwich, um die Katze wieder in die alte Bahn lenken zu können.
Während eines dieser Manöver erwachte Curd. Sie wechselten wieder die Plätze, und Ross machte es sich auf seinem Sitz so bequem wie möglich. Komisch, zuerst wollte er schlafen und durfte nicht, jetzt durfte er sich ein Nickerchen leisten und hatte keine Lust. Trotzdem hielt er die Augen geschlossen.
Zwei Meilen weiter spürte er, daß Curd sich bewegte. Curd glaubte wohl, er sei eingeschlafen. Ross sah im Schein der Schaltbrettbeleuchtung, daß er einen schmalen Gegenstand aus der Tasche zog, ihn gegen das Steuerrad hielt und mit der anderen Hand einen unregelmäßigen Rhythmus trommelte. Dann atmete er auf, als läge eine schwierige Aufgabe hinter ihm.
Kurz darauf hielt die Katze. Ross richtete sich auf, rieb verschlafen seine Augen. „Was ist los? Am Motor etwas nicht in Ordnung?“
Curd verschränkte seine Arme über dem Steuerrad. „Nein … Wir müssen hier warten.“
„Warten? Worauf? Soll uns vielleicht Kelgarries abholen?“
Curd lachte. „Der Major? Der soll nur kommen. Ich wünsche es sogar. Der würde eine schöne Überraschung erleben.“
Ross Murdock zuckte zusammen. Die Stimme von Curd hatte ihm noch nie besonders gefallen, jetzt gefiel sie ihm noch weniger. Wenn der Bursche hier auf Freunde wartete, dann waren die bestimmt nicht besser als er. Hatte Curd nicht gesagt: ,Hier beobachtet ein Staat den andern, und keiner will sich in die Karten blicken lassen’? Was war ich doch für ein Idiot, dachte Ross. Wenn ich mich schon freiwillig gemeldet habe, dann im Interesse meines Landes. Und jetzt werde ich gekidnappt, weil eine andere Macht an meiner Person interessiert ist!
„Haben deine Freunde Verspätung?“ fragte Ross Murdock, ohne sich seine düsteren Gedanken anmerken zu lassen.
„Wir haben nie Verspätung, Murdock!“
„Was heißt ,wir’?“
„Das wirst du schon sehen, Murdock! Es ist sinnlos, den Helden zu spielen. Wenn du weiterleben willst, tust du am besten das, was man von dir verlangt.“
Deutlicher konnte Curd kaum noch werden. Er mußte bewaffnet sein, sonst hätte er wohl kaum gedroht. Doch Ross Murdock musste den Helden spielen, da er keine Lust hatte, bei Curds Freunden auf der anderen Seite des Pols als Gefangener zu leben.
Mit jähem Ruck warf er sich nach links, drückte Curd gegen die Kabinentür und griff nach seinem Hals.
Für Curd kam dieser Angriff einigermaßen überraschend. Sein Selbstvertrauen war zu stark gewesen, er hätte lieber mißtrauischer sein sollen.
Die Kabine war eng. Hätte Ross keine Pelzmütze getragen, wären ihm ein Dutzend Beulen sicher gewesen. Es war gerade soviel Platz, um mit den Fäusten ausholen zu können. Curd boxte ohne System; Ross schlug seltener zu, doch mit Präzision. Es war nur vorteilhaft, daß er seine Handschuhe ausgezogen hatte.
Ross sah Curds rechte Faust auf sich zufliegen, duckte weg, stieß seine eigene Rechte vor und landete die Faust zu einem geradezu klassischen k. o. genau auf der Kinnspitze des Gegners.
Ross fesselte die Handgelenke des Bewußtlosen mit seinem Gürtel, zerrte ihn auf die andere Seite und nahm am Steuer Platz.
Wohin jetzt? Er hatte nicht die leiseste Ahnung. Auf alle Fälle mußte er von hier verschwunden sein, ehe Curds Freunde eintrafen. Am besten, er fuhr in die entgegengesetzte Richtung. Hoffentlich gehorchte ihm die Maschine, denn seine diesbezüglichen Kenntnisse beschränkten sich lediglich auf Steuerrad und Blinklicht. Würde es auch funktionieren, wenn er die Katze gewendet hatte?
Zurück? Ross wagte kaum daran zu denken. Aber er mußte über seinen eigenen Schatten springen. Wer vom Nordpol flüchten
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