TS 93: Der Unangreifbare
um zu glauben, daß andere es besser machen könnten.“
„Eine internationale Vereinigung könnte dieses Problem lösen.“
„Dazu ist es zu spät“, antwortete Vivienne. „Wir können keinem trauen. Außerdem ist die Lage für uns ganz angenehm. Wir haben eine eigene Lebensart und wollen uns nicht die Lebensart anderer Völker aufzwingen lassen. Sollen sich die Vereinigten Staaten einer internationalen Vereinigung unterwerfen? Diese Abzweigung haben wir verpaßt.“
Koskinen starrte auf das auf dem Arbeitstisch liegende Gerät.
„Dieses Gerät muß die Lösung bringen“, sagte er hoffnungsvoll. „Die Bomben haben relativ wenig Opfer gefordert; die meisten starben an den Folgen, an Hunger und Seuchen. Wir können die Menschen gegen die Nachwirkungen schützen.“
„Das hat Zigger auch schon begriffen. Er will seine Leute mit solchen Schutzschildern ausrüsten. Wenn sie sie haben, werden sie nicht mehr aufzuhalten sein. In zehn Jahren wird Zigger die untere Ebene von hier bis nach Kalifornien beherrschen und nach der offiziellen Welt greifen.“
„Und wir sollen ihm dabei helfen?“
„Genau das. Wir sollen die Erfindung noch verbessern. Das kann nicht allzu schwer sein.“
„Unmöglich!“ rief Koskinen verzweifelt aus. „Ich muß das Gerät in die richtigen Hände geben.“
„In die Hände der Sicherheitsabteilung?“
„Es sieht so aus.“
„Folglich also in seine Hände. Hugh Marcus wird gute Verwendung dafür haben. Denken Sie an Janio, Pete!“ Sie sah ihn bedauernd an. Wahrscheinlich erinnerte sie sich in diesem Augenblick an die Überwacher und schlug eine andere Tonart an. „Wenn es nicht Marcus ist, dann ein anderer. Diese Erfindung garantiert dem Besitzer Unverletzlichkeit. Wem möchten Sie diese Unverletzlichkeit geben: Marcus, einem chinesischem Diktator oder Zigger? Ich bin für Zigger“, schloß sie und steckte sich mit zitternden Händen die Zigarette in den Mund. „Zigger will nur Plunder. Die Seelen der Menschen interessieren ihn nicht.“
8.
Koskinen fuhr hoch. Er war aus einem schlechten Traum aufgeschreckt, weil die Beruhigungspille nicht mehr wirkte. Er lag in völliger Dunkelheit, nur das Zifferblatt der Uhr auf seinem Nachttisch schimmerte gespenstisch. Er hörte nur das Rauschen der durch die Ventilationsanlagen gepreßten Luft, spürte aber instinktiv, daß ein lautes Geräusch sein jähes Aufschrecken verursacht hatte. Er legte sich auf die Seite und wollte weiterschlafen, aber es gelang ihm nicht. Immer wieder mußte er an Viviennes Worte denken. Ihre Haltung hatte ihn stark beeindruckt und beunruhigt. Sie hatte ihre Jugend in einer vornehmen Schule verbracht und wenig von der Außenwelt gewußt. Natürlich hatte sie von den Armen und Elenden gehört und auch von den politischen Gegensätzen, aber all das war weit entfernt gewesen. Koskinens eigene Jugend war etwas anders verlaufen, aber die wesentlichen Eindrücke hatte er erst nach dem Krieg erhalten. Auch er war in einer isolierten Schule aufgewachsen und auf seine Aufgaben vorbereitet worden. Gleich nach der Ausbildung hatte man ihn mit einer Expedition zum Mars geschickt. Was er über die Welt wußte, stammte von den Lehrern, die ihm ein fertiges Weltbild vermittelt hatten. Erst jetzt mußte er sich mit der harten Wirklichkeit auseinandersetzen. Das Zusammentreffen mit der Wirklichkeit hatte aber einen Schock ausgelöst, von dem er sich nur langsam erholte.
Wer hat nun recht? fragte er sich. Er wollte gern richtig entscheiden, aber dazu fehlten ihm die Voraussetzungen. Gab es überhaupt einen Ausweg?
Er hatte den ganzen Tag mit Vivienne verbracht und Zeichnungen angefertigt. Er hatte ihr das Grundprinzip des Gerätes erklärt und über Verbesserungen gesprochen. Es gab anscheinend keinen anderen Weg, als Zigger zu gehorchen.
Koskinen war unzufrieden. Immer war er vom Schicksal und von Menschen herumgestoßen worden. Er hielt die Zeit für gekommen, nun selber zurückzuschlagen und den anderen seinen Willen aufzuzwingen. Er spürte aber den Ring mit der Sprengladung, der ihn immer wie eine würgende Hand an seine Lage erinnerte. Er hatte Pläne, aber die Durchführung dieser Pläne erforderte Zeit. Er wollte einen Käfig bauen und alle von außen kommenden elektrischen Impulse abschirmen. Bis zu diesem Zeitpunkt mußte er sich eben beugen und das böse Spiel mitmachen.
Ein Dröhnen ging durch den Boden, und ein starkes Rauschen kam durch die Klimaanlage.
Koskinen sprang aus dem Bett. War das
Weitere Kostenlose Bücher