TS 93: Der Unangreifbare
als Attaché einer Botschaft im Ausland zugeteilt. Ich arbeitete in Brasilien. Janio lebte dort als Ingenieur. Er war ein netter Bursche. Wir waren beide noch sehr jung. Brasilien hatte den Krieg recht gut überstanden, und die Leute wußten nicht viel von den Folgen der entsetzlichen atomaren Katastrophe. Janio ließ mich wieder aufleben, und die furchtbaren Erlebnisse verblaßten allmählich. Wir beide verstanden uns ausgezeichnet.
Dann kam es zu dieser Verschwörung. Die Sicherheitsabteilung war gegen die Ausbeutung eines Uranlagers. Sie begründete dies mit der mangelhaften Kontrolle in dem abgelegenen Gebiet. Sie befürchtete, ein Teil des Urans könnte gestohlen und zu Bomben verarbeitet werden.“
„Diese Inspektionen sind sehr schwierig“, sagte Koskinen. „Es gibt nicht genug qualifizierte Inspektoren. Die Chinesen wehren sich ständig gegen unsere Einmischung, und wir müssen es hinnehmen und uns auf die Kontrolle der wichtigsten Straßen und Anlagen beschränken. Wir haben einfach nicht genug Leute. Mögliche Gefahrenquellen müssen deshalb von vornherein beseitigt werden.“
„Das sehe ich alles ein“, antwortete sie. „In China haben wir es aber mit einer eigenständigen Regierung zu tun. In den meisten Ländern wird aber eine korrupte Regierung eingesetzt, und kein Mensch kümmert sich um die Bevölkerung, wenn nur die Sicherheit gewährleistet ist. Wir reden dauernd von Nichteinmischung, doch die Praxis sieht leider ganz anders aus. Ich war lange genug im diplomatischen Dienst und kenne mich aus.
Sie erinnern mich in gewisser Weise an Janio“, fuhr Vivienne fort. „Die Bergwerke hätten vielen Leuten Arbeit geben können. Ein paar Leute wollten sich nicht länger bevormunden lassen und planten einen Staatsstreich. Sie wollten die Marionettenregierung stürzen und den Yankees endlich die Wahrheit sagen. Die Sache mißlang natürlich, und die Verantwortlichen wurden sämtlich gefangen. Janio wurde auch verhaftet, obwohl er nichts damit zu tun hatte.
Wir wurden nach Washington gebracht. Ich wurde nicht verhaftet, aber ich wollte bei Janio bleiben und seine Unschuld beweisen. Janio wurde mit Drogen behandelt und verhört. Das hätte seine Unschuld beweisen müssen. Dann tauchte ein Zeuge auf und beschwor, Janio bei den Versammlungen der Putschisten gesehen zu haben. Wir schworen das Gegenteil, aber man lehnte unsere Proteste ab. Janio wurde erschossen. Ich selber wurde als Mittäterin angeklagt, aber man billigte mir mildernde Umstände zu und gewährte mir eine Bewährungsfrist. Wahrscheinlich kam ich so gut davon, weil Wissenschaftler knapp sind.
Jahre später nahm ich an einer Gesellschaft hoher Regierungsfunktionäre teil und erfuhr etwas sehr Interessantes. Bei den Verhören war Janios Unschuld festgestellt worden. Die Beamten hatten aber auch seine antiamerikanische Einstellung entdeckt und ihn deshalb als potentiellen Gegner eingestuft. Sein Tod war also eine Präventivmaßnahme. Der Beamte erzählte mir das alles, weil er angetrunken war und die eigentlichen Zusammenhänge nicht kannte. Nach seiner Meinung mußte Johnny sterben, bevor er Schaden anrichten konnte.
Ich konnte diese Grausamkeit nicht ertragen und ging nach unten. Ich wollte mich umbringen lassen, aber das Schicksal wollte es anders. Zigger wurde auf mich aufmerksam und ließ mich einfangen. Es war eine glatte Entführung, aber mir war das damals gleichgültig.“
Vivienne zündete sich eine neue Zigarette an und lehnte sich müde an den Arbeitstisch.
„Das konnte ich nicht wissen“, sagte Koskinen teilnahmsvoll.
„Macht nichts. Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen. Ich muß es tun, weil ich Sie mit meinen Sorgen belästige.“
„Das ist nur natürlich.“ Koskinen wurde nachdenklich. „Wahrscheinlich liegt der Mißbrauch im Wesen der Macht.“
„Eben deshalb muß die Macht begrenzt werden.“
„Das ist nicht einfach, Vivienne. Die Sicherheitsabteilung könnte nicht arbeiten, wenn ihre Macht beschränkt wäre. Der Schild kann diese Art der Absicherung überflüssig machen.“
„Davon bin ich nicht überzeugt“, antwortete sie. „Wenn wir eine sehr große Einheit bauen, können wir uns sogar vor Atombombenexplosionen schützen. Was soll aber geschehen, wenn die Bombe innerhalb des Schutzgürtels zur Explosion gebracht wird? Es gibt noch andere furchtbare Waffen: Gase, Bakterien und so weiter. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, Pete. Ich hasse Marcus und seine Leute, aber ich bin nicht naiv genug,
Weitere Kostenlose Bücher