TS 93: Der Unangreifbare
an. „Kann solch ein Schild einer Atomexplosion widerstehen?“
„Noch nicht. Wir werden aber größere Einheiten bauen und ganze Städte und Länder damit ausrüsten. Wenn solche Schilde mit Radargeräten gekoppelt werden, können sie ein ausreichender Schutz sein. Die einzige Gefahr kann dann von innen drohen. Aber das Einschmuggeln von Bomben oder die geheime Herstellung wird sich gewiß verhindern lassen.“
„Idealisten können furchtbar gefährlich sein“, murmelte Marcus. „Sie sind ein Idealist, Koskinen. Sie sind ein Träumer und sehen an der Wirklichkeit vorbei. Es gibt Millionen von Chinesen, und es werden tagtäglich mehr. Wir können die Chinesen im Notfall völlig vernichten, und das Wissen um diese Tatsache hält sie nieder. Was wird aber geschehen, wenn sie sich wirksam schützen können? Unsere furchtbaren Waffen werden dann keinen Wert mehr haben.“
„Wäre das nicht wunderbar? Aber wovor fürchten Sie sich eigentlich? Die Chinesen können uns nichts anhaben; wir brauchen nur eine genügend große Barriere aufzurichten. Sie können dann nicht über die Behringstraße oder über den Pazifik. Wir können die Horden aufhalten, ohne einen einzigen Menschen töten zu müssen. Dazu ist nur ein großer Generator nötig, den wir irgendwo aufbauen und im Felsen verankern.“
Koskinen beobachtete Marcus’ Gesicht, das sich deutlich veränderte. Sah er ein, daß auf diese Weise alle Feindseligkeiten im Keim erstickt werden konnten? Eine jähe Hoffnung flammte in Koskinen auf.
„Verstehen Sie bitte, was ich meine. Es wird keine Kriege mehr geben. Es bedarf einer starken Regierung und eines verführten oder eingeschüchterten Volkes, um überhaupt einen Krieg entfachen zu können. Kann es überhaupt noch starke Regierungen, ja, Nationen geben, wenn jeder Mensch sein freier Herr ist und keinen anderen zu fürchten braucht? Wang ist erledigt. In wenigen Monaten wird er vielleicht hinter seiner Barriere hecken und für immer unschädlich sein. Auch die Chinesen sind keine Freunde der Diktatur. Das Protektorat gab den Diktatoren immer gute Argumente. Damit wird es bald vorbei sein. Die Menschen werden keiner Regierung mehr gehorchen und erst recht keiner Diktatur. Sie werden frei sein und endlich in Ruhe und Frieden leben können. Die Tage des Zentralismus und der Diktatur werden bald vorüber sein.“
„Aber nicht nur in China“, murmelte Marcus betroffen.
„Nicht nur in China. Auch hier ist ein Wechsel längst überfällig“, antwortete Koskinen.
„Sie wollen die Anarchie?“
„Nur die Freiheit, Sir. Das bedeutet Verwaltung, nicht Regierung, Unabhängigkeit und Entscheidungsfreiheit. Ein Mann wird wieder nein sagen können, wenn er die Forderungen der Gesellschaft oder der Regierung für anmaßend hält. Und keiner wird diesem Mann etwas anhaben können. Wir werden bald wieder freie Menschen sein und wie unsere Vorväter leben.“
Koskinen sah den dicht vor ihm stehenden Mann herausfordernd an. „Ich kann mir vorstellen, wie Ihnen jetzt zumute ist“, fuhr er fort. „All Ihre Arbeit war vergeblich. Sie haben an Ihre Berufung geglaubt und sehen nun alles dahinschwinden. Es gibt genug Aufgaben, die sich ein Mann stellen kann. Sie können helfen, den Übergang so schnell und reibungslos wie möglich zu gestalten. Vielleicht werden Sie sich sogar an das neue Leben gewöhnen. Die Freiheit wird das Leben wieder aufblühen lassen. Was wir jetzt haben, ist eine triste Militärdiktatur, die jede Initiative erstickt. Besinnen Sie sich, Sir!“
Marcus rührte sich nicht von der Stelle.
Endlich sah er auf. „Jetzt ist Schluß!“ rief er wütend. „Wenn Sie sich nicht sofort ergeben, werde ich Ihnen keine Chance mehr geben!“
Koskinen wollte etwas erwidern, erkannte aber in den Augen des anderen, daß es zwecklos war. Er drehte sich um und ging langsam zum Bunker zurück. Müde und zerschlagen kletterte er zu Vivienne hinunter. Sie hatte schon eine Lampe eingeschaltet und erkannte bereits an seinem Gesichtsausdruck, was geschehen war.
„Das hätte ich dir vorher sagen können, Pete. Männer wie Marcus gehen ihren eigenen Weg und sehen nur ihr Ziel.“ Sie öffnete ein Paket und nahm Lebensmittel heraus. Koskinen setzte sich auf eine Kiste und stützte den Kopf auf die Hände.
„Du mußt etwas essen, Pete. Ich wollte dir zwar ein schönes Mahl zubereiten, aber daraus ist leider nichts geworden. Vielleicht kann ich es später einmal nachholen.“
„Später?“ Er lachte bitter
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