TS 95: Der Weltraum-Krieg
Logikschaltung sagte, er könne im Freien weitaus schneller geortet werden als dicht über dem Boden.
Nach fünf Minuten kam EC-1 vor dem Sockel eines dünnen Turmes an. Er stellte fest, daß sich das gesuchte Gehirn am oberen Ende des Turmes, und zwar innen, befinden mußte.
EC-1 versuchte, die Türen zu öffnen. Im Innern des Gebäudes wäre er vor jeglicher Ortung sicher gewesen. Aber die Tür reagierte nicht auf die quanten-elektronischen Befehlsimpulse seines Gehirns. Demnach mußte der Öffnungsmechanismus auf völlig anderer Basis funktionieren, was angesichts der Tatsache, daß die Piriit Telekineten waren, EC-1 nicht verwunderte.
Es blieb dem Zwerg-Robot also nichts weiter übrig, als an der gläsernen Wand nach oben zu kriechen. Er tat es äußerst behutsam, denn hinter der Wand befanden sich unzählige Räume, in denen wiederum Hunderte von Piriit irgend einer undefinierbaren Tätigkeit nachgingen. Er mußte auch jegliches Geräusch vermeiden, denn wie er sehr schnell feststellte, waren die Glaswände, wenn es sich überhaupt um Glas handelte, nahezu hundertprozentig schalldurchlässig. Andererseits sagte ihm seine Logikschaltung, daß dies gleichzeitig die beste Lösung war, wie er seine akustische Botschaft anbringen konnte. EC-1 verfügte nämlich über keine Vorrichtung, mit der sich eine hoch so schwache Wand durchdringen ließ und hatte die ganze Zeit erfolglos darüber nachgedacht, wie er zu der Person, die Träger des gesuchten Gehirns war, vordringen sollte.
Diese Schwierigkeit war nunmehr gegenstandslos.
EC-1 brauchte vor der entsprechenden Glaswand nur seinen Lautsprecher zu aktivieren und die Botschaft zu sprechen. Es sei denn, er wurde vorher von einem der Piriit entdeckt.
EC-1 hatte Glück. Niemand bemerkte ihn, wie er gleich einer Riesenschnecke Stockwerk um Stockwerk überwand. Sobald sich ein Pirat dem Fenster zudrehte, verharrte er reglos. Danach setzte er unbeirrt seinen Weg fort.
Endlich war das Ziel erreicht.
EC-1 preßte sich fest gegen die Glaswand und beobachtete den einzelnen Terraner, der mit gesenktem Kopf auf einem Sessel hockte und geistesabwesend die Zigarette in seiner Hand verbrennen ließ.
EC-1 sandte seinen Ruf aus.
Zuerst konnte er keine Reaktion erkennen. Dann zuckte der Terraner zusammen und warf den Kopf nach hinten. EC-1 konnte sich nicht wundern, denn dazu hätte er menschliche Gefühle haben müssen, aber er registrierte doch, daß die Reaktion des Mannes nicht dem entsprach, was man von jemandem erwartet, der eine wichtige Meldung erhält.
EC-1 überprüfte die Impulsfolge seiner Botschaft. Dazu gab es nur ein Mittel: den Ruf noch einmal aussenden. Und dabei stellte EC-1 etwas fest, das Alarm in seiner Quanten-Elektronik auslöste. Der Ruf, der aus dem Lautsprecher drang, entsprach völlig dem Speicherimpuls, der ihn auslöste – bis auf eine Kleinigkeit: Die Modulation hatte sich verzerrt. EC-1 suchte die Ursache – fand sie aber nicht. Er zog daraus den Schluß, daß der Zwischenfall mit dem Gleiter eine Beschädigung oder, besser ausgedrückt, Verschiebung im fünf-dimensionalen Modulationsfeld hervorgerufen hatte.
Für EC-1 bestand keine Möglichkeit, diese Verschiebung rückgängig zu machen. Seine Erbauer hatten des Platzmangels wegen keine selbständige Reparaturschaltung einbauen können.
EC-1 tat das einzige, was ihm in seiner Situation blieb. Er sandte seinen Ruf wieder und wieder aus, hoffend, daß der Terraner ihn nur oft genug hören müsse, um sich einen Reim darauf machen zu können.
Der aber reagierte völlig unverständlich. Zuerst krümmte er sich wie unter starkem physischem Schmerz, dann rutschte er langsam von seinem Sessel und blieb eine Weile reglos liegen. EC-1 überlegte, ob sein Ruf dem Menschen schaden könne. Sein Logiksektor jedoch verneinte dies. Schallwellen waren für Menschen völlig unschädlich. Dennoch schwieg EC-1 eine Weile.
Nach genau sechs Minuten, dreiundzwanzig Sekunden hob der Terraner den Kopf. Er schien EC-1 zu sehen oder vielmehr dessen sichtbares Gehirn. Mit schleppenden Bewegungen kroch er auf die Glaswand zu, an der EC-1 klebte. Dort stützte er sich auf und preßte das Gesicht gegen die Wand.
Währenddessen überlegte EC-1 sein weiteres Vorgehen. Das Ergebnis hätte nicht schlechter sein können, wenn EC-1 ein organisches Gehirn besessen hätte. Es gab nämlich nur eine einzige Möglichkeit, sich doch noch verständlich zu machen.
EC-1 brüllte den Ruf mit höchster Lautstärke hinaus.
Die
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