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TS 97: Das Mittelalter findet nicht statt

TS 97: Das Mittelalter findet nicht statt

Titel: TS 97: Das Mittelalter findet nicht statt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. Sprague de Camp
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dann tun? Erfindungen waren die Triebfeder einer jeden technischen Entwicklung. Aber selbst in seiner eigenen Zeit war das Los berufsmäßiger Erfinder schwer gewesen.
    Immerhin, er hatte die Kunst des Destillierens und des Metallrollens eingeführt und ebenso die arabischen Ziffern. Aber so viel war zu tun, und nur ein Leben stand ihm dafür zur Verfügung.
    Was also? Geschäft? Damit hatte er bereits begonnen, obwohl er nicht von Haus aus ein Geschäftsmann war. Politik? In einer Zeit, wo das schärfste Messer den Sieg bestimmte und keinerlei Moralbegriffe zu gelten schienen? Nein, lieber nicht!
    Wie also den Einbruch dieses finsteren Zeitabschnittsverhindern? Das Imperium hätte vielleicht länger zusammengehalten, wenn es bessere Kommunikationsmittel gekannt hätte. Aber das Imperium war zumindestens im Westen hoffnungslos zerschlagen, und Italien, Gallien und Spanien stöhnten unter dem Joch ihrer barbarischen Garnisonen.
    Es mußte also ein schnelles Kommunikationssystem geschaffen und die Druckerkunst ins Leben gerufen werden. Nicht einmal der zerstörungswütigste Barbar kann das geschriebene Wort aus einer Kultur austilgen, in der von einem Buch mindestens fünfzehnhundert Exemplare gedruckt werden!
    Er, Martin Padway, würde also ein Drucker werden!
     
    *
     
    Seine Druckerpresse, an deren Konstruktion und Herstellung er sich nach der Aufnahme eines Kredits von fünfhundert Solidi von dem trefflichen Tomasus gemacht hatte, erwies sich als relativ einfache Aufgabe. Ein Tischler im Lagerhausdistrikt versprach ihm, binnen ein paar Wochen eine solche Presse zu bauen, wenn er auch eine nicht unnatürliche Neugierde hinsichtlich Padways Absichten mit diesem eigenartigen Gebilde zeigte. Aber Padway hüllte sich in Schweigen.
    Als Auflage benutzten sie ein Stück Marmor, das sie von einer zerbrochenen Säule sägten und auf Räder stellten.
    Wegen der Typen verhandelte Padway mit einem Siegelschneider, den er beauftragte, ihm einen Satz Bronzetypen zu schneiden. Zuerst hatte ihn die Erkenntnis erschreckt, daß er zehn- bis zwölftausend Typen brauchen würde, denn er konnte schließlich keine Typengießmaschine bauen und würde deshalb direkt von den Typen drucken müssen. Er hatte gehofft, in griechischer und gotischer Sprache ebenso wie in lateinischer drucken zu können, aber die lateinischen Typen allein kosteten ihn runde zweihundert Solidi. Der erste Probesatz, den der Siegelschneider herstellte, erwies sich als falsch, da die Typen nicht im Spiegelbild angefertigt worden waren, und mußte wieder eingeschmolzen werden.
    Der Gedanke, eigenes Papier herstellen zu müssen, erschreckte Padway. Er hatte nur eine höchst vage Vorstellung von der Papierherstellung, wußte jedoch, daß es ein höchst komplizierter Prozeß war. Papyrus war zu spröde und glatt, und außerdem war davon in Rom nicht genügend vorhanden.
    Blieb also Pergament. Padway stellte fest, daß eine Gerberei auf der anderen Tiberseite als Nebenprodukt kleine Mengen Pergament herstellte. Es wurde aus den Fellen von Schafen und Ziegen gewonnen, indem man diese Felle schabte, wusch, spannte und schliff. Der Preis schien Padway vernünftig, und er verblüffte den Besitzer der Gerberei, indem er auf einen Schlag tausend Blätter bestellte.
    Glücklicherweise wußte er zufällig, daß Druckerschwärze aus Lampenruß und Leinöl hergestellt wurde. Der einzige Nachteil war, daß das von ihm so entwickelte Gemisch zum Drucken nichts taugte.
    Padway begann langsam wegen seiner Finanzen nervös zu werden; seine fünfhundert Solidi schmolzen zusammen, und seine Sorge wurde so offensichtlich, daß bereits die Arbeiter hinter seinem Rücken darüber tuschelten, aber er gab den Mut nicht auf und experimentierte weiter an seiner Druckerschwärze. Schließlich kam er auf den Gedanken, etwas Seife beizumischen.
    Mitte Februar schlenderte Nevitta Gummunds Sohn in seine Werkstätte. Der Gote schlug Padway so kräftig auf den Rücken, daß er beinahe zu Boden gestürzt wäre.
    „Soso!“ rief er mit dröhnender Stimme. „Jemand hat mir von diesem Getränk verpaßt, das du verkaufst, und ich. erinnerte mich an deinen Namen. Da dachte ich daran, dich einmal zu besuchen. Sag’ mal, du hast dich für einen Fremden ja erstaunlich schnell etabliert. Tüchtiger junger Mann, was? Haha!“
    „Möchtest du dich umsehen?“ lud Padway ein. „Ich muß dich nur bitten, meine Methoden nicht weiterzuerzählen. Es gibt hier kein Gesetz, um Ideen zu schützen, also muß ich

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