Tschoklet
Bildern.«
Der MP kam mit einem dicken, zerfledderten Ringbuch aus dem Wagen zurück und fing an, darin zu blättern.
»Sehen Sie? Hier steht eine kleine Nummer hinter dem Namen, im Anhang finden wir das Bild dazu.« Er wies auf einen willkürlichen Namen.
»Wahnsinn! So viele?« Der Private staunte mit offenem Mund, als er die Seiten mit den kleinen Bildchen erblickte.
»Das sind noch längst nicht alle! Es gibt ein Zentralarchiv in Frankfurt, dort haben sie Zehntausende Fahndungsprofile. Wir haben hier nur die Ausgabe für Südwestdeutschland. In Mannheim hatten sich kurz vor Kriegsende neun leitende Parteifunktionäre der NSDAP erhängt, um sich der Verhaftung durch uns zu entziehen. Die standen auch alle hier drin. Leider sind die meisten noch Lebenden wohl inzwischen untergetaucht oder haben sich ins Ausland verdrückt.« Der Lieutenant machte sich in dem Buch auf die Suche. Nach einiger Zeit hatte er endlich das richtige Register gefunden.
»I… J… K… Ke… Ki… Ko… Kogge… Kogler… Kohlenbauer … Kohler, E., Hauptmann, Waffen-SS, Berlin-Zehlendorf, geboren 1896. Nein, der ist zu alt. Hier, Kohler, E., Hauptfeldwebel, Waffen-SS, geboren 1912, Unterscharführer in Reims/Frankreich bis August 1944, Hinrichtungen von Zivilisten. Kategorie drei. Gefallen oder desertiert. Keine namentliche Nennung in Deutschland seit 1. Mai 1945, Paragrafen zwei, drei und neun der neuen alliierten Rechtsprechung. Der passt! Schade, leider kein Foto.«
Der deutsch sprechende Staff Sergeant sah den Gefangenen scharf an. Dann riss er ihm den Knebel aus dem Mund. Ein Schwall Blut ergoss sich auf das gestreifte Hemd und Edgar krümmte sich zusammen. Als nächstes zog der Amerikaner ein kleines Klappmesser hervor, öffnete es und durchtrennte die Knopfreihe von Edgars Hemd. Danach packte er dessen Handgelenke und riss sie trotz lautstarker Proteste und Schmerzensschreie des Mannes nach oben. In der linken Achselhöhle fanden die Polizisten, wonach sie gesucht hatten: die eintätowierte Blutgruppe, ein allgemein übliches Indiz der Eliteeinheiten.
»Mister Edgar Kohler, Sie sind hiermit wegen illegalem Waffenhandel und weiteren Kriegsverbrechen festgenommen. Sie werden einem alliierten Militärgericht vorgeführt und können sich dort zu den Anschuldigungen äußern.«
Edgar sah den Polizisten hasserfüllt an und spuckte ihm eine Ladung Blut und Spucke ins Gesicht.
»Leck mich!«
Der Bespuckte riss regungslos seinen Holzknüppel aus dem Gürtel und versetzte dem Knecht einen Schlag in den Leberbereich, worauf Edgar nach vorne in den Staub fiel und sich unter Schmerzen krümmte. Dann wischte er sich das Gesicht seelenruhig mit einem sauberen Taschentuch ab.
»Captain, kommen Sie mal mit, ich muss mit Ihnen sprechen.«
»Okay. Was gibt es denn?«
»Lassen Sie uns etwas laufen.«
Edwards zündete sich eine Lucky Strike an. Neugierig sah er den Polizisten von der Seite an. Das Profil kam ihm irgendwie bekannt vor.
Der fremde Staff Sergeant ging die ersten fünfzig Meter langsam und bedächtig, als wolle er seine Worte vorsichtig wählen. Mal steckte er eine Hand in die Hosentasche, dann wiederum faltete er beide Hände hinter dem Rücken. Schließlich räusperte er sich, blieb stehen und starrte auf den Boden. »Wissen Sie, wer ich bin, Sir?«
Edwards sah ihn erneut von der Seite an, die Zigarette im Mundwinkel, die Hände in den Hosentaschen. »Sie kommen mir bekannt vor, aber im Moment kann ich Sie noch nicht zuordnen.«
»Sir, mein Name ist Huckleby, Samuel S. Huckleby. Mein kleiner Bruder Gordon ist in Ihrem Team. Leider habe ich ihn noch nicht gesehen, ist er hier nicht dabei?«
Edwards musterte ihn erstaunt. Im ersten Moment wusste er nicht, was er sagen sollte. Er räusperte sich, nahm einen tiefen Zug aus der Zigarette, verschluckte sich und bekam einen heftigen Hustenanfall. Als er mit einem hochroten Kopf wieder Luft bekam, konnte er den besorgten Blick des älteren Bruders sehen.
»Alles in Ordnung mit Ihnen, Sir?«
»Ja. Ich habe mich gerade verschluckt. Filterlose Zigaretten, Sie verstehen? Entschuldigung.« Edwards japste keuchend nach Luft und wischte sich mit der Hand über das verschwitzte Gesicht.
»Es hatte sich zufällig ergeben, dass wir in der Nähe waren. Wir haben bei Heidelberg einen ermordeten Scharfschützen der Marines gefunden. Das Gewehr war nicht mehr da. Da wir aber Informationen aus Schwetzingen bekamen, dass Sie aus einem Gewehr dieser Art beschossen wurden, haben wir uns auf
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