TTB 105: Das große Abenteuer des Mutanten
zweimal wurde sie in die entgegengesetzte Richtung zurückgeworfen.
Fors legte das Seil in Schleifen. Als schließlich die Stute mit entsetzt aufgerissenen Augen durch das Loch in der Mauer brach, warf er das Seil hinab und schlang gleichzeitig das andere Ende tun einen rostigen Eisenträger, der aus dem Mauerwerk ragte. Der Schrei des erregten Hengstes, der das Tal entlang herangedonnert kam, fuhr ihm in die Glieder. Er verstand nicht viel von Pferden, aber er ahnte, daß er sich jetzt in Gefahr befand.
Doch der Hengst kam nicht bis zur Ruine. Direkt über ihm schoß Lura aus dem Gebüsch, hieb mit grausamen Pranken zu und jagte ihn fauchend davon.
Fors lehnte sich an einen Trümmerhaufen. Jetzt hatte er sie, die Stute, mit einem Strick um den Hals, der all ihrem Aufbäumen, ihren Versuchen, sich loszureißen, standhalten würde. Aber wie sollte er bei diesem sich wie wild gebärdenden Tier mit seinem lahmen Bein aufsitzen?
Nach einer Weile ließen die Kräfte der Stute nach. Sie stand mit gesenktem Kopf; nur ein Schauer lief hier und da über die schweißnassen Flanken. Fors rührte sich nicht, begann aber, ihr leise und beruhigend zuzusprechen. Dann hinkte er ein paar Schritte näher. Sie warf den Kopf hoch und schnaubte. Doch er sprach weiter, immer in demselben, monotonen Singsang. Schließlich war er nahe genug, um ihr rauhes Fell zu berühren, und dabei fuhr er zusammen. Auf dem Fell des Tieres entdeckte er verwaschene Farbe! Also war es das Tier eines Präriebewohners und zugeritten! Fors schluckte. Soviel Glück kam ihm fast verdächtig vor. Jetzt wagte er es auch, der Stute die Nüstern zu streicheln. Sie zitterte; dann wieherte sie. Er tätschelte ihren Rücken, und sie gab ihm spielerisch einen Nasenstüber. Fors lachte und zupfte an der wirren Stirnlocke des Tieres.
»Jetzt erinnerst du dich, was, altes Mädchen? Brav, brav!«
Blieb noch Lura, ein Problem, das so schnell wie möglich gelöst werden mußte. Er machte das Seil los und zog vorsichtig. Die Stute folgte ihm willig nach draußen. Witterte sie denn nicht die Katze? Vermutlich nicht, weil seine Kleider naß waren.
Er band die Stute an einen Baum und pfiff wieder den Vogelruf. Die Antwort kam unten aus dem Tal. Lura folgte wohl der Herde. Fors sprach leise auf die Stute ein und wartete. Dann rieb er ihre Flanken mit Gras ab. Auf einmal fuhr sie zusammen und zitterte; er drehte sich um.
Hinter ihm saß Lura, den Schweif säuberlich um die Vorderpfoten geringelt. Sie gähnte, als interessiere sie sich nicht im geringsten für das Tier, das ihr Kamerad so liebevoll tätschelte.
Die Stute wich zurück, soweit es das Seil zuließ, und verdrehte die Augen. Lura ignorierte ihre Angst. Sie erhob sich, streckte sich und schritt würdevoll auf das Tier zu. Die Stute stieg und wieherte. Fors wollte Lura zurückdrängen, doch die große Katze stolzierte langsam im Kreis um das Pferd und inspizierte es von allen Seiten. Die Stute ließ sich wieder auf alle vier Beine fallen und drehte sich, die Katze immer im Auge, um sich selber. Sie war offenbar verblüfft, daß der erwartete Angriff ausblieb.
Vielleicht verständigten sich die Tiere irgendwie, denn Lura wandte sich gleichgültig ab, und die Stute hörte auf zu zittern. Nach einer Stunde hatte Fors aus dem Seil einen Zügel und aus der Decke einen Sattel improvisiert. Er kletterte auf einen Steinhaufen und legte das gesunde Bein über den Rücken der Stute.
Ihr Besitzer hatte sie gut zugeritten. Ihr Gang war so gleichmäßig, daß Fors, ungeübt wie er war, sich im Sattel halten konnte. Er lenkte das Tier zurück auf die Straße, die ihn ins Tal geführt hatte.
Nach einer Weile gaben die Hufe der Stute einen anderen Ton auf dem Grund, und Fors, der in Gedanken versunken gewesen war, blickte auf. Überall lagen Trümmerhaufen, die Reste ehemaliger Gebäude, und das Pferd suchte sich vorsichtig einen Weg über Straßenpflaster, in das lange, rostige Schienen gebettet waren. Fors hielt an. Die Ruinen lagen immer dichter beisammen und wurden immer größer. Eine Stadt, vielleicht sogar eine größere.
Es lag etwas in der Atmosphäre dieser Ruinen, das ihn nervös machte, etwas, das ihn an den zerstörten Konvoi denken ließ. Es hing trotz des ständigen Regens in der Luft wie Nebel.
Nebel – jawohl, es war tatsächlich neblig! Schmutziges Weiß zog um die verrotteten Balken und Trümmerhügel, dick und irgendwie Angst einflößend. Dieser Umstand setzte der Reise für heute ein Ende. Fors
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