TTB 105: Das große Abenteuer des Mutanten
unmöglich für einen Anfänger, noch dazu für einen verwundeten! Trotzdem wurde, entgegen aller Vernunft, der Wunsch nach einem Pferd immer stärker in ihm.
Lura war auf die Jagd gegangen. Fors zog sich hoch und biß vor Schmerzen die Zähne zusammen. Er brauchte einen Stock, wenn er sich fortbewegen wollte. In Reichweite fand er einen kräftigen Ast, der fast gerade war, und schnitt ihn mit seinem Messer zurecht. Mit seiner Hilfe konnte er umherhumpeln, und je mehr er sich bewegte, desto gelenkiger wurde sein Bein. Als Lura mit einem fetten Truthahn zurückkehrte, war Fors besserer Laune und freute sich aufs Frühstück.
Doch als sie aufbrachen, war seine Marschgeschwindigkeit erschreckend gering. Instinktiv schlug Fors den Weg ein, der ehemals den Bauernhof mit der Straße verbunden hatte, und wanderte, schwer auf den Stock gestützt, langsam zwischen den wuchernden Büschen dahin.
Lura klagte ständig über das Wetter und das langsame Vorwärtskommen, doch sie unternahm keine Streifzüge wie sonst, sondern hielt sich dicht bei ihrem Freund. Und Fors sprach ständig auf sie ein.
Als der Weg in die Straße mündete, ging er auf dieser weiter, da sie in die gewünschte Richtung führte. Lura lief als Pfadfinder vor ihm her und machte immer wieder einen kurzen Abstecher in die Büsche.
Auf einmal kam sie aus einem Gestrüpp hervorgejagt und drückte Fors mit ihrem Körper sanft auf den Graben zu, der neben der Straße lag. Er verstand die Warnung und gehorchte ihrem Drängen, so schnell er konnte. Und kaum lag er flach an den schmierigroten Lehmboden gepreßt, da hörte er schon das Hufgetrappel, lange bevor die Herde in Sicht war. In ruhigem Trab kamen die Tiere die alte Straße entlang. Es waren Wildpferde ohne die aufgemalten Eigentumszeichen der Präriebewohner. Mehrere Stuten mit Fohlen waren dabei, ein paar Jährlinge und ein schnaubender, mit Kampfnarben bedeckter Hengst.
Eine Stute jedoch hatte kein Fohlen. Ihr rauhes, ungepflegtes Fell war dunkelrot, der verfilzte Schwanz und die Mähne tiefschwarz. Immer wieder blieb sie zurück und knabberte genüßlich am Laub, ein Verhalten, das ihr einen derben Anrempler des Hengstes eintrug. Sie wieherte, schlug aus und galoppierte davon, der Herde weit voraus. Fors sah ihr wehmütig nach. Hätte er zwei gesunde Beine gehabt, wäre die Stute genau das Richtige für ihn gewesen. So aber mußte er sich den Gedanken aus dem Kopf schlagen.
Jetzt verschwand die Herde um eine Biegung. Mühsam kletterte Fors auf die Straße zurück. Lura trippelte ungeduldig mit den Vorderpfoten hin und her und sah den Tieren nach. Für sie waren sie einfach Fleisch, lecker und saftig. Nur zu gern hätte sie ihnen nachgesetzt. Aber auch Fors konnte die eigenwillige Stute nicht vergessen.
Bereits nach einer knappen Stunde trafen sie die Herde wieder. Die Straße fiel plötzlich ab in ein Tal. Auf dem Talgrund wuchs hohes, fettes Gras, und dort weidete die Herde, während der Hengst auf halber Höhe am Abhang stand und Wache hielt.
Doch was Fors' Aufmerksamkeit als erstes auf sich zog, war das leere Gemäuer eines Hauses. Er leckte sich die Lippen. Dieser Umstand verschaffte ihm eine Chance – eine ganz kleine Chance.
Alles hing von Luras Mitarbeit ab, doch auf die Katze war Verlaß. Er versuchte, ihr im Geist ein Bild von dem zu malen, was er vorhatte, und dachte ganz langsam alle Punkte durch. Dann wiederholte er das ganze noch einmal, und lautlos verschwand Lura im hohen Gras.
Fors wischte sich den Schweiß von der Stirn und kroch ebenfalls hinunter, auf eine zerfallene Ziegelwand zu. Er schwang sich auf einen Vorsprung über dem größten Loch in der zerstörten Wand und löste das dünne, feste Seil von der Hüfte, das die Bergbewohner stets mit sich führten. Die mit einem Gewicht beschwerte Schlinge des einen Endes lag sicher in seiner Hand. Jetzt!
Er stieß einen Vogelruf aus; obgleich er nichts sah, wußte er, daß Lura auf ihrem Platz war.
Plötzlich warf die Stute den Kopf hoch, schnaubte und scheute vor einem dichten Gebüsch. Gleichzeitig stieg am anderen Ende des Tales der Hengst und stieß einen durchdringenden Warnruf aus. Doch er war zu weit entfernt und machte auch noch halt, um die übrige Herde in Sicherheit zu schicken, ehe er der Stute zu Hilfe kam. Sie wollte ihm folgen, doch die versteckte Gefahr versperrte ihr den Weg in die Freiheit. Sie warf sich herum und kam auf die Ruine zugejagt, in der Fors wartete. Zweimal versuchte sie, zur Herde durchzubrechen;
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