TTB 105: Das große Abenteuer des Mutanten
»Wir steigen hinunter zu den Fenstern direkt über jenem Dach und lassen uns daran hinab. Siehst du, nach Süden zu liegt eine ganze Straße von Dächern, die wir benutzen können. Die Tierwesen mögen schlau sein, aber diesen Fluchtweg bewachen sie möglicherweise nicht; er gehört nicht zu ihren Lieblingspfaden. Ich glaube, daß sie sich mehr unterirdisch fortbewegen ...«
»Man sagt, daß sie nur in Höhlen hausen«, bestätigte Fors. »Und sie sollen das Tageslicht scheuen ...«
»Nachtjäger, wie? Nun, dann ist der Tag die rechte Zeit für unsere Flucht.«
Mit leichteren Herzen begaben sie sich wieder nach unten. In dem Stockwerk über dem angrenzenden Dach fanden sie in der Mitte des an jener Wand entlangführenden Flures ein Fenster, brachen die letzten, messerscharfen Glassplitter heraus und beugten sich über die Brüstung.
»Wir brauchen das Seil gar nicht«, bemerkte Arskane.
»Es ist nicht sehr tief.« Er packte den Fensterrahmen und spannte die Muskeln.
Fors trat ans Nachbarfenster und legte einen Pfeil in den Bogen. Doch das Dach unten, die schwarzen Fensterhöhlen waren leer.
Arskane stöhnte; seine Schulter tat weh. Aber dann war er draußen, stand noch ein wenig unsicher auf der Dachfläche. Gleich darauf hatte er hinter einer hohen Brüstung Deckung genommen.
Lange warteten sie, ohne sich zu rühren. Dann schoß Lura wie ein brauner Pfeil durch die Öffnung und landete graziös auf allen vieren. Sie jagte über das Dach.
So weit, so gut. Fors legte Köcher, Sterntasche und Bogen ab und schleuderte sie etwa dorthin, wo Arskane sein mußte. Dann stemmte er sich auf die Fensterbank und sprang. Noch während er in der Luft war, hörte er Arskanes Warnruf. Vor Schreck konnte er sich nicht auf die Landung vorbereiten und traf hart und schmerzhaft auf.
Er drehte sich auf den Rücken. Ein Pfeil zitterte im Fensterrahmen, dort, wo seine Hand gelegen hatte. Mit Schwung rollte er sich hinüber in den Schutz der Brüstung und stieß heftig gegen Arskanes Knie.
»Woher kam der Pfeil?«
»Von dort!« Der Südländer wies auf eine Reihe Fenster in einem Gebäude auf der anderen Straßenseite.
»Los, machen wir uns davon!«
Auf dem Bauch robbte Fors quer über das Dach. Zurück konnten sie nicht mehr. Ein Versuch, zum Fenster hinauf zuklettern, mußte sie zu lebenden Schießscheiben machen. Doch nun war die Jagd eröffnet.
Ein dünnes Pfeifen durchschnitt die Luft irgendwo hinter ihnen. Wahrscheinlich das Signal, das Fors am meisten fürchtete: das Zeichen, daß das Wild aus seinem Schlupfwinkel aufgestöbert und nun im Freien zu jagen war.
Arskane hatte sich schon weiter vorgearbeitet. Und weil er genau zu wissen schien, was er wollte, akzeptierte Fors die Führerrolle des anderen. Sie gelangten an eine Ecke der Brüstung im südöstlichen Winkel des Daches. Lura war schon hinüber; leise rief sie von unten herauf.
»Jetzt müssen wir auf unser Glück vertrauen, Kamerad. Wir springen gleichzeitig hinüber, dann wissen sie vielleicht nicht, welche von beiden Zielscheiben sie wählen sollen. Fertig?«
»Fertig!«
»Achtung – los!«
Fors griff hinauf und packte die Oberkante der Brüstung genau im selben Moment wie Arskane. Gleichzeitig schwangen sie sich hinüber und rollten quer über das nächste Dach. Sie hockten sich hinter einen Mauerrest und lauschten. Die Pfeife gellte abermals. Arskane rieb sich den Staub von den Händen.
»Hinter diesem Gebäude verläuft eine andere Straße, und weiter unten ist das Flußtal, das du durchquert hast ...«
Fors nickte. Vor seinen Augen stand das Bild, das sich ihm vom Turm herab geboten hatte: das Flußtal machte eine Kurve und verlief von hier an weiter nach Osten.
»Wir müssen weiter!« Arskane schüttelte sich. »Wenn wir ihnen zuviel Zeit geben, bereiten sie uns unten einen höchst unwillkommenen Empfang. Nun, da sie uns auf den Dächern wissen, ist es vielleicht besser, zur Straße hinabzusteigen.«
»Sieh mal hier!« Fors hatte die Trümmer in der Nähe durchforscht. Eingebettet in das Dach lag schräg eine Tür. Freudig schlug Arskane mit der Faust dagegen.
Eilig gruben sie sie frei. Dann zogen sie, und die Tür gab nach. Sie blickten in modrige Schwärze und machten eine Treppe aus. Sie stiegen hinab.
Lange Gänge, und noch mehr Treppen! Hier und da blieben sie stehen, um zu lauschen. Doch Lura zeigte keinerlei Unruhe, und Fors hörte nichts außer herabfallendem Mörtel und knarrenden Dielen.
»Augenblick!« Er hielt Arskane, der eben
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