Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
TTB 117: Lichter des Grauens

TTB 117: Lichter des Grauens

Titel: TTB 117: Lichter des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
Vom Netzwerk:
trieb und sie in rasende Rotation versetzte, vermischte sich mit dem Donner der Detonation. Sirrend splitterten Steine. Geröll stach senkrecht wie eine Fontäne in die Luft. Das Echo rollte zwischen den Magmawänden. Mit einem Satz kam Randall unter einer überhängenden Platte hervor und starrte zur Klippe hinauf. Er hatte die Büchse in beiden Händen, zielte aber nicht. Oben stand wie ein unbewegliches Monument sein Vater.
    »Abram – du hast geschossen?« schrie Randall auf.
    Die Stimme Abrams klang wie die Warnung eines angreifenden Löwen.
    »Ja. Ich wollte deine Tiere vertreiben.«
    Randall repetierte; es knackte in der mittäglichen Stille unnatürlich laut. »Was willst du, Vater?«
    »Ich komme, um dich zurückzuholen, Sohn!«
    »Ich werde nicht zurückgehen!«
    Einige Sekunden lang schwieg Abram, dann erhob sich seine Stimme:
    »Ein Greenborough flieht nicht, Randall. Nicht, wenn ich es verhindern kann!«
    »Kannst du es verhindern?«
    »Selbstverständlich. Ich werde dir die Waffe aus den Händen schießen und dich so lange hetzen, bis du freiwillig mitkommst.«
    »Du vergißt die Zweite Inquisition. Ich werde nicht in die Imperiumskerker wandern.«
    Ohne darauf einzugehen, rief Abram: »Du warst dein Leben lang niemals so feige wie heute, Randall. Es ist undenkbar, daß jemand aus unserer Familie feige ist.«
    Randall wurde unsicher. Aus dem Alten sprach der unerbittliche Vorsatz, nicht ohne ihn, Randall, zurückzureiten. Er starrte mit zurückgelegtem Kopf zur Klippe hinauf, wo Abram wie die Verkörperung der Gerechtigkeit stand und wartete. Randall schämte sich und wurde unsicher. Und trotzig.
    »Ich bin kein Feigling! Meinetwegen löscht meinen Namen aus dem Familienbuch.«
    »Rede keinen Unsinn. Du hast einen Moment lang versagt, das ist alles. Und solange Väter Irrtümer ihrer Kinder korrigieren können, werden sie es versuchen. Du warst Mann genug, etwas zu tun – trage auch die Folgen!«
    »Das kannst du nicht verlangen!« rief Randall.
    »Nicht von jedem. Von meinem Sohn verlange ich es!«
    Echo rollte hin und her und beruhigte sich schließlich. Die Sonnenstrahlen stachen senkrecht in den Kessel hinunter, und Randall begann zu schwitzen. Der Büchsenlauf in seinen Händen wurde unerträglich heiß. Randall rief :
    »Das ist unwichtig. Ich will hier auf Tejedor leben und nicht in der Verbannung. Reite zurück und vergiß mich!«
    »Blödsinn!« rief Abram nachdrücklich. »Ich sagte deutlich, daß ich nicht ohne dich zurückreite. Du kennst die Alternativen. Und du kennst mich und meinen Starrsinn. Entweder reitest du quer über meinem Sattel oder in deinem eigenen. Anjanet wartet auf uns.«
    »Ich will nicht!« schrie Randall. Fast hypnotisch wirkten die Worte des Alten.
    »Natürlich willst du – du weißt es nur nicht.«
    »Ich bin ein Mörder, vergiß das nicht!«
    »Du bist kein Mörder, das wissen wir beide.«
    Die Stimme des Alten wurde leiser.
    »Wirf das Gewehr weg, suche deine Tiere und reite los. Komm!«
    Minutenlang herrschte Schweigen. Ein kleiner Stein riß sich los, rollte herunter, riß einen zweiten Stein mit sich und endete schließlich inmitten einer Lawine aus blauen Platten im Kessel. Es wurde immer heißer. Randalls Nacken schmerzte; Schweiß rann über das Gesicht in den Ausschnitt des Hemdes.
    »Randall!« rief Abram eindringlich, »was immer du fühlst, ich verstehe dich. Du willst nicht sterben und bist geflohen. Ich hätte in deinem Alter nicht anders gehandelt. Auch mein Vater hätte mich geholt. Du tötetest in Notwehr. Ich kenne die Imperiumsgesetze; sie sind gerecht wie die Richter, was man auch darüber sagt.«
    »Salbungsvolles Gerede …«
    »Werde nicht beleidigend – man spricht nicht so mit mir.«
    Abram konnte nicht sehen, wie Randall das Blut in den Kopf schoß.
    »Wir fliegen morgen früh zu dritt nach T’City. Dort werde ich unternehmen, was zu unternehmen ist. Ich bin sicher, daß man dich freispricht. Ich wüßte sonst niemanden, dem ich die Herden und die Farm hinterlassen könnte!«
    »Etwa mir?«
    »Wem denn sonst, du Narr? Ich weiß, daß du freigesprochen wirst. Ich möchte schließlich eines Tages aufhören zu arbeiten. Kommst du jetzt mit?«
    Wieder entstand eine Pause. Dann sagte Randall, fast zu leise:
    »Vater? Ich schäme mich so. Was soll ich tun?«
    »Du weißt es. Hole deine Tiere, sattle und reite durch den krummen Gang zwischen den Brücken hindurch. Dort treffen wir uns. Komm.«
    »Du kennst die Brücken?«
    Ein dunkles Lachen

Weitere Kostenlose Bücher