TTB 118: Die schlafende Welt
Wunde. Doch wir sind hier nicht zusammengekommen, um Höflichkeiten auszutauschen.« Er wandte sich um. Zwei llralanische Soldaten waren damit beschäftigt, eine Tragbahre aus dem Flugzeug zu laden. Ein dritter, offensichtlich der Pilot, trug ein unförmiges Bündel unter dem Arm.
»Der Rekk auf der Bahre ist mein Gefangener. Es handelt sich um das berühmte Gespenst von Baxter. Der Mann ist zwar ebenso sterblich wie Sie und ich, doch er ist äußerst gefährlich. Ich hielt es für sicherer, ihn auf diese Weise zu transportieren.«
»Was könnte er schon anrichten?« fragte Corvun.
»Das weiß man nie. Ich schmeichle mir, seine sämtlichen Tricks zu kennen. Daher möchte ich, daß dieser Mann ständig in meiner Reichweite bleibt, angebunden und geknebelt wie er ist. Und wenn es ihm gelingen sollte, freizukommen, sofort töten! Verstanden?«
Corvun blickte auf den Terraner herab. Dieser versuchte verzweifelt, etwas zu sagen, und seine Augen rollten. Doch er war gut geknebelt.
»Eine heimtückische Person«, bemerkte der große Mann.
Die Augen des anderen traten hervor.
»Typisch terranisch«, sagte Corvun. Der Gefangene gab die Anstrengungen auf und schloß ergeben die Augen.
»He, Orangegesicht«, sagte eine Stimme.
Corvun fuhr herum, sah jedoch nur das Gesicht des Piloten.
»Hier unten, Dummkopf!«
Er blickte nach unten, und ein Terraner starrte ihn an – ein Terraner, der nur auf seinen Beinstümpfen stand. Corvun wich entsetzt zurück.
»Das ist natürlich Donovan«, sagte der große Mann. »Machen Sie sich keine Sorgen um ihn. Er wird gut bewacht.«
»Nein, machen Sie sich nur keine Sorgen!« höhnte derZwerg. »Denken Sie lieber an Großvater, der Sie heimsuchen wird. Gehen wir jetzt ‘rein, oder wollen wir hier weiterfrieren?«
Der große Mann wandte sich an Corvun. »Schicken Sie bitte einige Männer zum Flugzeug und lassen Sie die Metallbehälter hineinbringen. «
»Jawohl, Sir. Noch etwas?«
»Ja. Ich möchte hier aus dem Wind heraus. Führen Sie mich zu Ihren Technikern und Offizieren.«
»Sir, meine beiden Hauptleute stehen vor Ihnen. Die Leutnants befinden sich bei ihren Abteilungen. Ich war der Meinung, daß wir Sie als Offiziere des Imperiums hier draußen begrüßen sollten.«
»Eine noble Geste«, sagte der große Mann, »aber gefährlich. Sie hätten …«
»Wände nützen gar nichts!« fiel Donovan ein. »Gespenster durchdringen alles!«
Corvun ignorierte diesen Einwand. »Das technische Personal ist unten versammelt. Wenn Sie mir bitte folgen würden.«
Die kleine Prozession setzte sich in Bewegung. Auf der Bahre wand sich der Gefangene in seinen Fesseln.
33
Als die Feindflotte durch die dünne Linie der terranischen Schiffe brach und in das Sonnensystem eindrang, gab die kanadische Zentralüberwachung Maximum-Rot-Alarm an alle Stellen. Colonel Randolph Dumas, Kommandant des planetarischen Verteidigungszentrums 10 – El Scorpio – reagierte sofort und versetzte seine Station in Kampfbereitschaft. Sorgfältig ging er alle Systeme durch und überzeugte sich, daß alles in Ordnung war.
Er hatte getan, was sich unter den augenblicklichen Umständen tun ließ, lehnte sich in seinem Kommandosessel zurück und rief nach einer Tasse Kaffee. Immerhin hatte er noch ganze hundert Sekunden, ehe weitere Maßnahmen eingeleitet werden mußten, und der Alarm hatte ihn vor kaum drei Minuten aus tiefem Schlaf geweckt.
Er erlaubte sich den Luxus eines versteckten Gähnens. Scheine alt zu werden, dachte er. Fühle mich noch immer müde. Der Kaffee wird sicher helfen. Wo ist denn dieser Steward …?
*
Er erwachte.
Drei Sekunden lang betrachtete er reglos die Decke über seinem Bett. In der vierten Sekunde fuhr er hastig auf.
Panik stieg in ihm auf, ein Gefühl, das er seit seiner Kadettenzeit vor neunundzwanzig Jahren nicht mehr gekannt hatte.
Er war auf seinem Posten eingeschlafen.
Die Station war in voller Kampfbereitschaft gewesen. Hundert trainierte Männer hatten darauf gewartet, gegen die Phalanx der Feindschiffe loszuschlagen, Terra hatte den ersten Maximum-Rot-Alarm seiner Geschichte erlebt – und er war eingeschlafen!
Er erlitt einen weiteren Schock, als er seine Besucher sah.
Denn vor ihm in seinem Schlafzimmer stand die phantastischste Gruppe von Gestalten, die er je gesehen hatte. Da war ein großer Mann mit einem Gewehr über der Schulter, ein anderer stand auf den Stümpfen seiner Beine und starrte ihn neugierig an, und seine losen Hosenbeine hatte er
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