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Tu dir weh

Tu dir weh

Titel: Tu dir weh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilaria Palomba
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Freunden wegfahren will, auch um ein bisschen Abstand zu dir zu bekommen. Zweitens: Wenn du mitkommst und dann mit irgendeinem anderen rummachst, wird mich das zu sehr fertigmachen.«
    »Ich fang’ mit niemandem was an, versprochen, mit niemandem.«
    »Ich weiß echt nicht, Stella ...«
    »Eh, Donato, schau mich an, ich fang’ mit niemandem was an, ich verspreche es dir.«
    Donato bleibt regungslos sitzen und hat diesen Blick nach dem Motto: Das soll ich dir glauben?
    »Glaub mir«, sagt sie, »ich vermisse dich, ich brauche dich.«
    »Ich weiß wirklich nicht, was ich dir sagen soll. Also gut, aber du darfst nicht nörgeln: Wir schlafen auf dem Boden und kaufen für zwei immer nur ein Zugticket.«
    Wie immer wie die Penner.
    »Ja, klar, wie du willst.«
    Hauptsache, ich fange mir keine Flöhe ein.

DIE GEPÄCKABLAGE
    »Wo willst du denn mit diesem Rucksack hin?«
    Entspann dich, Mama, ist nicht weit, ich mache einen Abstecher zum Mars, bin gleich zurück.
    »Ich verreise übers Wochenende.«
    »Was meinst du mit ›verreisen‹?«
    »Mama, ich war die ganze Woche zu Hause, bin nicht ausgegangen, heute Morgen war ich an der Uni, habe gelernt, und dieses Wochenende will ich mit Donato wegfahren, nur drei Tage. Freitag,Samstag, und Sonntag komme ich schon zurück, versprochen, drei Tage in Pistoia.«
    »Mit Donato? Seid ihr denn wieder zusammen?«
    »So was in der Art«, murmelt Stella.
    »Und wo schlaft ihr?«
    Unter der Brücke.
    »Im Hotel.«
    »Ich kann das nicht entscheiden, frag mal deinen Vater. Mal sehen, was der dazu sagt.«
    Am Abend ist Stella unterwegs nach Pistoia. Sie machen es so: Für alle vier werden nur zwei Fahrscheine gekauft. Die Jungs sitzen, die Mädels verstecken sich auf der Gepäckablage hinter den Koffern. Wenn der Schaffner erscheint, zeigen die Jungs die Fahrscheine, und niemand bemerkt die Mädchen da oben. Dann von Rom nach Pistoia nehmen sie den Eilzug, zwängen sich zusammen in ein Klo.
    Warum müssen wir immer noch diesen Bullshit machen.
    Stella und Tina ziehen die Schuhe aus, schieben sie unter die Sitze, steigen mit den Füßen auf die Kopfstützen und klettern hoch zur Gepäckablage, breiten die Isomatten auf dem Gitter aus, legen sich darauf und decken sich mit Rucksäcken und Jacken zu.
    »Die Gepäckablagen sind auch nicht das, was sie mal waren«, sagt Tina, während sie eine Position sucht, in der ihr der Rücken nicht so weh tut.
    Donato und Ganzo, der Checker, verstauen ihre Rucksäcke auf der Gepäckablage vor den Mädchen und lassen sich dann auf die Sitze fallen. Der Checker ist ein Typ mit Elvistolle, Cowboygürtel und Texas-Stiefeln. Ein Mittelding zwischen Fonzie und Terence Hill. Abund zu steht er auf, um nachzuschauen, ob der Schaffner schon im Anmarsch ist. Als er schließlich kommt, hat der Checker schon ein breites, zuvorkommendes Lächeln auf dem Gesicht.
    »’N guten Abend«, sagt er und nimmt seinen Cowboyhut ab.
    »Fahrscheine bitte«, sagt der Schaffner.
    Stella duckt sich hinter den Koffern. Sie spürt, wie sich ihr die Querstreben in den Rücken bohren.
    Zum Teufel mit mir, dass ich unbedingt mit solchen Bettlern mitfahren wollte.
    Der Schaffner wirft einen kurzen Blick auf den Berg aus Gepäck und Decken auf der Ablage und zieht zum Ausdruck seiner Missbilligung die Augenbrauen zusammen.
    Klar, dieses Mal ist es so weit, dieses Mal werden sie uns erwischen.
    Der Checker reicht ihm sein Ticket. Der Schaffner fordert auch den Freak auf, seines vorzuzeigen.
    »Ihr wisst, dass ihr Platz auf der Ablage machen müsst, falls jemand einsteigt, nicht wahr?«
    »Klar«, antwortet der Checker, »vor allem, wenn so ’ne süße Puppe einsteigt.«
    Der Schaffner mustert den Checker, versucht auszumachen, ob er wirklich so ist oder nur so tut. Stella spürt, wie das Metallgitter genau an der Stelle in ihren Rücken schneidet, wo die Narben der Brandzeichen sind. Sie beißt sich auf die Lippen und zwingt sich, keinen Mucks von sich zu geben.
    Ich sterbe.
    Der Schaffner zieht misstrauisch die Augen zusammen und beäugt jeden Winkel der Ablage, versucht herauszufinden, was dahinter versteckt ist.
    Mann, ich bitte dich, verschwinde.
    Er nähert sich Stellas Gepäckablage. Ihr Herz rast. Sie versucht, langsam zu atmen, sich nicht zu verraten.
    Verdammt, er hat mich gesehen, er hat mich gesehen.
    Der Schaffner hebt den Zipfel der Decke ein Stück an.
    Hilfe.
    Unter der Decke befindet sich ein grüner Rucksack, der aber so verdreckt ist, dass er eher braun aussieht. Der

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