Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tu dir weh

Tu dir weh

Titel: Tu dir weh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilaria Palomba
Vom Netzwerk:
steht aufrecht vor ihr und schaut verächtlich auf sie hinab. Stella muss dringend zur Toilette.
    »Mach jetzt kein Theater, Stella. Du hast uns hingestellt wie zwei armselige widerliche Trottel, jetzt bist du nicht mehr in der Position, uns irgendetwas vorzuhalten«, sagt Nicola.
    Die Stimme ihres Vaters ist ruhig, fern, gefühllos.
    »Die Drogen waren nicht von mir«, sagt sie.
    Nicola und Monica wechseln schnelle Blicke, als ob sie diese Möglichkeit in Betracht gezogen hätten.
    Schluckt ihr das?
    »Selbst wenn sie nicht von dir wären«, sagt Nicola, »mit Leuten im Auto zu sitzen, die Drogen nehmen und dann dir die ganze Schuld in die Schuhe schieben, ist mindestens genauso schlimm.«
    »Du bist dumm«, schreit Monica. »Wir haben uns erkundigt, was das für ein Kerl ist, mit dem du dich triffst, dieser Marco Vanzini! Pass auf dich auf: Er ist ein Zuhälter!«
    Und du, woher kennst du seinen Namen?
    »Entschuldige«, sagt Stella und versucht, ruhig zu bleiben, »wo hast du den Namen her?«
    »Von dort.« Stellas Mutter durchquert das Zimmer und steuert direkt auf die Kommode zu. Sie zieht die Geheimschublade auf und holt das Tagebuch und die Kamera ihrer Tochter hervor. Ihr Vater schweigt und starrt sie weiter mit der gleichen Verachtung an.
    Du dreister Kontrollfreak. Du öffnest einfach meine Schublade?
    Sie fühlt sich wie vergewaltigt, will reagieren, bleibt aber nur stehen, reglos. Kälte- und Hitzeschauer durchfahren ihre Beine.
    Habt ihr »die« Fotos gesehen?
    Sie fühlt sich machtlos, leer, bescheuert.
    »Ich verstehe wirklich nicht, wie du all diesen Mist fabrizieren konntest«, schreit ihr Vater.
    Stella schaut hinunter auf ihre verschwitzten Hände und wischt sich damit über den Körper, als wolle sie sich von all den Perversionen reinigen, die sie mitgemacht hat.
    »Jeder baut in seinem Leben irgendwann mal Mist, aber ich versichere euch, da ist sonst nichts, keine Drogen, keine Prostitution«, sagt sie.
    Nicola geht mit geballten Fäusten auf seine Tochter zu. Stella macht zwei Schritte rückwärts.
    Keine Schläge bitte.
    Nicola kommt so nah heran, dass Stella den Rauch riechen kann, den seine Kleidung verströmt. Er kommt so nah, dass sie anfängt zu schwitzen.
    Keine Schläge. Keine Schläge.
    Nicola hebt die Hand, die Ader auf seiner Stirn schwillt an. Stella schließt die Augen, presst die Lider zusammen.
    Nicht schlagen. Nicht schlagen. Nicht schlagen.
    »Wenn da also nichts ist«, sagt er, »was ist dann das hier?«
    Sie macht die Augen auf. Ihr Vater hält ein Tütchen mit weißem Pulver in der Hand.
    Mein Geburtstagsgeschenk.
    Stella spürt, dass ihre Eingeweide kochen, sie hat starke Bauchschmerzen, ihr ist übel, ihr Herz schlägt wie eine Trommel.
    »Das Zeug da ist nicht von mir!«, sagt sie unverfroren. »Sie wollen mir was anhängen.«
    Ihr Vater verliert die Fassung. Er stürzt sich auf sie wie ein bissiger Hund, wirft sie zu Boden. Monica macht einige Schritte rückwärts, schreit, als sie die blinde Wut in den Augen ihres Mannes gewahr wird. Ihre Hände umklammern im Schock ihren Hals, sie erkennt ihren Mann nicht wieder, so hat sie ihn noch nie erlebt.
    »Lüg mich nicht an!«, schreit Nicola.
    Stella kauert auf dem Boden, ihr Vater tritt mit dem rechten Fuß in ihre Rippen, die noch immer nicht ganz verheilt sind seit dem Schlag von Donato. Nicola beugt sich über seine Tochter und spuckt ihr ins Gesicht.
    Das kann er nicht machen.
    Monica bückt sich, versucht, ihren Mann an den Schultern zu packen und von ihrer Tochter wegzuziehen, mit dem Ergebnis, dass sie selbst mit dem Hintern auf dem Boden landet.
    Stella bettelt.
    »Bitte, bitte, bitte, bitte, bitte, bitte, bitte, bitte, bitte, bitte, bitte, bitte, bitte, bitte, bitte, bitte, bitte, hör auf!«
    Sie weint und spuckt Blut. Ihr Vater ist vollkommen außer sich. Seine Augen sind gerötet, wutentbrannt, als sei er sich nicht bewusst,was er tut. Sie hat diesem Hass nichts entgegenzusetzen, er hat sich zu lange aufgestaut.
    »Du sollst mich nicht anlügen!«
    Er bearbeitet weiter ihre Rippen, Stella spürt, wie dieses Körperteil von ihr zerbricht, zerstört wird, in die Brüche geht. Als ob eine Metallstange zwischen den Rippen stecken würde. Ein kalter, hohler, zerreißender Schmerz. Es brennt nicht, es ist ein sich langsam steigernder Schmerz, der dazu führt, dass ihre Verbindung zum Rest der Welt abbricht. Sie kann die Augen nicht mehr offen halten, die Pupillen kippen nach innen, Stella bleibt bewusstlos am Boden

Weitere Kostenlose Bücher