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Tu dir weh

Tu dir weh

Titel: Tu dir weh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilaria Palomba
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an wie ein Schlauch, der kurz vor der Explosion steht.
    »Wie lange sind sie schon zusammen?«
    »Einen Monat ungefähr oder etwas mehr. Seht ihr euch denn noch manchmal?«
    Er war mit ihr schon zusammen, als wir mit denen auf der Jacht waren, auch als wir zu Alberto und Lory gefahren sind, an meinem Geburtstag, da war er auch mit ihr zusammen.
    »Ich schwöre dir, dass du uns von diesem Moment an nie wieder zusammen sehen wirst.«
    »Bist du denn in ihn verliebt?«
    »Carla, so etwas wie Liebe existiert für mich nicht.«
    Stella hat die Unterhaltung verlassen.
    Minutenlang sitzt sie einfach vor dem Computer und starrt abwesend vor sich hin.
    Wer ist diese Schlampe. Was hat sie, was ich nicht habe?
    Stella schaut sich um, fährt sich mit der Hand über die Stirn, wischt sich den kalten Schweiß ab. Sie geht ins Bad und wickelt sich ein lauwarmes Handtuch um die feuchten Haare. Sie geht in ihr Zimmer, schaltet das schummrige Licht des Globus an.
    Ich muss dieses Haus verlassen.
    Sie schminkt sich vor dem Spiegel, um die Spuren der Schläge ihres Vaters auszulöschen, die Schwellung der Wange, die bläulichen Blutergüsse unter den Augen. Sie bedeckt alles großzügig mit der Grundierung, zieht sich mit einem schwarzen Kajal einen Lidstrich um die Augen, so dass sie schwarz und länglicher wirken, katzenartig, orientalisch.
    Jetzt bin ich wieder ich selbst.
    Sie betrachtet die Bücher auf dem Schreibtisch.
    Sartre hab’ ich durch.
    Sie presst sich eine Hand auf die rechte Seite des Brustkorbs, beugt sich etwas vor und angelt sich das Buch. Sie blättert darin herum.
    Ich erinnere mich an alles.
    Sie nimmt einen großen Rucksack und packt Bücher, Kleider, Unterwäsche, Jeans und zwei Paar Schuhe – Ausgehschuhe und Turnschuhe – hinein.
    Ich muss abhauen, weit weg, ich muss vieles vergessen.
    Sie stopft Duschgel, Zahnbürste, Shampoo und Bodylotion in den Rucksack.
    Ich muss irgendwohin, wo mich niemand vermutet, wo mich niemand suchen wird.
    Sie will schon das Tagebuch aus dem beschissenen Schubfach holen, lässt es aber sein.
    Nein, das Tagebuch nicht. Ich hab’ die Schnauze voll von Tagebüchern.
    Sie greift sich ein Feuerzeug und zündet die Seiten an. Die Flamme lodert auf, Stella bläst dagegen, um zu verhindern, dass ihr die Haare ankokeln. Die Seiten stinken verbrannt und zerfallen zu Asche. Auf dem Boden liegt ein Häufchen grauer Flocken.

DIE VERARSCHUNG
    »Hallo, Lory?«
    »Stella, mein Schatz«, antwortet sie. Ihr Stimme klingt verheult.
    »Was ist los?«
    »Ach, Sternchen, eine Katastrophe.«
    »Hör zu, ich bin unterwegs, in einer Stunde fährt der erste Zug, kann ich zu dir kommen?«
    »Ja unbedingt, Schatz, es wäre schön, jetzt in dieser Situation jemanden um mich zu haben«, schluchzt sie.
    Was zum Teufel ist passiert? Bin ich verrückt geworden, oder ist die ganze Welt durchgedreht?
    Als sie endlich den Bahnhof erreicht, ist Stella erschöpft und niedergeschlagen, ihre Rippen schmerzen, und die Arme brennen. Sie kauft das Ticket nach Castel di Travia und steigt in den Zug.
    Von jetzt an hat mein Handy ausgedient.
    Sie kauert sich auf dem Sitz zusammen und nimmt den Akku aus dem Handy.
    Niemand darf wissen, wo ich bin. Niemand.
    Sie kommt in Castel di Travia an, durchquert das Bahnhofsgebäude und besteigt den Bus zu Lory. Mit diesen Schmerzen schafft sie es nicht zu Fuß.
    Als ihr Finger auf die Klingel drückt, hört sie, wie ihr Magen knurrt.
    Gott, bin ich hungrig.
    Von der Hitze ist ihr schwindelig, außerdem ist sie völlig verschwitzt.
    Wie widerlich ich bin.
    Sie nimmt den Aufzug, betrachtet sich im Spiegel und muss feststellen, dass das viele Make-up die unterschiedlichen Farbtöne ihres von den Schlägen gezeichneten Gesichts nicht überdeckt hat.
    Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn er mich totgeschlagen hätte .
    Sie würde sich am liebsten selbst beweinen, wegen ihres Gesichts, der Hämatome auf den Rippen, ihrer Eltern, wegen Marco. Sie würde am liebsten den ganzen Schmerz herausschreien. Aber sie schließt nur fest die Augen.
    Das Einzige, was du tun kannst, ist, einigermaßen in Form zu bleiben.
    Der Fahrstuhl ruckt, hält an. Stella wirft einen letzten Blick in den Spiegel, bevor sie hinausgeht.
    Du musst nur ein paar Tage entspannen. Solange du schön bist, kann dir alles Übel der Welt nichts anhaben. Schönheit ist Macht.
    Lory öffnet die Tür, in Tränen aufgelöst. Man hört von drinnen lautes Miauen. Lorys Augen sind so geschwollen wie von jemandem, der seit

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