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Tu dir weh

Tu dir weh

Titel: Tu dir weh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilaria Palomba
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beim Weggehen hinterhergerufen haben?«, sagt Lory mit starrem Blick. »Dass sie sich das nächste Mal sein Kind vorknöpfen.«
    »Scheeisarlööher!«, regt sich Alberto auf.
    Was für ein Unmensch tut so etwas?
    »Wer hat ihn verprügelt?«, fragt Stella.
    » Der Hlahof, ue uio io i uahaa! «, sagt er.
    Ich kann dich nicht verstehen.
    Stella runzelt die Stirn und blickt fragend zu Lory.
    »Der Glatzkopf«, übersetzt sie »dieser dreckige Hurensohn!«
    Stella hält sich schockiert die Hand vor den Mund.
    So einer ist er also!
    Trotz allem denkt sie, dass etwas mit dieser Geschichte nicht stimmt.
    In Ordnung, ich glaube, dass er ein Schwein ist, ich glaube auch, dass er ein Sadist ist, dass er ein Hurenbock ist, aber ich glaube einfach nicht, dass Marco einen seiner besten Freunde zu Tode prügeln lässt. Nein, das kann ich einfach nicht glauben.

STELLAS PRÜFUNG UND DIE BRAVE FREUNDIN VON MARCO
    Stella erwacht alleine und inmitten von Katzen. Sie ist den Stoff nicht noch einmal durchgegangen, ist sich aber trotzdem sicher, die Prüfung irgendwie zu bestehen.
    Es sind jetzt vier Monate, dass ich nichts anderes tue, als Sartre zu lesen.
    Es kommt ihr seltsam vor, sich in einer Wohnung, in der sie nicht wohnt, zu waschen, anzuziehen und sich fertig zu machen. Sie findet es auch seltsam, einen Zug zu nehmen, um zur Universität zu kommen.
    Aber ich muss es machen, zumindest muss ich es versuchen.
    Die Schmerzen sind auch beim Aufstehen noch da. Sie duscht und betrachtet sich im Spiegel, schaut, ob ihr Gesicht schon besser aussieht. Und in der Tat sind die Schwellungen etwas zurückgegangen.
    Automatische und bewusste Abläufe. Shorts, T-Shirt, Stiefel. Bus. Zug. Universität.
    Stella geht durch den Flur des ersten Stocks, wo die Bibliothek und die Büros der Professoren sind und die Prüfungen stattfinden. Sie schiebt sich durch das Gewimmel aus lauter identischen Menschen, die sich vor den Seminarräumen versammeln und über Kleinigkeiten aufregen oder aus der Bibliothek kommen und schwitzen. Dieser ganze Schweißgeruch und diese farblosen Gesichter, die Ende Juni noch keinen halben Tag am Meer verbracht haben.
    Jeder spielt sich hier als Intellektueller auf in dieser Prüfungsfabrik.
    Sie geht zum Zimmer des Professors, sieht ihn eintreten, das Gewicht auf den Stock verlagert, ganz seriös, streng – im Jackett, mittenim Hochsommer – und diese Beine, die sich bewegen wie die eines kaputten Roboters.
    Sind das alles Genies oder nur unglückliche Seelen, die ihre Qualen in Büchern ertränkt haben?
    Er bemerkt die Menschenmenge vor seinem Büro.
    Die Prüfung beginnt in einer Viertelstunde. Sartres Geist wird mir beistehen.
    Kurioserweise fühlt sie sich weder aufgeregt noch nervös wie bei den bisherigen Prüfungen, diese Prüfung gehört ihr, sie hat alles verinnerlicht, sie kann sie beherrschen.
    Nach all dem, was ich im letzten Monat durchgemacht habe, werde ich mich sicher nicht wegen einer Scheißprüfung aufregen.
    Jemand schneidet ihr den Weg ab. Eine Wolke aus Marihuana, Sandelholz und indischem Stoff steigt ihr in die Nase. Sie schaut sich um. Der Freak packt sie am Arm.
    »Mensch, du bist also doch noch am Leben!«
    Du hättest mich wohl gerne tot gesehen, nicht wahr?
    Sie zuckt mit den Schultern.
    »Stella, du musst sofort deine Eltern anrufen.«
    »Seit wann kümmerst du dich um meine Familie?«
    »Bist du total übergeschnappt? Sie haben mich angerufen und gesagt, dass sie dich bei der Polizei als vermisst gemeldet haben!«
    Was für Schwachköpfe.
    »Was tust du denn, Stella? Lebst du etwa mit dem zusammen?«
    Sie lacht.
    Klar, Science-Fiction.
    »Nein, Donato, ich bin zu Hause ausgezogen, meine Eltern haben alles herausgefunden, sie wollen mich in eine Entzugsklinik einweisen, ist ’ne Scheißsituation, Donato, ich wohne bei ’ner Freundin.«
    »Stella, was soll das, willst du alles aufs Spiel setzen?«
    Was weißt du schon? Und wer hat dich ermächtigt, mir ’ne Moralpredigt zu halten!?
    »Ausgerechnet du! Seit zwei Jahren hängst du hier schon ab und hast noch nicht eine einzige Prüfung abgelegt.«
    »Ich hau ab, morgen geht’s los.«
    Was machst du morgen?
    Stella und Donato setzen sich auf die Bank gegenüber der Bibliothek.
    »Ich bin nur hergekommen, um ein paar Bücher zurückzubringen, die Uni hab’ ich abgebrochen.«
    »Und was willst du machen?«
    »Ich will nach Indien fliegen, die Welt entdecken. Hab’ keinen Bock mehr auf diesen Mist: Das Leben in Bari beschränkt sich am Ende

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