Tür ins Dunkel
klingeln, und in der plötzlichen Stille war nur das Rauschen des Regens zu hören. Dann sagte Wexlersh zu seinem Kollegen: »Leg ihm die Handschellen an.«
Verdammt, was hat das alles zu bedeuten? Sie haben mir noch nicht einmal erklärt, weshalb Sie mich eigentlich verhaften wollen.« Während Manuello flexible Kunststoffhandschellen aus einer seiner Sakkotaschen zog, erwiderte Wexlersh: »Wir werden Ihnen die Anklage auf dem Revier vorlesen.« Beide wirkten nervös und schienen es eilig zu haben. Aber warum nur? fragte sich Earl. Dan bog vom Wilshire Boulevard auf den Westwood Boulevard ab und raste Richtung Süden. Hohe Wasserfontänen spritzten unter den Reifen hervor. Das nasse Pflaster, in dem sich Neonlichter und Straßenlaternen spiegelten, schien in ständiger Bewegung zu sein. Dans müde Augen brannten immer stärker. Er hatte rasende Kopfschmerzen, doch er litt noch viel mehr unter den quälenden Gedanken zu Versagen, Tod und Verzweiflung. Manuello ging mit den Handschellen in der Hand auf Earl Zu. »Drehen Sie sich um und legen Sie die Hände auf den Rücken!« Earl zögerte. Sein Blick schweifte von Laura und Melanie zu Wexlersh, der den Smith & Wesson-Polizeirevolver auf ihn gerichtet hielt, und er hatte plötzlich das ungute Gefühl, einen großen Fehler begangen zu haben, als er seine eigene Waffe aus der Hand gegeben hatte. Noch weniger behagte ihm die Vorstellung, mit Handschellen gefesselt zu werden.
»Wollen Sie sich etwa der Festnahme widersetzen? « fragte Manuelle.
»Sie sind sich doch darüber im klaren, Benton«, fuhr Wexlersh fort, »daß Sie Ihre Lizenz los sind, falls Sie Widerstand leisten.« Earl drehte sich widerwillig um und legte die Hände auf den Rücken. »Wollen Sie mich nicht wenigstens auf meine Rechte hinweisen?«
»Dazu haben wir auf der Fahrt zum Revier noch jede Menge Zeit«, erklärte Manuello, während er Earl die Handschellen anlegte.
Wexlersh wandte sich an Laura und Melanie. »Ziehen Sie Ihre Mäntel an.«
»Und was ist mit meinem Mantel?« erkundigte sich Earl. »Sie hätten mich ihn anziehen lassen sollen, bevor Sie mich fesselten.«
»Sie werden auch ohne Mantel auskommen«, erwiderte Wexlersh. »Es regnet aber.«
»Sie werden schon nicht schmelzen!« grinste Manuello. Das Telefon begann wieder zu klingeln. Auch diesmal nahmen die Beamten den Hörer nicht ab. Die Sirene versagte plötzlich. Dan drückte immer wieder auf den Schalter, aber die Sirene blieb stumm. Nun standen ihm nur noch das Blaulicht und die Hupe zur Verfügung, um rasch vorwärtszukommen.
Es würde wieder zu spät sein. Wie bei Cindy Lakey. Er würde wieder viel zu spät kommen.
Während er hupend ein gefährliches Überholmanöver nach dem anderen riskierte, wuchs in ihm die Überzeugung, daß alle drei tot waren, daß er einen Freund verloren hatte, daß das unschuldige Kind, das er hatte beschützen wollen, ebenso ums Leben gekommen war wie die Frau, in die er sich - gib es endlich zu! - wahnsinnig verliebt hatte. Sie waren alle tot... Laura griff zuerst nach Melanies Mantel. Es war eine lang wierige Prozedur, ihn ihr anzuziehen, denn sie stand steif wie eine Puppe da.
»Was ist los mit ihr?« fragte Manuello ungeduldig.
»Schwachsinnig, was?«
Bestürzt und zornig entgegnete Laura: »Ich kann nicht glauben, daß Sie so etwas über die Lippen gebracht haben.«
»Nun, so führt sich doch kein normaler Mensch auf«, erklärte Manuello ungerührt.
»Sie führen sich auch nicht gerade wie ein normaler Mensch auf«, erwiderte Laura sarkastisch. »Melanie ist ein sehr krankes kleines Mädchen. Aber welche Entschuldigung können Sie vorbringen?«
Earl hatte den Befehl erhalten, auf dem Sofa Platz zu nehmen. Mit seinen gefesselten Händen konnte er nur ziemlich unbequem auf der Kante sitzen. Laura knöpfte Melanies Mantel zu und wollte nach ihrem eigenen greifen, als Wexlersh sagte: »Sparen Sie sich die Mühe und setzen Sie sich neben Benton aufs Sofa.«
»Aber...«
»Setzen Sie sich!« Wexlersh deutete mit seinem Revolver auf das Sofa.
Seine eisgrauen Augen waren unergründlich.
Vielleicht wollte Laura aber auch nur nicht wahrhaben, was deutlich in ihnen zu lesen war. Ihr Blick schweifte zu Manuello. Er grinste, Laura sah Earl fragend an. Seine Miene verriet jetzt tiefe Beunruhigung. »Setzen Sie sich!« wiederholte Wexlersh, diesmal nicht in barschem Befehlston, sondern ganz leise; doch dieses Zischen wirkte bedrohlicher als lautes Gebrüll. Lauras Magen drohte zu
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