Tür ins Dunkel
auch am Straßenrand anhalten und das Auto ganz methodisch von vorne bis hinten absuchen können, doch dann würden die FBI-Agenten ihn eventuell einholen und sehen, womit er beschäftigt war. Und dann würden sie ihn mit hunderprozentiger Sicherheit verhaften und zu Michael Seames zurückbringen. Deshalb tastete er den Wagen in Etappen nach dem elektronischen Sender ab, der mit Hilfe eines Magneten haftete und etwa die Größe einer Zigarettenschachtel hatte. An einer Ampel suchte er unter dem linken Kotflügel, in der Radkappe und um den Reifen herum nach dem Ding, an der nächsten Ampel nahm er sich das linke Hinterrad vor, und bei den nächsten beiden kurzen Stopps rannte er auf die rechte Wagenseite und schaute vorne und hinten nach. Er wußte, daß andere Verkehrsteilnehmer ihn anstarrten und bestimmt für verrückt hielten, aber da er im Zickzack durch die Gegend fuhr, war kein Auto länger als zwei Ampeln hinter ihm, so daß niemand Zeit hatte, sein Verhalten regelrecht verdächtig und nicht nur exzentrisch zu finden. An einer Kreuzung in einer Wohngegend südlich des Sunset Boulevards sprang er wieder aus seiner Dienstlimousine. Kein anderes Fahrzeug war zu sehen. Seine Haare klebten am Kopf, und der Regen rann ihm unter den Mantelkragen -aber endlich fand er die Wanze unter der vorderen Stoßstange. Er riß den Sender los, warf ihn in die Sträucher vor einem großen hellgelben Haus im spanischen Stil, sprang in seine Limousine zurück und brauste davon. In den nächsten Minuten schaute er oft in den Rückspiegel, weil er befürchtete, daß die FBI-Agenten sein Tun beobachtet haben und ihn jetzt offen verfolgen könnten. Doch das war nicht der Fall.
Seine Hosenbeine und Schuhe waren durchnäßt, und er klapperte vor Kälte mit den Zähnen. Er schaltete die Heizung ein, aber sie funktionierte nicht richtig. Bei den Dienstwagen der Polizei handelte es sich um billige Modelle, an denen meistens etwas kaputt war. Die Ventilation spie ihm lauwarme, feuchte, leicht stinkende Luft ins Gesicht, so als hätte das Auto Mundgeruch. Dan fror auf dem ganzen Weg ins hochgelegene Bei Air, wo er in einem Netzwerk von Privatwegen nicht ohne Mühe die Zufahrt zu Boothes Domizil fand. Hinter den riesigen Kiefern und Eichen, die den Privatweg säumten, sah er eine Ziegelmauer von der Farbe alten Blutes, zwei bis zweieinhalb Meter hoch, mit schwarzem Schiefer gedeckt und mit Eisenspitzen versehen. Die Mauer war so lang, daß sie eher eine Klinik, eine Schule oder ein Kloster hätte umgeben können als ein Privatgrundstück. Aber schließlich stand Dans Wagen doch vor einem prächtigen Eisentor. Die kreuzförmig angeordneten Gitterstäbe waren fünf Zentimeter dick, An den Seiten und oben war das Tor mit kunstvoll geschmiedeten Verzierungen und Lilien verziert. Es war nicht nur eine sehr eindrucksvolle und elegante Konstruktion, sondern sie machte auch einen so stabilen Eindruck, als könnten ihr selbst Bomben nichts anhaben. Dan dachte im ersten Moment, daß er sich wieder in den Regen hinausbegeben und nach einer Klingel suchen mußte, doch dann entdeckte er ein in der Mauer fast verborgenes Wachhäuschen. Ein Wächter in Galoschen und einem grauen Regenmantel mit Kapuze trat aus der Tür, die unter dem Tarnanstrich im Ziegelmuster der Mauer kaum auszumachen war. Der Mann hatte die Limousine durch ein kleines rundes Fenster vorfahren sehen, fragte nach Dans Begehr, warf einen Blick auf den Dienstausweis und informierte Dan, daß er erwartet werde. »Ich werde Ihnen das Tor öffnen, Lieutenant. Fahren Sie einfach geradeaus und parken Sie vor dem Haus.« Dan kurbelte sein Fenster hoch, während der Wächter wieder in sein Häuschen zurückkehrte, deich darauf schwang das riesige Tor anmutig auf. Dan hatte das eigenartige Gefühl, als würde er in eine andere Welt versetzt, als hütete das Tor ein magisches Portal, von dem man in das Land Oz oder in noch fremdartigere, herrlichere Königreiche springen konnte. Das Grundstück mußte zu den größten in Bei Air gehören; Dan schätzte es auf mindestens 350 bis 400 Ar. Die Auffahrt führte einen leichten Hügel empor, machte eine Biegung nach links, führte durch gepflegte parkähnliche Anlagen und endete in einem Kreis. Dahinter ragte das Haus empor, ein Haus, das sich auch als Wohnsitz für Gott geeignet hätte - wenn Er über das nötige Geld verfügte. Es glich aufs Haar jenen fürstlichen Bauten, wie Dan sie aus Filmen kannte, die in England spielten, etwa Rebecca oder
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