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Tür ins Dunkel

Tür ins Dunkel

Titel: Tür ins Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Dan überhaupt wußte, wie ihm geschah, schüttelte er Boothes Hand, obwohl er sich vorher nicht hätte vorstellen können, dieses bösartige menschliche Chamäleon zu berühren. Er fühlte sich plötzlich in die Rolle eines Vasallen gedrängt, der unerklärlicherweise am Hofe des Königs empfangen wird. Es war Dan rätselhaft, wie Boothe diese Wirkung erzielt hatte. Vermutlich lag es nicht zuletzt an diesem imponierenden Auftreten, daß der Verleger ein Multimillionär war, während Dan im Supermarkt einkaufte. Er mußte sich eingestehen, daß es ihm gründlich mißlungen war, den hartgesottenen Bullen zu spielen, vor dem jeder zitterte. Er nahm aus dem Augenwinkel eine Bewegung in einer halbdunklen Ecke wahr und wandte den Kopf in diese Richtung. Ein großer, magerer Mann mit falkenartigem Gesicht erhob sich aus einem Lehnsessel, ein Glas Whiskey in der Hand. Sogar über eine Entfernung von sechs Meter hinweg verrieten seine ungewöhnlich durchdringenden Augen alles Wesentliche über seine Persönlichkeit; Intelligenz, ausgeprägte Neugier, Aggressivität und eine Spur von Wahnsinn. Boothe wollte die Vorstellung übernehmen, doch Dan schnitt ihm das Wort ab. »Ich weiß schon -Albert Uhlander, der Schriftsteller.« Uhlander wußte offenbar, daß er nicht über Boothes hypnotische Ausstrahlung verfügte, denn er lächelte nicht und machte auch nicht den Versuch, Dan die Hand zu geben. Ihm schien genauso klar zu sein wie Dan, daß sie feindlichen Lagern angehörten und unvereinbare Ideologien vertraten. »Darf ich Ihnen einen Drink anbieten?« fragte Boothe mit falscher Herzlichkeit. »Scotch, Bourbon oder vielleicht ein Glas trockenen Sherry?«
    »Um Himmels willen«, rief Dan erbittert, »wir haben keine Zeit, um hier herumzusitzen und Drinks zu uns zu nehmen! Sie wissen beide, daß Ihre Zeitbombe tickt, und wenn ich versuchen will. Ihr Leben zu retten, so nur aus dem einzigen Grund, Sie beide für lange Zeit hinter schwedische Gardinen zu bringen.« Nach der Klarstellung fühlte er sich wesentlich wohler.
    »Wie Sie wünschen«, sagte Boothe kalt und nahm auf dem dunkelgrünen Ledersessel mit Messingknäufen hinter seinem Schreibtisch Platz. Das vielfarbige Licht der Tiffany-Lampe fiel auf sein Gesicht und zerteilte es in gelbe, blaue und grüne Partien. Uhlander ging zur Fensterfront und stellte sich mit dem Rücken zur Wand. An diesem grauen Regentag fiel nicht viel Licht in die Bibliothek, zumal die Abenddämmerung nicht mehr fern war; trotzdem hob sich Uhlanders Gestalt nur als dunkle Silhouette von dem helleren Hintergrund ab. Sein Gesichtsausdruck war nicht zu erkennen. Dan trat an den Schreibtisch, in den Lichtkreis der Tiffany-Lampe, und blickte auf Boothe hinab, der nach einem Glas Whiskey gegriffen hatte. »Wie konnte ein Mann in Ihrer Position und mit Ihrem Ruf sich mit jemandem wie Willy Hoffritz einlassen?«
    »Er war brillant. Ein Genie auf seinem Gebiet. Ich habe mich von jeher gern mit den klügsten Köpfen zusammengetan«, erwiderte Boothe. »Zum einen sind solche Menschen hochinteressante Persönlichkeiten, zum anderen sind ihre Ideen oft von großem Nutzen für meine Geschäfte.«
    »Und nebenbei versorgte Hoffritz Sie auch noch mit einer völlig passiven und unterwürfigen jungen Frau, die jede Demütigung ertrug, die Sie ihr zufügten. Habe ich nicht recht, Daddy?« Für einen fast unmerklichen Augenblick schien es, als verlöre Boothe seine Selbstbeherrschung. Seine Augen verengten sich haßerfüllt zu Schlitzen, und seine Kinnmuskeln traten hervor, weil er die Zähne zusammenbeißen mußte, um nicht zu explodieren. Doch schon nach wenigen Sekunden hatte er sich wieder unter Kontrolle. Sein Gesicht nahm einen unbewegten Ausdruck an, und er nippte an seinem Whiskey. »Alle Männer haben Schwächen, Lieutenant. In dieser Hinsicht bin ich ein Mann wie jeder andere.«
    Sein Tonfall strafte seine Worte Lügen. Er sah in seinem Sadismus keine Schwäche, und es war eine reine Phrase, daß er sich mit anderen Menschen auf eine Stufe stellte. Sein ganzes Verhalten verriet augenfällig, daß er nichts Verwerfliches, ja nicht einmal etwas moralisch Anrüchiges in seinem Umgang mit Regine sah. Dan wechselte das Thema. »Hoffritz mag ein Genie gewesen sein, aber er trieb Mißbrauch mit seinem Wissen und seiner Begabung. Er betrieb keine legitimen Forschungen auf dem Gebiet der Verhaltensmodifikation, sondern entwickelte neue Techniken der Gehirnwäsche. Von Leuten, die ihn gut kannten, wurde mir gesagt,

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