Tür ins Dunkel
gutgehen, vielleicht würde nichts Schlimmes geschehen. »Acht?« rief Uhlander. »Sagten Sie acht?«
»Sechs«, meinte Boothe. »Bisher hat sie erst sechs Männer ermordet.«
»Wissen Sie über Koliknikov in Vegas Bescheid?« fragte Dan.
»Ja«, erwiderte Boothe. »Er war ja das sechste Opfer.«
»Aber Sie wissen offenbar nicht, daß auch Renseveer und Tolbeck tot sind.«
»Wann ist das passiert?« fragte Uhlander. »Mein Gott, wann hat sie die beiden umgebracht?«
»Vergangene Nacht, in einer Skihütte bei Mammoth.« Uhlander und Boothe tauschten einen angsterfüllten Blick. »Sie... sie entledigt sich der Leute in einer bestimmten Reihenfolge, je nachdem, wieviel Zeit sie in jenem grauen Zimmer verbracht und wieviel Unbehagen sie ihr verursacht haben. Palmer und ich hielten uns viel seltener dort auf als die anderen.« Dan konnte nur mit Mühe eine sarkastische Bemerkung über Uhlanders beschönigende Wortwahl - >Unbehagen< statt dem zutreffenderen Ausdruck >Schmerz< - unterdrücken.
Ihm war jetzt klar, warum sie bei seinem Eintreffen einen verhältnismäßig ruhigen Eindruck gemacht hatten. Sie wußten, daß sie als letzte der zehn Konspiratoren an die Reihe kommen würden, und sie glaubten, noch etwas Zeit zu haben. Solange sie Howard Renseveer und Sheldon Tolbeck am Leben wähnten, hatten sie zwar Angst gehabt, waren aber nicht in Panik gewesen. Hinter den riesigen Fenstern schwand sogar das trübe graue Tageslicht jetzt dahin. Schatten huschten gespenstisch über die Bücherwände. Je dunkler es draußen wurde, desto heller wirkte das bunte Licht der Tiffany-Lampe. Der riesige Raum schien auf die Größe eines Zigeunerwagens oder Zeltes zusammenzuschrumpfen .
»Aber... wenn Howard und Shelby tot sind«, murmelte Boothe, »dann sind wir die nächsten und... sie... sie kann jederzeit kommen!«
»So ist es«, bestätigte Dan. »Deshalb haben wir auch keine Zeit für Drinks oder Bestechungsversuche. Ich möchte genau wissen, was in jenem grauen Zimmer vor sich ging -und warum,«
»Aber es würde zuviel Zeit in Anspruch nehmen, Ihnen alles zu erzählen. Sie müssen ihr Einhalt gebieten! Offenbar wissen Sie ja bereits, daß wir das Mädchen zu OOBE anleiteten - das ist die Abkürzung von Out-of-Body-Experiences, Erfahrungen außerhalb des Körpers -und daß es...«
»Ich weiß einiges, und ich vermute manches, aber das meiste verstehe ich noch immer nicht«, unterbrach Dan ihn. »Und ich möchte alles wissen, jede Einzelheit, bevor ich einen Entschluß'fasse.«
»Ich brauche noch einen Drink«, stellte Boothe mit leicht zittriger Stimme fest. Er erhob sich und ging zur Bar. Uhlander ließ sich auf Boothes Stuhl fallen und blickte zu Dan empor. »Ich werde Ihnen alles erzählen.«
Dan zog sich einen Stuhl heran.
Boothe war so nervös, daß ihm an der Bar einige Eiswürfel aus der Hand glitten, und als er Bourbon eingoß, klirrte die Flasche gegen den Glasrand, weil seine Hand heftig zitterte. Laura beugte sich immer wieder vor und blickte in Melanies Gesicht. Das Mädchen war auf dem Sitz noch tiefer gerutscht. Der Film, der vor zehn Minuten begonnen hatte, war bei weitem nicht so faszinierend wie der von Spielberg. ins jetzt waren Melanies Augen geöffnet und schienen der Handlung zu folgen, doch Laura fragte sich; Wie lange noch? Während Boothe nervös auf und ab lief und seinen Bourbon trank, erklärte Uhlander das Projekt, das im grauen Zimmer durchgeführt worden war, Obwohl Dylan McCaffrey in Psychologie promoviert hatte, war er sein Leben lang fasziniert von den verschiedensten Aspekten des Okkultismus gewesen. Er hatte Uhlanders erste Bücher gelesen und eine ausgedehnte Korrespondenz mit ihm geführt, die sich schließlich hauptsächlich um OOBE drehte, um das Phänomen der außerkörperlichen Erfahrung oder Astral-Projektion. Dieses Phänomen basierte auf der Theorie, daß jeder Mensch zwei Körper hat - einen physischen aus Fleisch und Blut und einen ätherischen Astralleib, manchmal auch als Psychogeist bezeichnet. Mit anderen Worten, jede Person hat eine Art Doppelgänger, und der Astralleib kann außerhalb des physischen Körpers existieren. Dadurch ist es möglich, zur selben Zeit an zwei verschiedenen Orten zu sein. Im allgemeinen lebt der Astralleib im physischen Körper und beseelt ihn. Aber unter ganz bestimmten Umständen - und immer bei Eintritt des Todes -verläßt der Astralleib den physischen Körper. »Manche Medien behaupten«, berichtete Uhlander, »daß sie willentlich
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