Tür ins Dunkel
Lust, mich mit dir herumzustreiten. Das würde mich nur von dem Fall ablenken. Wie wär's also mit einem Waffenstillstand? Ich werde dir nicht in die Quere kommen, und du kommst mir nicht in die Quere.« Mondale schwieg. Sein Atem ging schwer, und offenbar traute er sich noch nicht zu, seine Stimme unter Kontrolle zu halten. »Wir haben füreinander nicht viel übrig, aber wir können trotzdem zusammenarbeiten«, fuhr Dan versöhnlich fort. »Warum willst du diesen Fall unbedingt behalten?«
»Er scheint interessant zu sein - deshalb. Die meisten Morde sind langweilig: ein Mann bringt den Geliebten seiner Ehefrau um; irgendein Psychopath wird zum Frauenmörder, weil alle Frauen ihn an seine Mutter erinnern; ein Drogenhändler legt einen anderen um. Das hatte ich alles schon hundertmal, und es hängt einem im Laufe der Zeit zum Halse heraus. Dieser Fall ist aber anders, glaube ich. Deshalb will ich ihn mir nicht wegnehmen lassen. Jeder von uns braucht etwas Abwechslung im Leben, ROSS. Deshalb ist es auch ein Fehler von dir, immer nur braune Anzüge zu tragen.«
Mondale ignorierte den Seitenhieb. »Glaubst du, daß wir es diesmal mit einem wichtigen Fall zu tun haben?« Drei Morde.., kommt dir das nicht wichtig vor?« «Ich meine etwas wirklich Großes«, erklärte Mondale ungeduldig. »Wie die Manson-Familie oder der Würger von Hillside, so was in dieser Art.« Könnte sein. Hängt davon ab, wie sich die Sache ent wickelt. Aber ich glaube schon, daß es genau die Art von Story ist, die zum Zeitungsknüller wird.« Mondale schaute trübe vor sich hin. Auf einem muß ich allerdings bestehen.«
Dan beugte sich auf dem Stuhl vor, faltete die Hände auf dem Schreibtisch und setzte eine ernste Miene auf. »Wenn ich diesen Fall bearbeite, will ich meine Zeit nicht damit vergeuden, mit Reportern zu sprechen und Interviews zu geben. Du mußt sie mir vom Hals halten. Unbedingt. Ich kann so was ohnehin nicht gut.« Mondales Gesicht hellte sich schlagartig auf. Seine Augen strahlten. »Äh... selbstverständlich. Die Presse kann wirklich eine Landplage sein. Überlaß sie ruhig mir.«
»Großartig«, sagte Dan. »Und du erstattest dafür ausschließlich mir Bericht, kei nem anderen.« »Klar.« »Jeden Tag, und über jede Minute.« »Selbstverständlich, wenn du das möchtest.«
Mondale starrte ihn ungläubig an, wollte ihn aber nicht herausfordern. Jeder Mensch träumt nun einmal gern. Sogar Ross Mondale bildete darin keine Ausnahme. Sag mal, hast du nicht wahnsinnig viel zu tun«, fragte Dan scheinheilig, »bei all diesen Personaleinsparungen?« Mondale bewegte sich in Richtung auf sein eigenes Büro, blieb aber nach einigen Schritten stehen und drehte sich sich einmal um. »Ah, Dan... wir haben es bei zwei der Toten mit einigermaßen prominenten Psychologen zu tun, und Prominente kennen meistens andere Prominente, du wirst dich deshalb vermutlich in völlig anderen Kreisen bewegen als sonst, wenn sich beispielsweise irgendwelche Drogenhändler gegenseitig umbringen. Und falls das tatsächlich ein heißer Fall mit großem Presserummel werden sollte, werden du und ich wahrscheinlich mit dem obersten Chef, mit Mitgliedern der Kommission und vielleicht sogar mit dem Bürgermeister zusammenkommen.«
»Und?«
»Tritt bitte niemandem auf die Zehen.«
»Keine Sorge, ROSS, ich werde mit keinem dieser Herren tanzen.«
Mondale schüttelte den Kopf. »O Gott!«
Dan blickte ihm nach. Als er allein war, vertiefte er sich wieder in seine Listen.
8
Der schwarze Nachthimmel hellte sich allmählich auf, nahm einen grauschwarzen Farbton an. Die Morgendämmerung war nicht mehr fern; in zehn oder fünfzehn Minuten würde sie am hügeligen Horizont aufziehen.
Der öffentliche Parkplatz des Valley Medical war fast leer; große Teile lagen im Dunkeln, durchsetzt von kleinen Inseln gelblichen Lichts von den Natriumdampflampen.
Ned Rink saß hinter dem Lenkrad seines Volvo. Ihm mißfiel es außerordentlich, daß die Nacht fast vorüber war. Er war ein Nachtmensch, viel eher eine Eule denn eine Lerche. Er wurde erst im Laufe des Nachmittags so richtig lebendig und denkfähig, und am leistungsfähigsten war er ab Mitternacht. Zum Teil war das eine angeborene Eigenschaft, eine Erbanlage -seine Mutter war ebenfalls eine richtige Nachteule gewesen. Seine innere Uhr stimmte einfach nicht mit dem Zeitgefühl der meisten anderen Menschen überein. Aber es kam noch etwas anderes hinzu: Er fühlte sich in der Dunkelheit wohler. Er war ein
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