Tür ins Dunkel
glückte ihm allerdings nicht perfekt und wirkte sehr wenig überzeugend. »Okay, Dan, okay«, sagte er. »Wir waren früher einmal Freunde, und vielleicht können wir wieder Freunde werden.«
»Wir waren niemals wirklich Freunde, dachte Dan, aber er sagte nichts. Er war neugierig, wie weit Mondale mit seiner Konzilianz gehen würde. »Zumindest können wir einen Anfang machen«, fuhr Mondale fort, »indem wir versuchen zusammenzuarbeiten, und ich weiß genau, daß du ein verdammt guter Detektiv bist. Du gehst methodisch vor, aber du hast auch viel Intuition, du bist der geborene Spürhund, und es wäre töricht von mir, deine Talente nicht einzusetzen. Du kannst in diesem Fall vorgehen, wie du es für gut hältst. Geh, wohin du willst, sprich, mit wem und wann du willst. Versuch nur, mich von Zeit zu Zeit zu informieren. Das wüßte ich sehr zu schätzen. Wenn wir beide ein wenig Entgegenkommen zeigen, werden wir bestimmt feststellen, daß wir nicht nur gut zusammenarbeiten, sondern sogar wieder Freunde werden können.«
Mondales unverhohlener Zorn und Haß waren Dan viel lieber gewesen als diese geheuchelte Freundlichkeit. Der Haß des Captains war das einzig Echte an ihm. Seine honigsüße Stimme und sein plötzliches Werben um Freundschaft verursachten Dan eine Gänsehaut. »Aber dürfte ich dich vielleicht etwas fragen?« Mondale beugte sich auf seiner Kiste vor und setzte eine aufrichtig interessierte Miene auf. »Was?«
»Warum ausgerechnet dieser Fall? Warum engagierst du dich so leidenschaftlich in dieser Affäre?«
»Ich will nur meine Arbeit machen.«
»Nein, es steckt mehr dahinter. Ist es die Frau?«
»Nein.«
»Sie ist sehr attraktiv.«
»Die Frau hat nichts damit zu tun«, erwiderte Dan, obwohl Laura McCaffreys Attraktivität in Wirklichkeit durchaus eine - wenn auch untergeordnete -Rolle für sein besonderes Engagement spielte. »Ist es das Kind?«
»Vielleicht.«
»Du hast dich schon immer in ganz besonderem Maße für jene Fälle eingesetzt, bei denen es um Kindesmißhandlung ging oder das Leben eines Kindes bedroht war.«
»Nicht immer.«
»Doch, immer«, beharrte Mondale. »Aus welchem Grund? Wegen des tragischen Schicksals deines Bruders und deiner Schwester?« Das Radio vibrierte immer stärker, polterte gegen die Arbeitsplatte - und hob sich plötzlich in die Luft, schwebte wie ein Ballon. Laura beobachtete ungläubig dieses Phänomen. Sie fror innerlich, aber ihre panische Angst hatte sich seltsamerweise gelegt.
Die elektronischen Heultöne wurden immer höher und schriller.
Laura blickte auf Melanie hinab und sah, daß ihre Tochter endlich aus ihrer Erstarrung erwachte. Ihre Augen waren noch immer geschlossen - sie kniff sie jetzt fest zu -, aber sie hatte den Mund geöffnet und hielt sich mit ihren kleinen Händen die Ohren zu. Aus dem wie durch Zauberei in der Luft schwebenden Radio trat Rauch aus. Es explodierte. Laura schloß die Augen und duckte sich; sie spürte, wie zerbrochene Plastikteile auf ihren Kopf, ihre Arme und Beine herabregneten. Einige große Stücke des Gerätes, das noch immer ans Stromnetz angeschlossen war, fielen scheppernd auf die Fliesen. Der Stecker wurde aus der Steckdose gerissen, die Anschlußschnur glitt über die Arbeitsplatte und fiel mit dem Rest des zerstörten Radios ebenfalls auf den Boden. Als die Explosion erfolgte, hatte Melanie endlich eine heftige Reaktion gezeigt. Sie war von ihrem Stuhl aufgesprungen und auf allen vieren in die Ecke neben der Hintertür gekrochen. Dort kauerte sie jetzt schluchzend. In der plötzlichen Stille klang das Weinen des Kindes besonders eindringlich, und es zerriß Laura fast das Herz, ließ sie fast verzweifeln. Als Dan keine Antwort gab, wiederholte Mondale seine Frage in einem Ton unschuldiger Neugier, aber mit einem lauernden, bösartigen Unterton. »Setzt du dich bei Fällen, in die Kinder verwickelt sind, deshalb besonders ein, weil du an das Schicksal deiner eigenen Geschwister erinnert wirst?«
»Vielleicht«, gab Dan zu. Er wünschte, er hätte Mondale nie etwas über seine Geschwister erzählt. Aber wenn zwei junge Polizisten zusammen in einem Streifenwagen sitzen, schütten sie sich - speziell in den langen Nachtstunden -meistens gegenseitig ihr Herz aus. Dan hatte zuviel von sich erzählt, bevor ihm so richtig klargeworden war, daß er ROSS Mondale nicht leiden konnte. »Vielleicht ist das mit ein Grund, weshalb ich diesen Fall nicht aufgeben möchte. Aber es hängt auch mit Cindy Lakey
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