Tür ins Dunkel
zusammen. Verstehst du das nicht, ROSS? Auch in diesem Fall sind Mutter und Tochter in Gefahr, werden von einem Irren bedroht, vielleicht sogar von etwas noch Schlimmerem als einem Irren. Wie damals Mutter und Tochter Lakey. Dieser Fall ist für mich so eine Art Wiedergutmachungsversuch, weil es mir damals nicht gelungen ist, Cindy Lakey s Tod zu verhindern. Ich hoffe, meine Schuldgefühle endlich wenigstens zum Teil zu überwinden, wenn ich den McCaffreys helfe.« Mondale starrte ihn erstaunt an. »Du hast Schuldgefühle, weil das Lakey-Mädchen ermordet wurde?« Dan nickte. »Ich hätte Dunbar erschießen sollen, als er seine Waffe auf mich richtete. Ich hätte nicht zögern dürfen, hätte ihn nicht erst auffordern sollen, die Pistole fallen zu lassen. Wenn ich ihn gleich erledigt hätte, wäre er nie ins Haus eingedrungen.«
»Aber, verdammt, du weißt doch, wie es damals war«, sagte Mondale verblüfft. »Sogar noch schlimmer als heute. Polizisten standen im Kreuzfeuer der Kritik, wurden der Brutalität beschuldigt und vor Gericht gestellt, egal ob die Anklage zu Recht erhoben wurde oder nicht. Jeder unausgegorene politische Aktivist hatte die Polizei auf dem Kieker. Sogar wenn ein Polizist erwiesenermaßen in Notwehr geschossen hatte, gab es ein Riesengeschrei. Alle hatten Rechte, außer den Polizisten. Die sollten ruhig dastehen und sich abknallen lassen. Die Reporter, die Politiker - alle stellten uns als blutrünstige Faschisten hin. Scheiße, du weißt das doch auch!«
»Ich weiß es«, sagte Dan, »und deshalb habe ich Dunbar auch nicht gleich erschossen, wie ich es hätte tun sollen. Ich sah, daß der Bursche unberechenbar und gefährlich war. Ich wußte intuitiv, daß er jemanden umbringen würde, aber ich dachte an das feindliche Klima, dem wir ausgesetzt waren, an all die Beschuldigungen, wir Bullen seien schießwütig, und ich wußte, wenn ich ihn erschoß, würde man mich zur Verantwortung ziehen, und ich befürchtete, meinen Job zu verlieren. Ich hatte Angst, meine Karriere zu vernichten. Deshalb wartete ich, bis er direkt auf mich zielte. Aber ich hatte eine Sekunde zu lange gezögert, und er schoß auf mich, und weil ich an meine Karriere gedacht hatte, mußte die kleine Cindy sterben.«
Mondale schüttelte heftig den Kopf. »Aber das war doch nicht deine Schuld. Mach die verdammten Sozialreformer dafür verantwortlich, die gegen uns Stellung beziehen, ohne eine Ahnung davon zu haben, wie der Alltag eines Polizisten aussieht. Sie sind schuld. Nicht du. Und nicht ich.«
Dans Augen funkelten wütend. »Wag es ja nicht, dich mit mir ins selbe Boot zu setzen. Du bist weggerannt, ROSS' Ich habe Mist gebaut, weil ich an meine Pension dachte, in einer Situation, die schnelles Handeln erforderte. Deshalb muß ich mit meiner Schuld leben. Aber wag es ja nicht zu unterstellen, daß wir beide das gleiche Maß an Schuld haben! Das ist totaler Blödsinn, und das weißt du genau.« Mondale bemühte sich, betroffen dreinzuschauen, aber es fiel ihm zunehmend schwer, seinen Haß zu verbergen.
»Oder vielleicht weißt du es nicht«, fuhr Dan fort. »Und das ist noch viel schlimmer. Vielleicht fehlt dir wirklich jedes moralische Empfinden.« Mondale stand wortlos auf und ging auf die Tür zu. »Hast du wirklich ein reines Gewissen, ROSS? Ich glaube es fast.«
Mondale drehte sich nach ihm um. »Du kannst in diesem Fall frei schalten und walten, aber bleib mir vom Leibe!«
»Dir hat Cindy Lakeys Tod keine einzige schlaflose Nacht bereitet, nicht wahr, ROSS?«
»Ich habe gesagt: Bleib mir vom Leibe!«
»Mit Freuden.«
»Ich habe keine Lust, mir deinen Scheißdreck anzuhören.«
»Du bist einmalig, ROSS.«
Mondale öffnete die Tür. »Von welchem Planeten bist du eigentlich, ROSS?« Mondale verließ den Raum. »Ich wette, daß es auf seinem Heimatplaneten nur eine einzige Farbe gibt«, murmelte Dan vor sich hin. »Braun! In seiner Welt muß alles braun sein. Deshalb ist er immer von Kopf bis Fuß braun gekleidet. Das erinnerte ihn an sein Zuhause.«
Es war ein schwacher Witz. Vielleicht brachte er deshalb nicht einmal ein schwaches Lächeln zustande. Vielleicht. In der Küche war Stille eingetreten.
Die Luft wurde wieder warm. »Es ist vorbei«, sagte Earl. Die Erstarrung wich von Laura. Ein Stück des explodier
ten Radios knirschte unter ihrem Fuß, als sie die Küche durchquerte und neben Melanie niederkniete. Sie redete beruhigend auf ihre Tochter ein, streichelte und umarmte sie, wischte ihr die
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