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Tuerkei - Ein Land jenseits der Klischees

Titel: Tuerkei - Ein Land jenseits der Klischees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Gottschlich
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Arbeiter gab und die Einwanderer eben zumeist keine Ausbildung hatten.
    Das größte Versäumnis der damaligen Bundesrepublik war, dass nichts unternommen wurde, um den Kindern der Einwanderer eine bessere Ausbildung zu ermöglichen. Statt sie gezielt zu fördern, schob man sie in Türkenklassen oder Sonderschulen ab. Dabei wuchs die Zahl der türkischen Bevölkerung kontinuierlich – durch Familienzuzug und höheren Geburtenraten als in deutschen Familien. Auch als in den 1980 er Jahren schon bald mehr als 2 Millionen Türken in Deutschland lebten, war die CDU -/ CSU -/ FDP -Regierung unter Helmut Kohl immer noch davon überzeugt, Deutschland sei kein Einwanderungsland.
    Auch wenn das Staatsbürgerschaftsrecht, das in Deutschland nach dem Abstammungs- und nicht nach dem Geburtsortprinzip organisiert war, unter der rot-grünen Koalition 1998 endlich geändert wurde, gilt in Deutschland gefühlsmäßig immer noch: Wer nicht von deutschen Eltern geboren wurde, kann eigentlich nicht dazugehören. Diese nach 40 Jahren Einwanderung immer noch gefühlte Realität hat auf geradezu tragische Weise eine Integration der eingewanderten Türken erschwert, die in den ersten Jahrzehnten vergleichsweise einfach zu haben gewesen wäre. Die meisten Türken wollten dazugehören, doch man hat es ihnen, wo immer möglich, schwer gemacht. Da die Türken ja nach getaner Arbeit möglichst wieder zurückkehren sollten, hat man jahrelang Integration sogar aktiv verhindert. Der Aufenthaltsstatus eines »Gastarbeiters« sollte möglichst ungesichert sein, er sollte gar kein Deutsch lernen, weil er sich dann ja womöglich einleben würde und auf den Gedanken kommen könnte, bleiben zu wollen. Deshalb wurden türkische Kinder in eigenen Schulklassen zusammengefasst, damit sie muttersprachlich unterrichtet werden konnten, um jederzeit auf eine Rückkehr vorbereitet zu sein.
    Noch Anfang der 1980 er Jahre lobte die Regierung Kohl Rückkehrprämien aus, damit die »Gastarbeiter« endlich nach Hause gingen. Statt für eine bessere Ausbildung von Kindern aus Migrantenfamilien in Deutschland zu sorgen, gab die CDU -/ FDP -Regierung sogar Geld dafür aus, dass in der Türkei Schulen eingerichtet wurden, die sich auf die Bedürfnisse von Rückkehrerkinder einstellten und deren Reintegration in den türkischen Alltag erleichterten.
    Jeder Schritt zur Integration in Deutschland musste der deutschen Bürokratie mühsam abgerungen werden. Eine längere Aufenthaltserlaubnis, Aufenthaltsberechtigung, ein eigenständiges Aufenthaltsrecht für nachgezogene Familienangehörige, alles stand und steht in der Bürokratie unter dem Generalverdacht des Missbrauchs und kann jederzeit aberkannt werden. Wie stark die Ablehnung gegen die Integration von türkischen Einwanderern bis vor wenigen Jahren noch war, konnte man am Erfolg der CDU -Kampagne gegen einen Doppelpass sehen. Während fast alle europäischen Länder inklusive der Türkei kein Problem damit haben, wenn ihre Bürger zwei Pässe besitzen, führte das in Deutschland zu einem regelrechten Aufruhr, der zeigte, wie wenig man bereit war, dem Ausländer einen deutschen Pass zu geben.
    Sicher gibt es auch unter Türken – wie übrigens bei vielen Deutschen im Ausland auch – die Neigung, Geborgenheit in der eigenen Familie, in der Gruppe gleicher Herkunft und mit Leuten gleichen Glaubens zu suchen. Es mag sein, dass dieser Zug bei Türken sogar stärker ausgeprägt ist als bei Bosniern, Russen oder anderen Einwanderergruppen in Deutschland. Doch die Türken haben nun einmal das Pech, dass sie die größte Einwanderungsgruppe sind. Deshalb stehen sie stellvertretend für alle Einwanderer immer im Fokus der Problemdebatte und haben andererseits leichter als kleinere Einwanderergruppen die Möglichkeit, sich eine eigene Infrastruktur zu schaffen. Gäbe es die Türken in Deutschland nicht, hätten die Deutschen ganz sicher ein Russen-, ein Polen- oder ein Jugoslawenproblem.
    Dass Kinder, die in dritter Generation aus eingewanderten türkischen Familien stammen, in Deutschland heute eine Aversion gegen ihre De-facto-Heimat entwickeln, ist nicht vorrangig die Schuld der türkischen Familien. Jemand, der erst ein paar Jahre in Deutschland lebt, mag die Schikanen bei Behörden und die oft offen zur Schau getragene Ablehnung gegen ihn hinnehmen oder sogar für normal halten. Wenn jedoch jemand, dessen Eltern schon in Berlin zur Welt gekommen sind, sich immer noch mit der Ausländerpolizei herumschlagen muss und ihm im

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