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Tuerkei - Ein Land jenseits der Klischees

Titel: Tuerkei - Ein Land jenseits der Klischees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Gottschlich
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erste Literaturverfilmung eines Romans von Yasar Kemal.
    Ende der 1980 er, Anfang der 90 er Jahre kehrten dann die meisten nach Westeuropa geflüchteten Journalisten, Schriftsteller und Filmemacher wieder in die Türkei zurück. In den 1990 er Jahren »normalisierte« sich der türkische Film in gewisser Weise, das heißt, er passte sich den europäischen und amerikanischen Mustern an. Es gibt große kommerzielle Produktionen, die teilweise sehr erfolgreich sind und auch im Ausland laufen, und einen entwickelten Autorenfilm, der heute weit weniger mit Zensur und politischen Vorbehalten zu kämpfen hat als in den 1970 er und 80 er Jahren. Dabei werden weiterhin, zum Teil in sehr anspruchsvoller Form, die wichtigsten gesellschaftlichen Probleme behandelt. In »Hejar – Großer Mann kleine Liebe« geht Handan Ipekci beispielsweise in sehr origineller Weise auf den Kurdenkonflikt ein. Ein pensionierter Richter wird durch eine Polizeirazzia in seinem Mietshaus aufgeschreckt. Als er sich umschaut, findet er in einer Wohnung, die die Polizei heimgesucht hatte, ein allein gelassenes, kleines, verängstigtes Mädchen und nimmt sich ihrer an. Zu seiner Verblüffung muss er bald feststellen, dass sie ihn nicht versteht, weil sie nur kurdisch spricht. Trotzdem entwickelt sich zwischen beiden eine Art Liebesbeziehung, die letztlich die kulturelle und sprachliche Kluft überwindet. Der Film erregte einiges Aufsehen und erreichte Millionen von Zuschauern.
    Es gab in den letzten Jahren auch mehrere Filme, die das Trauma des Putsches aufarbeiteten, aber neben den klassischen Konfliktthemen werden mittlerweile auch Spielfilme in Altenheimen oder witzige Großstadtkomödien gedreht.
    Jedes Frühjahr präsentiert sich der türkische Film zum Vergleich mit internationalen Produktionen auf dem Istanbuler Filmfestival, ein Ereignis, das seinen lokalen Charakter längst überwunden hat und im Konzert der europäischen Filmfestivals als Scharnier zwischen westlichen und asiatischen Filmproduktionen funktioniert.
    Wie sehr der Schwerpunkt des türkischen Autorenfilms sich seit Yilmaz Güney verändert hat, zeigt der Gewinner der Goldenen Palme in Cannes von 2003 . »Uzak« von Nuri Bilge Ceylan ist ein Film über die innere Zerrissenheit eines Istanbuler Intellektuellen, der weder mit seinen wechselnden Frauen noch mit einem Besucher aus seinem anatolischen Heimatdorf klarkommt. Es ist ein existenzialistischer Film über die Entfremdung des Individuums von seiner Umgebung, ein Film, der ein Boheme-Leben reflektiert, das es so in Istanbul vor 20 Jahren noch gar nicht gab. Auch der letzte Autorenfilm, der international Furore machte, Takva, behandelt ein Thema, das erst vor wenigen Jahren, seit die islamisch geprägte AKP 2002 die Regierung übernommen hat, aktuell geworden ist. Er zeigt die Verlogenheit der Frommen, die unter der AKP -Regierung zu Macht, Geld und Einfluss gekommen sind. Der von Fatih Akin produzierte Film wurde für den ausländischen Oskar in Hollywood nominiert, ging aber letztlich leer aus.
    Trotzdem ist Fatih Akin der Name, der international amFilmhimmel derzeit am hellsten strahlt. Dabei ist es unwichtig, ob der Hamburger Fatih Akin nun ein deutscher oder ein türkischer Filmemacher ist, seine Filme zeigen deutlich, dass er immer mehr zu beidem wird. Waren seine ersten Filme wie »Kurz und Schmerzlos« oder »Solino« noch klar Filme aus dem Migrantenmilieu in Deutschland, die mit der Türkei nichts zu tun hatten, so verlagerten sich seine Filme mit der Zeit mehr und mehr von Deutschland in die Türkei. Das begann fröhlich-spielerisch mit dem Roadmovie »Im Juli«, einer Liebesgeschichte, die in Hamburg beginnt und in Istanbul endet, und entfaltete sich dann zu seiner ganzen existenziellen Wucht in »Gegen die Wand«, dem Streifen, für den Fatih Akin 2004 den Goldenen Bären in Berlin bekam. Der Film spielt in Deutschland und der Türkei, zeigt die Zerrissenheit der Türken in Deutschland aber auch, wie man in beiden Welten leben kann. Auch der zweite Teil einer geplanten Trilogie, der 2007 fertiggestellte Film »Auf der anderen Seite« beginnt wiederum in Deutschland und endet in der Türkei. Der Film zeigt jedoch mehr als Migranten-Schicksale. Er ist ein Beleg dafür, wie sehr die beiden vermeintlich fremden Kulturen bereits miteinander verwoben sind, wie viele Menschen aus beiden Ländern bereits in beiden Kulturen leben.
    Zwischen diese beiden Großproduktionen hat Fatih Akin noch einen Dokumentarfilm geschoben,

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