Tuerkei - Ein Land jenseits der Klischees
der einer Hommage an Istanbul und den Sound der Stadt gleichkommt. Der Film zeigt die Vielfalt türkischer Musik und der Musiker, die im Schmelztiegel Istanbul leben.
Musik
Akins »Crossing the Bridge – der Sound of Istanbul« ist ein guter Einstieg für alle, die sich in die türkische Musik etwas hereinhören wollen. Das Schöne dabei ist, dass die Musik mittlerweile die Vielfalt des Landes eindrucksvoll widerspiegelt und für fast jeden Musikgeschmack etwas dabei ist. Wer vor 20 Jahren im Überlandbus noch von dem Einheitsbrei des damaligen Türk-Pop gequält wurde, kann heute zwischen so unterschiedlichen Musikstilen wählen wie Ibrahim Tatlesis, dem populärsten Vertreter des heutigen Türk-Pop, oder Tarkan, der diese Musik aus der Türkei international hoffähig machte, oder Sezen Aksu, der Diva des türkischen Pop, die als Erste auch die Stile der ethnischen Minderheiten in ihren Liedern populär machte. Zu den Königinnen des Pop gehört noch Sertap Erener, die neben Tarkan damit begonnen hat, Englisch als Sprache in die türkische Musik einzuführen, und prompt mit ihrem Lied »Everything That I Can« 2005 den Grand Prix Eurovision gewann.
Interessanter für Türkeibesucher als der Pop für die breite Masse dürften die in den letzten Jahren entwickelten Ansätze einer World-Musik sein, der es gelungen ist, die Ost-West-Synthese speziell in Istanbul musikalisch auszudrücken. Keimzelle dieser Musik, die Fatih Akin in seinem Film mit dem Auftritt der Folk-Band »Baba Zula« verewigte, ist der mittlerweile schon legendäre Musikclub »Babylon«. Im »Babylon« treten nicht nur die bekanntesten Interpreten von Jazz, Folk und Rockmusik aus Ost und West auf, das Beste am Club ist, dass sie alle zusammen auftreten. Aus solchen zuerst spontan entstandenen Sessions wurden später geplante Auftritte, die von dem mit »Babylon« assoziierten Plattenlabel »Doublemoon« zu begehrten CD s verarbeitet werden. Der international bekannteste Protagonist dieser Weltmusik aus Istanbul ist Mercan Dede, der Sufi-Klänge mit moderner elektronischer Musik mischt und so zu erstaunlichen Resultaten kommt.
In der Türkei immer noch wesentlich populärer, für deutsche Ohren aber schwerer zugänglich, ist die sogenannte Arabesk-Musik. Diese spezifische türkische Musikrichtung, in der Pop, alte osmanische Kunstmusik und arabische Stilelemente miteinander vermischt werden, ist eine urbane Musikrichtung, die viele Anhänger hat. Der bekannteste Arabesk-Musiker, Orhan Gencebay, gilt sogar als der große alte Mann der türkischen Musik überhaupt.
Den Kontrast dazu bildet die politische Folklore von Zülfü Livaneli und anderen. Livaneli, der auch als Schriftsteller und Filmemacher bekannt ist, hat schon in den 1970 er Jahren aus traditioneller Volksmusik Songs entwickelt, die an die politischen Protestsongs eines Bob Dylan oder Hannes Wader erinnern. Livaneli ist bis heute der bekannteste Name für politische Folklore – seine größten Verdienste erwarb er sich bei der Wiederannäherung der verfeindeten griechischen und türkischen Brüder. Gemeinsam mit Mikis Theodorakis veranstaltete er in den 1980 er Jahren große Konzerte in der Türkei und in Griechenland, zu einem Zeitpunkt, als zwischen beiden Ländern noch der schlimmste Kalte Krieg herrschte.
Neben Pop, Rock und Folkmusik gibt es in der Türkei natürlich auch Bach, Mozart und Schostakowitsch. Die klassische Musik westlicher Prägung ist ein Element der in der Atatürk-Zeit durchgeführten Modernisierung. Damals wurden gezielt türkische Musiker auf Konservatorien in Westeuropa geschickt, heute können sie klassische Musik auch zu Hause studieren. Allerdings betrachten viele konservative, religiöse Türken die klassische Musik nach wie vor als einen Fremdkörper. Das wurde bei einem Eklat 2007 noch einmal deutlich. Im Zuge der Auseinandersetzungen zwischen dem säkularen, westlich orientierten Teil der Gesellschaft und den Religiösen geriet der bekannteste türkische Pianist Fazil Say zwischen die Fronten. In einem Interview mit der »Süddeutschen Zeitung« erwähnte er, vielleicht zukünftig im Ausland zu bleiben, weil die Unterstützung für klassische Musik in der Türkei stark rückläufig sei. Was von der einen Seite als weiteres Indiz für die zunehmende Islamisierung auch in der Kunst gewertet wurde, wies ein Minister der regierenden AKP mit der Bemerkung zurück: Das Volk interessiert sich eben nicht für diese westliche Musik.
Malerei, Museen,
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