Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tuerkei - Ein Land jenseits der Klischees

Titel: Tuerkei - Ein Land jenseits der Klischees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Gottschlich
Vom Netzwerk:
eröffnete direkt am Bosporus das »Istanbul Modern«, das erste Museum für zeitgenössische türkische Malerei überhaupt. Es entstand in einem ehemaligen Hafenspeicher, den die Besitzer des größten türkischen Pharmakonzerns, die Familie Eczacibasi, damals Ministerpräsident Tayyip Erdogan abschwatzten, damit die Türkei rechtzeitig zur Eröffnung der Beitrittsverhandlungen mit der EU auch zu einem repräsentativen Museum für moderne Kunst kam. Jahrelang hatte sich die Eczacibasi-Familie gemeinsam mit einem Förderverein zuvor vergeblich für ein Kunstmuseum eingesetzt, doch den Oberbürgermeistern Istanbuls, die seit 1994 alle aus der islamisch geprägten AKP beziehungsweise deren Vorläuferparteien stammen, war moderne Kunst kein Anliegen. Heute zeigt das Museum einen repräsentativen Querschnitt der türkischen Malerei des 20 . Jahrhunderts.
    In der Sammlung kann man gut nachvollziehen, wie sich die Malerei mehr und mehr von der französischen Prägung loslöst und zu einer eigenen Sprache findet. Seit den 1950 er Jahren hatte sich in der Türkei ein eigener Markt für moderne Kunst entwickelt, der heute regelrecht explodiert ist. Die Istanbuler Stadtteile Beyoglu, das Nobelviertel Nishantasi, aber auch Kadiköy auf dem asiatischen Ufer sind voll von Galerien, die überwiegend Arbeiten junger einheimischer Künstler verkaufen. Seit ab Anfang der 1990 er Jahre regelmäßig die »Biennale Istanbul« stattfindet, ist die türkische Kunstszene auch international besser vernetzt und erfreut sich wachsender Aufmerksamkeit im Ausland.
    Wie man moderne Kunst massenwirksam inszenieren kann, zeigt seit ein paar Jahren das Sabanci-Museum, der dritte Kunstort Istanbuls, der von einer Industriellen-Dynastie, den Sabancis eben, gebaut und finanziert wurde. Direkt am Bosporus gelegen, ist hier eine Kunsthalle entstanden, die von ihrer Ästhetik und Funktionalität jedem internationalen Vergleich standhält.
    Das Kuratorenteam schafft es bisher mit wechselnden spektakulären Ausstellungen, die Istanbuler in großen Scharen in ihre Kunsthalle zu locken. Geschickt wechseln sie zwischen internationalen Highlights wie einer großen Picasso-Schau und interessanten einheimischen Künstlern. Bei der Picasso-Ausstellung erlebte die Türkei erstmals eine Besucherschlange wie Berlin mit der MoMa-Schau. Dass Leute stundenlang für eine Kunstausstellung anstanden, hatte das Land zuvor noch nie gesehen.
    Deutsche Archäologen und das kulturelle Erbe
    Nur wenige Länder weltweit verfügen über ein vergleichbar reiches kulturelles Erbe wie die Türkei. Die Spuren menschlichen Lebens führen hier bis in die Steinzeit zurück. Viele Archäologen halten die Obermesopotamische Tiefebene für einen der Plätze, an denen der Mensch erstmals sesshaft wurde und überwiegend vom Getreideanbau lebte. Mit den Hethitern findet sich in Anatolien eine der frühesten antiken Hochkulturen – sie gehörten zu den Ersten, denen es gelang, nach Bronze auch Eisen herzustellen. Die Ägäisküste ist voll von Zeugnissen hellenistischer Kultur, und unter Konstantin dem Großen entstand am Bosporus die einzige antike europäische Weltstadt neben Rom.
    Deutsche Archäologen sind bis heute die wichtigsten Partner der türkischen Archäologie. Schon früh waren deutsche Altertumsforscher in der Türkei engagiert. Der bekannteste ist Heinrich Schliemann. Schliemann gehört zu den Pionieren der Archäologie überhaupt. Er hatte sich in der Mitte des 19 . Jahrhunderts in den Kopf gesetzt, die von Homer beschriebenen Orte der griechischen Geschichte wiederzuentdecken. Anhand der Ilias begann er deshalb, nach Troja zu suchen. Mehr durch Zufall und durch vorangegangene Recherchen eines Engländers, Frank Calvert, entschied er sich 1868 dafür, dass der Hisarlik-Hügel in der Nähe des Ausgangs der Dardanellen, der Burghügel des antiken Troja sein müsste. Bekanntermaßen hatte Schliemann unglaubliches Glück. Er fand trotz seiner aus heutiger Sicht geradezu zerstörerischen Methoden nicht nur verschiedene Siedlungsschichten, von denen er eine als die aus der Zeit des Trojanischen Krieges definierte, sondern er stieß auch auf einen spektakulären Goldfund. Der von ihm so benannte Schatz des Priamos war zwar, wie sich später herausstellte, 1000 Jahre älter als der Krieg um Troja, machte Schliemann aber trotzdem zu einem weltweit bekannten Helden der Archäologie.
    Die Grabungsstätte von Troja blieb auch nach Schliemann eine deutsche Herzensangelegenheit. Zunächst

Weitere Kostenlose Bücher