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Türkisches Gambit

Türkisches Gambit

Titel: Türkisches Gambit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
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imposanter Kosakenleutnant kam hereingesaust.
    »Zu Befehl, Euer Exzellenz!«
    »Das Bataillon tritt in Marschordnung an! Fahne und Trommler an die Spitze! Auch die Sänger! Es soll ein schöner Marsch werden! Gulnora satteln! Tempo! Punkt sechs rücken wir ab!«
    Der Ordonnanzoffizier rannte hinaus. Sobolew streckte sich wohlig und sagte: »Nun, Warwara Andrejewna, ich werde entweder ein Held, größer als Napoleon, oder es kostet mich meinen dummen Kopf.«
    »Es wird ihn nicht kosten«, antwortete sie und sah den General mit aufrichtiger Begeisterung an, so schön war er jetzt, ein wahrer Achilles.
    »Toi-toi-toi«, sagte Sobolew abergläubisch.
    »Es ist noch nicht zu spät, sich zu besinnen!« rief Perepjolkin. »Wenn Sie erlauben, Michail Dmitrijewitsch, hole ich Gukmassow zurück!«
    Er ging einen Schritt zur Tür, doch da …
    Aus dem Treppenhaus tönte das Poltern vieler Stiefeltritte, die Tür wurde aufgerissen, und herein kamen Lawrenti Misinow und Erast Fandorin.
    »Erast Petrowitsch!« schrie Warja und wäre ihm beinahe um den Hals gefallen, besann sich aber noch rechtzeitig.
    »Aha, er ist hier! Ausgezeichnet!« knurrte Misinow.
    »Euer Exzellenz?« Sobolew runzelte die Stirn, als er hinter den Eingetretenen blaue Gendarmenmonturen sah. »Wie kommen Sie hierher? Ich habe natürlich eigenmächtig gehandelt, aber mich zu verhaften, das geht doch wohl zu weit.«
    »Sie verhaften?« fragte Misinow verwundert. »Wieso denn? Ich bin mit meiner halben Kompanie Gendarmen nur mühsam auf Draisinen zu Ihnen durchgekommen. Der Telegraph funktioniert nicht, die Straße ist abgeschnitten. Ich bin dreimal beschossen worden, habe sieben Mann verloren. Mein Mantel hat eine Kugel abgekriegt.« Er zeigte das Loch im Ärmel.
    Fandorin trat vor. Er hatte sich während seiner Abwesenheit überhaupt nicht verändert, nur war er zivil und stutzerhaft gekleidet: Zylinder, Pelerine, gestärkter Kragen.
    »Guten Tag, Warwara Andrejewna«, sagte er freundlich. »Ihre H-haare sind ja nachgewachsen. Das sieht wohl doch besser aus.«
    Er machte Sobolew eine leichte Verbeugung.
    »Gratuliere zum Degen mit B-brillanten, Euer Exzellenz. Eine hohe Ehre.«
    Perepjolkin nickte er einfach zu, und zu guter Letzt wandte er sich an den Korrespondenten: »Salam aleikum, Anwar Effendi.«

DREIZEHNTES KAPITEL,
    in welchem Fandorin eine lange Rede hält
    »Wiener Zeitung« (Wien),
    vom 21. (9.) Januar 1878
    »Die Kräfteverteilung zwischen den feindlichen Seiten ist in der Schlußetappe des Krieges so beschaffen, daß wir nicht länger die Gefahr einer panslawischen Expansion ignorieren dürfen, welche die Südgrenzen der Doppelmonarchie bedroht. Zar Alexander und seine Satelliten Rumänien, Serbien und Montenegro haben eine siebenhunderttausendköpfige eiserne Streitmacht zusammengezogen, die mit anderthalbtausend Kanonen ausgerüstet ist. Fragt sich, gegen wen? Gegen die demoralisierte türkische Armee, die nach sehr optimistischen Berechnungen derzeit nicht mehr als hundertzwanzigtausend hungrige, verängstigte Soldaten zählt?
    Das ist nicht komisch, Herrschaften! Man muß ein Vogel Strauß sein, um nicht die Gefahr zu sehen, die über dem ganzen aufgeklärten Europa schwebt. Zögern wäre gleichbedeutend mit dem Tode. Wenn wir die Hände in den Schoß legen und zusehen, wie skythische Horden …«
     
    Fandorin warf den Mantel ab, und in seiner rechten Hand blinkte ein schöner kleiner Revolver aus brüniertem Stahl. Im selben Moment schnippte Misinow mit den Fingern, zwei Gendarmen kamen herein und richteten die Karabiner auf den Korrespondenten.
    »Was ist denn das für ein Theater?« blaffte Sobolew. »Was heißt hier ›salam aleikum‹? Was für ein ›Effendi‹?«
    Warja drehte sich nach Charles um. Der stand an der Wand, die Arme vor der Brust gekreuzt, und sah den Titularrat mit einem ungläubigen und spöttischen Lächeln an.
    »Erast Petrowitsch!« stammelte Warja. »Sie sind doch gereist, um MacLaughlin zu finden!«
    »Warwara Andrejewna, ich bin nach England gereist, aber keineswegs, um MacLaughlin zu finden. Mir war k-klar, daß er nicht dort ist und nicht dort sein kann.«
    »Aber Sie haben doch mit keinem Wort widersprochen, als Seine Majestät …« Warja hielt inne, fast hätte sie ein Staatsgeheimnis ausgeplaudert.
    »Ich ha-hatte keine Beweise. Und nach Europa mußte ich sowieso fahren.«
    »Und was haben Sie dort herausgefunden?«
    »Wie zu erwarten, haben die Intrigen des englischen Kabinetts nichts damit zu tun. Das

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