Türkisgrüner Winter (German Edition)
Atmung, und genau wie meine normalisierte sie sich langsam, fand in einen sanften Rhythmus. Immer wieder tastete ich seinen Rücken entlang, wollte mich vergewissern, dass er wirklich da war und ich nicht halluzinierte. Aber das tat ich nicht. Ich konnte ihn greifen. Er war hier. Bei mir.
Nach einer Ewigkeit der Stille lockerte Elyas unsere innige Umarmung und richtete mich auf, damit er mir ins Gesicht blicken konnte. Ich stellte mir vor, wie schrecklich ich aussehen musste, und schaute ihm nur mit gesenktem Kopf in seine nass glitzernden Augen. Meine Hände fielen in den Schoß, spielten mit dem Saum meines T-Shirts.
Lange Zeit betrachtete er mich nur, dann legte er sachte die Hand auf meine Wange und wischte mir mit dem Daumen die restlichen Tränen aus dem Gesicht. Seine Hand wanderte unter mein Kinn, hob es behutsam an und bat mich, ihm in die Augen zu sehen.
»Ich habe dich so vermisst«, flüsterte er. »Jeden Tag, jede Nacht, jede einzelne Sekunde.«
Das Türkisgrün nahm mich gefangen und ließ mich ganz leicht fühlen.
»Verstehe ich das alles richtig und du gibst mir noch eine Chance, Emely?«
Ich schniefte und nickte.
»Wirklich?« Seine Mimik war voller Ungläubigkeit, während seine Hand nicht aufhörte, über meine Wange zu streicheln.
»Ja«, sagte ich. »Du bist ein Mann. Du kannst nichts dafür, dass du schon blöd auf die Welt gekommen bist.«
Er zog die Stirn in Falten, lächelte und schüttelte den Kopf.
»Du hast Mist gebaut«, sagte ich. »Viel Mist. Das steht außer Frage. Aber das habe ich auch. Mehr als ich dachte. Du hast dich entschuldigt und ich glaube dir, dass du es ernst meinst. Deine Erklärung hat viel Licht ins Dunkel gebracht und manches verstehe ich sogar.« Nachdem ich eine kurze Pause gemacht hatte, sprach ich weiter. »Nichtsdestotrotz kann es durchaus möglich sein, dass ich demnächst öfter das Bedürfnis verspüre, dich zu schlagen. Wäre nett, wenn du dann einfach stillhalten könntest.«
Das Strahlen von seinem Lächeln ließ sein ganzes Gesicht erhellen und immer wieder nickte er. »Jederzeit«, entgegnete Elyas. »Du darfst mich so oft und so fest schlagen wie du nur willst.«
Ich tauchte in die unendlichen Tiefen seiner Augen, nahm jede einzelne Facette darin wahr und ließ mich von ihnen verschlingen. Eine ganze Weile versanken wir in diesem Blickkontakt, bis sich plötzlich etwas veränderte. Unsere Mienen wurden ernster. Ich konnte nicht sagen, was in seinem Kopf vor sich ging, ich wusste nur, dass ich eine unbändige Sehnsucht in mir spürte, die von Sekunde zu Sekunde unerträglicher wurde.
»Ich liebe dich, Emely«, flüsterte er.
Diese Worte … Sie waren so intensiv, dass sie wehtaten. Aber es waren gute Schmerzen. Ganz andere, als ich sie bis dahin jemals erfahren hatte.
»Ich liebe dich, Elyas.«
Mit dem Daumen strich er mir sanft über die Lippen und kam mir langsam mit dem Gesicht näher. Sein Blick schweifte von meinen Augen zu meinem Mund und verweilte dort. Ich spürte seinen warmen Atem auf meine Haut treffen und den ansteigenden Herzschlag in meiner Brust. Er neigte den Kopf leicht zur Seite, überwand die letzten Millimeter und küsste mich federleicht auf die Unterlippe. Ich hielt still, wagte es nicht zu atmen, und mit einem fragenden Ausdruck in den Augen, als würde er sich vergewissern wollen, wich er ein bisschen zurück. Elyas bekam keine verbale Antwort; auch wenn ich noch tausend Fragen an ihn hatte, für den Moment gab es nichts mehr zu sagen. Ich schloss die Lider, überbrückte den geringen Abstand zwischen uns, nahm seine Unterlippe zwischen meine Lippen und begann ihn zu küssen. Sachte. Zärtlich.
Elyas‘ Haut schmeckte salzig, genau wie meine. Nur dieser Geschmack erinnerte in dieser Sekunde noch an das, was zwischen uns vorgefallen war, was wir hatten durchmachen müssen, um uns letztendlich doch wieder, obwohl ich es niemals für möglich gehalten hätte, in den Armen zu liegen. Meine Hände wanderten zu seinen Seiten, hielten sich vorsichtig daran fest. Elyas umfasste mit der Hand meinen Hinterkopf und langsam öffneten sich unsere Lippen, trafen sich immer rhythmischer und mit mehr Hitze. Unsere Zungen berührten sich und fanden in einen Tanz, zu dem nur wir beide die Melodie hören konnten. Ein Kribbeln fuhr durch meinen ganzen Körper und gab mir das Gefühl, mich aufzulösen. Die Erdanziehungskraft ließ von mir ab und ich war schwerelos, jenseits von Raum und Zeit. Unser Kuss wurde durchdringender, die
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